Eine neue Dimension von Luxus-Tourismus erleben Gäste der Resortinsel «Wa Ale» im myanmarischen Mergui-Archipel. Ohne Pool. Ohne TV. Ohne Klimaanlage. Ohne Minibar. Und doch fehlt es an nichts.
Dichter, unberührter Dschungel. Eine Insel im Herzen des über 800 Eilande zählenden Mergui-Archipels. Zwei Schnellbootstunden zur nächsten Stadt, Kawthaung. Tropisch schwüles Klima. Keine Klimaanlage. Kein Pool. Drei Baumhäuser und ein Café aus Abbruchholz. Elf Tented Camps. Das klingt weniger nach Barefoot Luxury als nach Entbehrung.
Der US-Amerikaner Chris Kingsley und seine Frau Farina haben aus diesen «Zutaten» ein einzigartiges Retreat geschaffen, das sie selbst als «Haute Bohemia Utopia» bezeichnen. Chris kam als Besitzer zweier Möbelfirmen zu Wohlstand. Über einen Zeitraum von 25 Jahren reiste er wiederholt durch Myanmar und betrieb dort eine Möbelfabrik. In dieser Zeit baute er gute Beziehungen zum Fischerei- und Forstministerium auf. Das sah sich bis dato nicht für den Schutz natürlicher Ressourcen zuständig, sondern dafür, mit Teakholz-Raubbau die Taschen der Militärjunta zu füllen.
Während des demokratischen Intermezzos unter Aung San Suu Kyi bekam Chris den Zuschlag für sein verrücktes Konzept, nachdem der Staat die Insel Wa Ale im Lampi Marine National Park zur touristischen Entwicklung ausgeschrieben hatte, wie er erzählt. Ein Glücksfall für die Insel und den Nationalpark. So blieben ihr die Bettenburgen chinesischer Investoren erspart, wie sie überall in Südostasien aus dem Boden gestampft werden.
Die Naturnähe zeigte sich bereits während der zweijährigen Bauphase. Dabei kamen ausschließlich Handwerker aus der Region, lokale Techniken und Materialien zum Einsatz. «Wir hatten keinen Bagger oder anderes schweres Gerät zur Bodenbearbeitung. Stattdessen wurde mit Schaufeln und Pickeln gearbeitet. Uns war wichtig, dass kein Baum gefällt wurde. Für den Bau haben wir einen lokalen Handwerker engagiert, der mit seinen Jungs alles so gebaut hat, wie er immer baut», so Chris.
«Das meiste Holz zum Bau unseres Haupthauses, der Tree Top Villas und des River Café stammte von abgerissenen alten Wohn- und Lagerhäusern auf dem Festland. Die großen Türen vor der offenen Küche im Haupthaus sind aus einem alten Palast in Mandalay.»
Anstelle der andernorts üblichen Wege für Buggys verbindet in Chris' Reich der Naturstrand die elf Tented Villas sowie das kleine River Café mit dem Haupthaus. Auch wurde kein langer, besonders instagrammabler Anlegesteg auf die Korallen betoniert.
Darum ist bei Flut für ankommende Gäste Wet Landing angesagt. Schuhe ausziehen, Hosen hochkrempeln und dann waten alle durch das Wasser der Mangrove Bay zum Strand, beäugt von den Makaken am Ufer.
Was trieb und treibt Farina und Chris an? «Auf unseren Reisen in viele Teile der Welt haben wir gesehen, wie viele große Hotelketten sowohl die Umwelt als auch die lokalen Gemeinschaften missachten. Wa Ale ist eine Liebeserklärung an Myanmar, seine Menschen und sein unberührtes Paradies. Unser Traum war es auch, der Welt ein Beispiel dafür zu geben, wie Tourismus unserer Meinung nach in Zukunft gestaltet werden sollte.»
Der Natur nimmt in der Tat viel Platz ein. Gäste sehen vollgefressene Pythons in den Bäumen hängen, Brahmanenmilane und Seeadler am Himmel kreisen. Nashornvögel, Königs-Riesenhörnchen und Makaken toben zwischen den Bäumen. Dort sehe man mit viel Glück auch Zibetkatzen, Hirschferkel und Malaiische Schuppentiere, erzählt der Guide. Wa Ale ist ein gelungenes Beispiel für «conservation-led luxury ecotourism» und bietet doch so viel Luxus, dass es in den Kreis der Small Luxury Hotels of the World aufgenommen wurde.
«Solaranlagen liefern rund die Hälfte des benötigten Stroms, den Rest decken zwei deutsche Generatoren, die besonders leise und energieeffizient arbeiten. Fast zwei Tonnen schwer wurden sie auf Rundhölzern von der Bucht den Hang hinaufgeschoben.»
Bei der Wasserversorgung setzt das Wa Ale Resort auf Flüsse und Regenwasser, Brunnen wurden keine gebohrt. «Das Wasser ist wenig bearbeitet und kann bedenkenlos genossen werden. Das Grauwasser verwenden wir zur Bewässerung der Pflanzen und der Permakultur-Beete.»
Stolz erklärt der Sous-Chef an jedem Tisch die Dinner-Köstlichkeiten, die er mit Gemüse und Kräutern aus eigenem Bio-Anbau, Fisch aus nachhaltigem Fang und Hummer aus eigener Zucht kreiert. Wie er an das Personal gekommen sei, wollen wir von Chris wissen. «Viele der Jungs, die euch bedienen, haben zuvor auf unserer Baustelle als Handwerker gearbeitet. Wir trainierten sie und sie machen ihren Job nicht nur gut, sondern mit großem Stolz. Bis dato entstanden durch das Resort über 100 Arbeitsplätze in der Region.»
Chris' Herzensangelegenheit ist die Lampi Foundation, die mit 20 Prozent der Resort-Erlöse finanziert wird und damit Umweltprojekte, Schulen und ein Hospital im Nationalpark unterhält. Ein Programm zum Schutz von Meeresschildkröten inklusive Aufzuchtstation gehört ebenso dazu wie die Installation von Bootsanlegestellen, um die Zerstörung der Korallenriffe zu verhindern.
Die Bedeutung der Stiftung wird klar, als wir bei schwüler Hitze das Fischerdorf Sitta Galet auf einer winzigen Insel an der Mündung des Galet River besuchen. 40 windschiefe Hüttchen, oft nur mit dünnen Ästen als Seitenwände. Drumherum Plastikmüll, freilaufende Schweine und Hunde.
«Wir zahlen zwei Männer, dass sie den Müll einsammeln und uns zur Entsorgung geben, anstatt ihn zu verbrennen oder ins Meer zu kicken», erzählt Resort-Biologe Alexander.
Zu den Höhepunkten eines Aufenthalts auf Wa Ale zählen die Hikes unter Führung von Alexander, die in der Morgendämmerung starten und je nach Route entweder entspannt, aber tierreich oder etwas ambitionierter und schweißtreibender ausfallen.
Gesehen haben wir wenig außer Brahmanenmilanen und ein paar Affen, gehört dafür einiges – und gerochen. Wer den Dschungel mit langdornigen Ranken der Rattanpalmen und stolperlistigen Banyanwurzeln auf Distanz halten will, macht Touren auf dem SUP-Board auf dem Salet Galet River, an dem das Ufergrün immer näher rückt, je weiter man flussaufwärts paddelt. Auch die Mangrovenwälder sind ein wunderbares SUP-Revier, das man lautlos und mit gutem Blick durchs klare Wasser erkunden kann.
Ein Unikum sind die Zikaden auf der Insel. Diese sprengen mit ihrem Höchstfrequenz-Sound schier das Gehör. Dabei wird nicht mediterran gezirpt, sondern ein extrem hochfrequenter Ton für Minuten gehalten. Das klingt eher nach Mikrofonrückkoppelung mit 100 Dezibel.
Unter Wasser sieht man die Folgen des jahrzehntelangen Raubbaus. Beim Schnorcheln flippt unser Guide Jimmy schon aus, als er unter einem Felsen zwei kleine Weißspitzen-Riffhaie entdeckt. Die sehe man nur selten. Dabei sind diese Tiere im Indischen Ozean keineswegs rar und etwa auf den Malediven oft zu sehen, selbst an belebten Hausriffen. Etwas, das es reichlich gibt, sind bunte Fledermaus- und Doktorfische, Hart- und Weichkorallen, Tigerschwanzseepferdchen und dünne Seeschlangen, vermutlich Gelblippen-Seekraits, die fast senkrecht vor uns im Wasser «stehen».
Da sieht man doch, dass man das Weite sucht und aufs Tauchboot flüchtet. Dort schwärmt Jimmy von größeren, aber weniger bedrohlichen Meerbewohnern im Archipel: «Wer taucht, sieht am Black Rock Walhaie, Mantas und Barrakudas.»
Anreise: Flug nach Bangkok mit Singapore Airlines, Thai Airways oder Emirates. Weiter nach Ranong mit Air Asia oder Nok Air. Public Boat nach Kawthaung (ab 115 Euro). Von Kawthaung kostenloser Transfer mit dem Schnellboot des Resorts (samstags und dienstags, sonst 250 Euro).
Das Resort: Elf Tented Camps (220 qm) und drei Tree Top Villas (75 qm) bieten von Oktober bis Juni Platz für maximal 28 Gäste. Während des Monsuns bleibt das Resort geschlossen. Die Tented Camps verfügen über Doppelbett, Teak-Terrasse und Outdoor-Dusche, Kühlung durch zwei kräftige Deckenventilatoren, offene Seitenwände. Bei Zweierbelegung ab 570 Euro pro Nacht und Person. Vollpension umfasst guten Hauswein, Bier, Kaffee, Tee, Softgetränke und Wassersport, sowie in den Villen Moskitonetze, umweltfreundliche Insektenschutzmittel und korallenschonende Sonnencreme sowie biologisch abbaubare Pflegeprodukte. Kein Laundry Service! waaleresort.com
Gesundheit: Schutz vor Mückenstichen durch Kleidung und Repellents ist wichtig, die Insel liegt in einem Malaria- und Dengue-Risikogebiet.
Sicherheit: Durch anhaltende Kämpfe ist ein Besuch Myanmars mit Risiken verbunden. Da Wa Ale fernab von urbanen Zentren liegt und die Anreise ab Thailand möglich ist, herrscht für die Gäste Sicherheit. Auf Nachfrage heißt es: «Aufgrund unserer Nähe zur thailändischen Grenze empfehlen wir allen Gästen, nach Thailand zu fliegen, wo wir einen kostenlosen Transfer mit dem Auto und anschließend einen kostenlosen Transfer mit dem Boot organisieren. Nach Landung in Ranong, Thailand, begleitet unser Personal die Gäste auf jedem Schritt ihres Weges und sorgt für eine reibungslose und komfortable Reise.» Bitte beachten Sie die aktuellen Sicherheitshinweise.