Tempel Nakano Fudoson

Tempel Nakano Fudoson

Peter Pfänder / trpstr.de

Am Rand der Sperrzone, mitten in Japan

Präfektur Fukushima: Geheimtipp für Japan

Lust auf «Japan off the beaten track» ohne Touristenmassen? Dann ab durch die Präfektur Fukushima. Die verwöhnt mit Wellness in historischen Onsen-Bädern, kunstvollen Tempeln, den besten Ramen-Nudeln des Landes und Kugelfisch-Sashimi. Wir sahen uns, auch nahe der Unglücksreaktoren, genauer um.

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Die Frage, welche Ramen die besten des Landes sind, wird in Japan leidenschaftlich diskutiert. Soll es schnörkellos mit Shoyu-Sojasauce sein? Oder Tonkotsu-Ramen mit einer Brühe aus Schweineknochen, reich an Kollagen und dem entzündungshemmenden Glycin? Oder doch Miso-Ramen mit viel Umami und gesunden Probiotika? Für jede Art der Ramen gilt: Man schlürft die Nudeln genüsslich. Mit der inhalierten Luft verstärkt sich der Geschmack.

Japans Ramen-Hauptstadt

Kitakata-Ramen gilt als eine der drei wichtigsten Ramen-Versionen Japans. Typisch für diese Ramen sind flache und gewellte Nudeln. Und eine Brühe, die mit dem Mark von Schweineknochen und getrockneten Babysardellen gekocht wird. Sojasoße und Miso-Paste für Kitakata-Ramen stammen aus lokaler Produktion. Die Stadt war jahrhundertelang eine Hochburg der Miso- und Shoyuproduktion. Davon zeugen Hunderte sogenannte «Kura»-Lagerhäuser.

Kura Lagerhaus in Kitakata

Takashi Yamada war viele Jahre Reisbauer. Dann beschloss er, in Japans Ramen-Hauptstadt aus einem der historischen Lagerhäuser ein Restaurant zu machen. «Beste Ramen und Zutaten aus regionalem Anbau, das war die Idee.» Ein Erfolgskonzept auch für eine Stadt mit rekordverdächtigen 95 konkurrierenden Ramen-Restaurants.

Am 10. März 2011 feierte er die Eröffnung des «Shiokawa-ya». Einen Tag später lässt der verheerende Tsunami die Zukunftspläne von Herrn Yamada in Rauch aufgehen. «Zwei Jahre dauerte es, bis die ersten Gäste zurückkehrten.» Die Ramen, die Takashis Team in die Schüsseln zaubert, sind Geschmacksbomben voller Umami. «Das liegt am Egoma Pork, das schmeckt mild, denn die Schweine werden mit wildem Sesam gefüttert. Die Brühe für die Shiyo-Ramen kochen wir aus kleinen Süßwassermuscheln, die hier seit Jahrhunderten gezüchtet werden.»

Ortstermin: Reaktor von Fukushima Daiichi

Gut zwei Autostunden von Kitakata und zehn Kilometer vom Atomkraftwerk Daiichi entfernt liegt die Stadt Namie. Dort lebte Ishikawa Shiori und hatte, so erzählt sie, am 10. März 2011 gerade die Abschlussprüfung der Elementary School bestanden. Sie und ihre Freundinnen, alle elf oder zwölf Jahre alt, übten am Tag darauf für die Abschlussfeier, als um 14:46 Uhr buchstäblich die Uhren stehen blieben. Zwei lange Minuten wütete das Beben der Stärke 9. Knapp eine Stunde später wälzte sich eine 15 Meter hohe Wasserwand über die Nordostküste Japans. Sie riss Häuser, Schiffe, Lastwagen und Menschen mit sich und zerstörte die Reaktoren von Fukushima Daiichi. Es kam zu Kernschmelzen und drei Wasserstoffexplosionen. Die Kinder der Schule in Ishikawa wurden rechtzeitig in höher gelegene Gebiete evakuiert.

Futaba Art District Bibliothek

Knapp 24 Stunden später war die Strahlenbelastung so hoch, dass die Bewohner in weit entfernte Regionen umgesiedelt wurden. Unter den Vertriebenen war Ishikawa Shiori. «Es dauerte fünf Jahre, bis ich mit 16 Jahren zum ersten Mal meine Heimat besuchen konnte, nur kurz. Erst fünf Jahre später durfte ich endgültig zurückkehren.» Ob sie jemals an ihrer Entscheidung für eine Rückkehr gezweifelt habe? «Nein, nie. Hier gehöre ich hin. Und hier in Namie möchte ich eines Tages meine Kinder aufwachsen sehen.»

Futaba, der Ground Zero von Fukushima

Die Präfektur Fukushima ist etwa so groß wie Montenegro. Nach dem Unglück wurden zwölf Prozent der Fläche zum Sperrgebiet (Exclusion Zone). 470.000 Menschen mussten teilweise für Jahre evakuiert werden. Nach jahrelanger Dekontamination wurden schrittweise immer mehr Sperrzonen wieder freigegeben. Futaba ist die jüngste Ex-Sperrzone. An den Zufahrten und im Ort stehen Strahlenmessgeräte: 0,042 Mikrosievert pro Stunde zeigen sie vor dem einzigen Supermarkt der Küstenstadt, was 0,367 Millisievert pro Jahr entspricht.

Futaba Art District Mural von Tokioter Streetart-Kollektivs Overalls

Nach dem Unglück 2011 lag der mittlere Wert in Futaba bei über 50 Millisievert pro Jahr. Uur Einordnung: Die natürliche Strahlendosis in Deutschland beträgt laut Bundesamt für Strahlenschutz BfS zwei bis drei Millisievert pro Jahr, in radonreichen Gebieten bis zu acht Millisievert. 250 Meter vom Museum sind die ersten Graffiti des Futaba Art District zu sehen, unter anderem ein 40 Meter langes Mammutwerk, das dem bekannten Samurai-Festival Soma Nomaoi gewidmet ist, das in Fukushima seit über 1.000 Jahren gefeiert wird. Aktuell zieren 13 Murals des Tokioter Streetart-Kollektivs Overalls Fassaden von Ruinen und Neubauten in Futaba. Die Wandgemälde zwischen dem 2020 neu eröffneten Bahnhof und dem Museum thematisieren den früheren Alltag in der Stadt.

Giftiger Glücksbringer: Fugu aus Fukushima

Etwas ironisch mutet es an, dass ausgerechnet diese Unglückspräfektur das japanische Wort für Glück im Namen trägt: Fuku. Fukushima bedeutet Glückliche Insel. Mit dem Wort Fuku spielt auch der Kugelfisch-Experte und Gastwirt Koji Suzuki, der in Soma das Fugu-Lokal «Kappo Yamashita» betreibt.

Fugu Experte Koji Suzuki aus Soma und seine Frau

Das Restaurant hat seit 40 Jahren die Lizenz, den bei falscher Zubereitung (durch das hochgiftige Tetrodotoxin) absolut tödlichen Kugelfisch zu verarbeiten. «Bis vor sechs Jahren mussten wir den Fugu aus dem Süden liefern lassen. Seit 2019 ziehen unsere Fischer Fugu in großen Mengen aus dem Wasser.» Der wird nun unter der Marke «Fukutora» (Glücklicher Tiger) vermarktet. Endlich serviert Koji uns rohen Wild-Fugu als Sashimi. «Fugu aus Wildfang ist viel besser als der von Zuchtfarmen! Das liegt am Futter: Muscheln, Krebse, Seesterne. Und er bewegt sich viel.» Der Wildfang-Fugu aus den Gewässern vor Fukushima hat eine feste Textur und will zehn, fünfzehn Mal gekaut werden. Dann kommen der buttrig-cremige Geschmack und das Umami voll zur Geltung.

Sind Gemüse und Fisch aus Fukushima essbar?

Japans Grenzwerte für Strahlenbelastung von Essen seien sehr streng, lobt das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Zieht Japan bei 100 Becquerel Cäsium 137 pro Kilogramm die rote Linie, sind in Deutschland 600 Becquerel erlaubt, für Babynahrung 370 Becquerel. Belastete Produkte, so das BfS, «werden rigoros aus dem Verkehr gezogen.»

Shirakawa Ouchi juku Negi Soba

Die Reaktoren müssen noch auf Jahrzehnte gekühlt werden, dadurch fallen monatlich 5.000 Tonnen Abwasser an. Im August 2023 begann dessen Einleitung ins Meer. Zuvor entzieht man dem Wasser durch das Advanced Liquid Processing System 62 Radionuklide. Am Ende verbleibe nur Tritium , so das Umweltministerium. Dann wird das Wasser so stark verdünnt, dass die Tritium-Konzentration mit 1.500 Bequerel pro Liter ein Siebtel des von der WHO festgelegten Trinkwasser-Grenzwerts betrage.

Was muss man in Fukushima sehen?

Die ideale Rundreise durch Fukushima könnte so aussehen: Start in der Stadt Shirakawa. Deren Samurai-Burg Shirakawa Komine hat einen sehenswerten, aus Holz originalgetreu wiederaufgebauten Bergfried ist sehenswert. Der Bau ist kleiner als die bekannte «Kranich-Burg» von Aizu-Wakamatsu, aber wesentlich authentischer. 50 Kilometer weiter liegt in den Bergen Ouchi-juku. Bis zu 300 Jahre alte Reetdachhäuser säumen die Hauptstraße des Dorfes. Vom Takakura-Schrein hat man einen tollen Blick über den ganzen Ort. Das historische «Misawaya» ist japanweit bekannt: Die Nudeln dieser Suppe werden mit einer Lauchzwiebel statt Chopsticks gegessen.

Burg von Aizu Wakamatsu

15 Kilometer weiter im Norden, in der Stadt Aizu-Wakamatsu, steht der Tempel Sazae-do. Japans einziger hölzerner Doppelhelix-Bau ist raffiniert: Besucher, die zum Beten kommen, begegnen keinem, der auf dem Rückweg ist. 90 Kilometer weiter wartet bei Fukushima City der Tempel Nakano Fudoson: Das fast 850 Jahre alte Ensemble aus rotem Holz, einem Wasserfall, mächtigen Zedern und einem langen Höhlengang durch den Berg strahlt eine einzigartiger Atmosphäre aus.

Sieben Kilometer weiter verspricht das historische Holz-Badehaus Sabako-yu («Makrelen-See-Onsen») im Thermalort Iizaka Onsen gesunde Entspannung. Für drei Euro Eintritt entspannt man in diesem schönen, authentischen Holzbau im 47 Grad heißen Thermalwasser.

Tempel Sazae do

Nach dem Bad empfiehlt sich ein Besuch des Herrenhauses Kyu Horikiri-tei vis-à-vis. Zu bewundern sind dort meisterhafte klassische Holzarchitektur, schöne Tatami-Zimmer, trutzige Lager- und Schatzhäuser mit dicken Türen und kunstvolle Gartenanlagen. Ein echtes Gesamtkunstwerk.

GUT ZU WISSEN

Anreise

Direktflug von Frankfurt, München, Wien oder Zürich nach Tokio mit Lufthansa, Austrian, SWISS, JAL oder ANA. Von Tokyo Station im Tohoku Shinkansen in 90 Minuten nach Shirakawa.

Unterkunfts-Tipps

Hot Spring Resort Hotel Ookawaso

Großes Haus hoch über dem Fluss Ara glegen. Es überzeugt nicht nur mit schönen öffentlichen und privaten Onsenbecken im Freien und großen, eleganten Zimmern im japanischen Stil. Sehr gut ist die hier servierte Kaiseki-Küche. DZ/HP ab 110 Euro

Icoinomura Namie

Acht Jahre blieb dieses Hotel in Namie mit Sauna und Onsen nach dem Unglück geschlossen. Stilistisch erinnert es mit vielen schweren Brauntönen sehr an die späten 1980er. Aber es gibt keine gute Alternative. Große Zimmer, zum Teil mit schönem Tatamibereich. Onsen-Bad. Sehr gute Fischgerichte aus lokalem Fang. Gegessen wird alerdings in Kantinenatmosphäre. DZ/HP ab 80 Euro

Nützliche Links zur Reportage

Muss ich mich um meine Gesundheit sorgen?

Nein. Wer 24 Stunden in der Kleinstadt Futaba nahe des Reaktors verbringt, bekommt eine Strahlendosis von 1,45 bis höchstens 3 Mikrosievert. Zum Vergleich: Auf 100 bis 120 Mikrosievert Höhenstrahlung kommt der 13-Stunden-Flug von Frankfurt nach Tokio und zurück.

Video

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