Sie war mutig, gläubig – und visionär: Die Spanierin Egeria reiste im 4. Jahrhundert als eine der ersten Pilgerinnen der Welt ins Heilige Land. Über 1600 Jahre später ehrt Jordanien die außergewöhnliche Frau mit einem eigenen Pilgerweg. Der neue «Camino de Egeria» führt durch eine der geschichtsträchtigsten Regionen des Landes – und eröffnet gleichzeitig neue Perspektiven für spirituell Interessierte und Wanderfreunde.
Von der Visionärin zur Vorreiterin
Egeria, vermutlich adlig und wohlhabend, stammte aus dem Nordwesten Spaniens. Zwischen 381 und 384 nach Christus machte sie sich auf den langen Weg ins Heilige Land. Zu Fuß und zumeist alleine pilgerte sie zu jenen Orten, die sie aus der Bibel kannte – darunter auch zwei besondere Stätten im heutigen Jordanien: der Berg Nebo und die Taufstelle Jesu am Jordan. Dabei war Egeria nicht nur fromme Pilgerin, sondern auch eine Art Influencerin ihrer Zeit: Ihre Berichte – in Briefform verfasst – richteten sich gezielt an Frauen, mit denen sie ihre Erlebnisse teilen wollte. Sie schilderte ihre Routen, die besuchten Orte und ihre Begegnungen mit der lokalen Bevölkerung.
Mount Nebo aeroTELEGRAPH
1884 entdeckten Forscher Teile ihrer Aufzeichnungen in der Klosterbibliothek von Arezzo. Sie gelten seither als bedeutendes Zeugnis frühchristlicher Frömmigkeit – und als erster Reiseführer von einer Frau, für Frauen. Heute sind die Texte unter dem Titel Itinerarium Egeriae auch auf Deutsch erhältlich.
Ein Weg, zwei Etappen, viel Geschichte
Seit Januar 2025 erinnert nun ein neuer Pilgerweg in Jordanien an die außergewöhnliche Frau. Der «Camino de Egeria» verläuft auf den letzten beiden Etappen des sogenannten Johannes-der-Täufer-Wegs, der vom UNESCO-Welterbe Umm-er-Rasas bis zur Taufstelle Jesu führt. Der Egeria-Abschnitt ist rund 30 Kilometer lang und führt vom Heiligen Berg Nebo hinunter an den Jordan.
Die Route kann in zwei Tagesetappen bewältigt werden – zu Fuß, durch das weite, stille Land zwischen Amman und dem Flussufer. Der Weg beginnt dort, wo Moses einst stand und auf das Gelobte Land blickte, und endet an einem der heiligsten Orte des Christentums: Bethanien jenseits des Jordans, wo Jesus getauft wurde.
Ein neuer Partner für den Jakobsweg
Der «Camino de Egeria» ist mehr als nur eine historische Wanderstrecke. Im Januar 2025 wurde er offiziell in das Netzwerk der Jakobswege aufgenommen. In Santiago de Compostela, wo Egerias Heimatland Spanien eine der bedeutendsten Pilgertraditionen der Welt pflegt, wurde ein jordanisches Wegzeichen enthüllt. Umgekehrt findet sich entlang des neuen jordanischen Pfads nun das bekannte Muschel-Symbol des Jakobswegs.
Modern Church of St John the Baptist aeroTELEGRAPH
Diese symbolische Verbindung würdigt die kulturellen Brücken zwischen Europa und Jordanien – und zeigt, wie Pilgerwege auch heute noch Spiritualität, interkulturellen Austausch und nachhaltigen Tourismus miteinander verbinden können.
Warum sich Jordanien lohnt – nicht nur für Pilger
Wer sich auf den Camino de Egeria begibt, taucht tief in die Geschichte ein. Aber Jordanien hat weit mehr zu bieten. Das Haschemitische Königreich ist ein Kaleidoskop antiker Kulturen und grandioser Landschaften. Allen voran die weltberühmte Felsenstadt Petra – einst Hauptstadt der Nabatäer, heute ein UNESCO-Welterbe und eines der sieben neuen Weltwunder. Oder Jerash, wo römische Säulengänge noch immer von der Pracht vergangener Zeiten zeugen.
Daneben warten Naturerlebnisse von Wüstenromantik bis Tropentaufe: Die rostrote Weite des Wadi Rum, die heißen Quellen von Ma’in, grüne Wadis mit Wasserfällen – und das Tote Meer, wo man schwerelos auf dem salzigen Wasser treibt. Auch der Golf von Aqaba mit seinen leuchtenden Korallenriffen ist ein Highlight für Taucher und Schnorchler.
Moderne Gastfreundschaft trifft auf biblische Orte
Was Jordanien außerdem auszeichnet, ist seine Offenheit: Besucher berichten seit jeher von der großen Herzlichkeit der Menschen. Vielleicht ist das auch ein Echo auf Egeria, die schon vor 1600 Jahren in ihren Briefen die Gastfreundschaft in der Region rühmte. Heute empfängt Jordanien seine Gäste mit moderner Infrastruktur, spannenden kulturellen Initiativen – und nun eben auch mit einem Pilgerpfad, der die Vergangenheit mit der Gegenwart verbindet.
Jordanien auf einen Blick
Wichtige Infos für Reisende:
- Hauptstadt: Amman
- Einreise: Für EU-/EFTA-Bürger mit Visum (erhältlich bei Einreise oder vorab online)
- Währung: Jordanischer Dinar (JOD)
- Sprache: Arabisch (Englisch weit verbreitet)
- Beste Reisezeit: März–Mai & September–November
- Klima: Kontinental mit heißen Sommern, milden Wintern
- Religion: Islamisch geprägt, aber viele christliche Pilgerstätten
- Petra – Felsenstadt der Nabatäer
- Wadi Rum – Wüste wie von einem anderen Planeten
- Totes Meer – der tiefste Punkt der Erde
- Jerash – römische Ruinenstadt
- Madaba – Mosaiken und Bibelorte
- Aqaba – Rotes Meer mit Korallenriffen
- Berg Nebo – Moses’ Blick auf das Gelobte Land
- Bethanien – Taufstelle Jesu
Flugverbindungen nach Jordanien
Direktflüge nach Amman (AMM):
- Lufthansa: ab Frankfurt (FRA)
- Royal Jordanian: ab Frankfurt (FRA), Düsseldorf (DUS) und Berlin (BER)
- Eurowings: saisonale Verbindungen ab Köln/Bonn (CGN)
- Royal Jordanian: ab Zürich (ZRH)
- Edelweiss Air: saisonal ab Zürich (ZRH)
- Austrian Airlines: ab Wien (VIE)
- Royal Jordanian: ebenfalls ab Wien (VIE)
Die Flugzeit nach Amman beträgt je nach Abflughafen zwischen 3,5 und 4,5 Stunden. Alternativ bestehen auch zusätzliche Direktverbindungen nach Jordanien, etwa mit Ryanair aus Memmingen oder saisonal mit EasyJet aus Berlin.