Eine dröhnende Boeing 737 von Ryanair, grauer Herbstnebel – und trotzdem gute Laune auf dem Vorfeld: Der Flughafen Memmingen im Allgäu gehört zu den wenigen deutschen Airports, die Jahr für Jahr wachsen. 2023 waren es rund 3,2 Millionen Passagiere, dieses Jahr sollen es mehr als 3,5 Millionen werden.
«Wir haben uns ganz klar als kostengünstige Alternative in Süddeutschland positioniert – zwischen München, Stuttgart und Zürich», sagt Marcel Schütz, seit fast 20 Jahren am Platz und heute Director of Aviation. «Der Markt gibt es her.» Die Zahlen stützen ihn: Im Einzugsgebiet, zwei Autostunden um den Airport, leben mehr als elf Millionen Menschen.
«Wir haben keine echten saisonalen Löcher»
Memmingen ist ein Sonderfall im deutschen Luftverkehr. Der Flughafen ist privat getragen, ein «Unternehmer-Flughafen», wie Schütz sagt. Mehr als 80 Gesellschafter stehen dahinter, die Region hat den Airport gewollt und aufgebaut. 2007 startete der Linienbetrieb, heute ist Memmingen Bayerns Nummer drei hinter München und Nürnberg.
In einigen Wintermonaten liegt er sogar vor dem Airport in Franken, weil der Allgäu Airport dann mehr bietet: Skitouristen aus Grossbritannien und Irland, Familienbesuchs-Verkehr nach Osteuropa, Winter-Antalya mit Sun Express ab 2026. «Wir haben keine echten saisonalen Löcher», so Schütz. Ryanair hat mehrere Maschinen stationiert – und die fliegen im Winter genauso wie im Sommer.
Lowcost-Anbieter bekommen in Memmingen was sie wollen
Dass das funktioniert, liegt auch am Selbstverständnis. «Günstig, aber profitabel», beschreibt es Schütz. Details zu den Abläufen verrät er nicht: «Großmutters Geheimrezept behält man für sich». Klar ist aber: kurze Wege, schlanke Prozesse, klare Zielgruppe. Lowcost-Anbieter bekommen das, was sie wollen - pünktliche Abfertigung, passende Infrastruktur, keine Spielereien.
Gerade wird in Memmingen das Vorfeld erweitert, mehr Abstellpositionen entstehen, das Terminal bekommt zusätzliche Flächen und Sicherheitslinien. Parallel läuft das Projekt für einen erweiterten Allwetterbetrieb – obwohl der Flughafen mit nur etwa 0,2 Prozent Ausweichflügen ohnehin sehr wetterstabil ist.
«Jeden Tag ist es anders»
Wie der Betrieb im Alltag aussieht, zeigt ein Blick in die Verkehrsleitung. Krayton DeJarnatt ist Amerikaner und seit 2012 in Memmingen. Er fährt jeden Morgen zuerst die Piste ab. «Wir schauen, dass alles frei ist – Beleuchtung, Bahn, keine Gegenstände». Dazu kommt Vogelvergrämung mit Schreckschuss, Funk mit dem Kontrollturm, Handling von Umleitungen aus Friedrichshafen oder Innsbruck.
«Man muss entscheidungsfähig sein», sagt er. «Wenn ein Gewitter in der Nähe ist, dann starten eben keine Passagiere.» Sein Job ist alles zugleich: Vorfeld, VIP-Handling, Business Aviation, Winterdienstmeldungen. «Das ist das Schöne an einem kleinen Flughafen – jeden Tag ist es anders.»
Memmingen will auf fünf Millionen Passagiere wachsen
Und wohin geht die Reise? Der Memmingen Airport will weiter wachsen – in Richtung fünf Millionen Passagiere und damit in die Nähe von Nürnberg und Hannover. Die Nachfrage ist da, der Winter ist gefüllt, der Standort zwischen drei Wirtschaftsräumen ist stark. Oder wie Schütz es formuliert: «Wir schaffen jetzt die Infrastruktur, damit wir weiter wachsen können». Der Rest – kommt.
Mehr Eindrücke vom Memmingen Airport hören Sie jetzt in der neuen Folge unseres Podcast Luftraum mit Christopher Scheffelmeier.
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