Letzte Aktualisierung: um 8:57 Uhr

Zivilflugzeugsparte

Ist Indien scharf auf Embraer?

Nachdem Boeing den Deal mit Embraer hat platzen lassen, gibt es Chancen für neue Investoren. Nun könnte Indien bei der Zivilflugzeugsparte zum Zuge kommen.

Die Spekulationen ließen nicht lange auf sich warten. Nachdem Boeing im April die Übernahme der Mehrheit an Embraers Zivilflugzeugsparte abgeblasen hatte, gab es Berichte über mögliche neue Partner für den brasilianischen Flugzeugbauer. Zuerst brachte Brasiliens Vizepräsident Hamilton Mourão persönlich China ins Gespräch.

Im Juni berichtete dann die Nachrichtenagentur Reuters, China, Indien und Russland würden prüfen, ob eine Partnerschaft mit Embraer für sie von Interesse sei. Zumindest in Indien ist das tatsächlich der Fall. Gegenüber der Zeitung Business Standard sagte ein hochrangiger Regierungsbeamter: «Wir sind sehr interessiert.» Das habe man auch gegenüber der brasilianischen Regierung kundgetan, die ein Vetorecht bei Embraer hält.

Übernahme mithilfe von Staatsfonds

Indien erwägt dem Bericht zufolge, eine mögliche Übernahme der Zivilflugzeugsparte mithilfe eines Staatsfonds zu finanzieren und abzuwickeln. Solch ein Schritt wäre Neuland für die indische Regierung, da Übernahmen in anderen Branchen wie der Öl- und Gasindustrie stets über Staatsunternehmen liefen. Die staatliche Fluglinie Air India sowie der Luft- und Raumfahrtkonzern Hindustan Aeronautics sind aber wirtschaftlich zu schwach, um einen solchen Deal zu stemmen, selbst mit weiteren Mitteln des Staates.

Das Thema soll bereits in den obersten Entscheidungsgremien der indischen Regierung besprochen werden. Dass China auch als möglicher Kandidat für die Embraer-Übernahme gehandelt wird, erhöht den Druck schnell zu entscheiden. Zugute kommen dürfte jedem Käufer, dass Embraers Wert durch die Corona-Pandemie deutlich gesunken ist.

Staaten arbeiten bereits zusammen

Während sich Embraer gegenüber der Zeitung nicht äußern wollte, verwies ein Sprecher der brasilianischen Botschaft in Indien gute Beziehung zwischen den beiden Staaten und stellte eine mögliche Unterstützung der Regierung in Aussicht. Die beiden Länder arbeiten bereits über die Vereinigung der sogenannten Brics-Staaten zusammen, zu denen Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika gehören.

Womöglich könnte am Ende aber auch gar keine Übernahme der Mehrheit an Embraers Verkehrsflugzeugsparte herauskommen, sondern ein Deal, der eine Nummer kleiner ist. Im Juni sagte Embraer-Chef Francisco Gomes Neto, man suche nicht nach einer Partnerschaft von der Größe, die man mit Boeing angestrebt hatte. «Wir denken, dass es schneller und effizienter wäre, Partnerschaften für Projekte zu haben», so Neto. Eine der möglichen Projektpartnerschaften könnte die Entwicklung eines neuen Turbopropfliegers sein.