Letzte Aktualisierung: um 20:33 Uhr

Interview mit Marcos Rossello, Sundair

«Sundair plant keine Verkleinerung der Flotte»

Sundair-Gründer und -Chef Marcos Rossello spricht im Interview über Kostensenkungen, Flüge ab deutschen Regionalflughäfen und die weitere Entwicklung der Flotte.

Sundair hat in drei Jahren etwas geschafft, woran viele Airlines ihr ganzes Leben scheitern: Profitabel zu werden. Was ist Ihr Geheimnis?
Marcos Rossello: Da spielt sowohl unsere enge Zusammenarbeit mit Schauinsland-Reisen eine wichtige Rolle als auch die vorteilhafte Kostenstruktur, die ein junges, anpassungsfähiges Start-up mit sich bringt.

Wie kamen Sie eigentlich auf die Idee, im schwierigen deutschen Markt eine neue Airline zu gründen?
Nach knapp 20 Jahren als Dienstleister für Airlines wuchs in mir als Unternehmer der Wunsch, selbst eine Airline zu gründen. Mit den Marktveränderungen der Jahre 2010 bis 2019 dürfte sich auch erschließen, dass das Timing dafür gut gewählt war. Die im vergangenen Jahr erreichte Profitabilität spricht überdies für sich selbst.

Sie haben es geschafft, nun aber erleben Sie mit der Corona-Krise ihre erste große Herausforderung: Wie schwer wurde Sundair getroffen?
Ganz klar: der Corona-Lockdown und die daraus resultierende Einstellung des Flugbetriebs waren und sind noch immer große Herausforderungen. Der Wiederaufnahme der Flüge hat erfolgreich begonnen. Die größte Herausforderung für die Zukunft besteht nun darin, die bestehenden Verträge an die neue Marktsituation anzupassen.

Wir konnten bereits im dritten Jahr ein deutlich positives Ergebnis erzielen.

Ihre Airline rechnete im laufenden Jahr mit einem Anstieg der der Passagierzahlen um 20 Prozent auf 600.000. Dann kam die Corona-Krise: Wie viele Passagiere werden es Ende Dezember sein?
Wir konnten bereits im dritten Jahr ein deutlich positives Ergebnis erzielen. Natürlich haben wir unsere Zahlen für das laufende, vierte Jahr überarbeiten müssen. Auch zukünftige Änderungen der Reisebestimmungen können noch kurzfristige Auswirkungen haben. Wir können aber keine konkrete Zahl angeben.

Sie flogen auch im Auftrag von Tuifly. Die Airline schrumpft gerade selbst. Den Auftrag haben Sie sicherlich verloren…
Wir können zu unseren Verträgen mit externen Partnern leider keine Auskunft geben.

Weniger Passagiere und weniger Drittaufträge heißt weniger Einnahmen: Haben Sie ein Sparprogramm eingeleitet – in welchen Bereichen? Werden auch Stellen abgebaut?
Wie bereits erwähnt, überarbeiten wir unser gesamtes Vertragsgerüst, dahinter steht selbstredend unsere Kostenstruktur, die sich dadurch nachhaltig verbessern wird. Da wir ohnehin schlank und flexibel organisiert sind, ändert sich prinzipiell wenig an unserer Personalstruktur.

Auch bei uns ist der Sommer gut angelaufen.

Sie leasen Ihre Flugzeuge. Kommen Ihnen die Leasinggesellschaft beim Preis entgegen – immerhin sind die Raten ja deutlich gefallen?
Wir sind zurzeit in Verhandlungen mit Leasinggesellschaften.

Die Sommersaison ist bei vielen Airlines in Europa gut angelaufen. Wie sieht es bei Ihnen aus. Und wie sieht es für den Winter aus, der ja immer etwas schwächer ist?
Im Winter haben wir ein attraktives Programm für die Kanaren und Ägypten auferlegt, das bereits im Verkauf ist. Auch bei uns ist der Sommer gut angelaufen. Für Prognosen oder Vorhersagen ist es derzeit jedoch noch zu früh.

Sie haben noch im letzten Herbst ein siebtes Flugzeug eingeflottet. Werden Sie die Flotte nun wieder verkleinern?
Sundair plant keine Verkleinerung der Flotte. Wir zielen weiterhin auf gesundes Wachstum. Die moderne Sundair-Flotte besteht derzeit aus sieben Flugzeugen. Inwiefern mittelfristig die Expansion weiter vorangetrieben wird, hängt maßgeblich von der Dauer und Stärke der anhaltenden Corona-Krise und der Erholung der Branche ab.

Auch Berlin ist und bleibt ein sehr wichtiger Standort von Sundair.

Werden Sie weiterhin Bremen, Berlin, Dresden und Kassel bedienen?
Vor allem Flüge ab Regionalflughäfen geben Sundair ein Alleinstellungsmerkmal. Uns liegt viel daran, unseren Kunden eine große Auswahl an Abflughäfen bieten zu können. Auch Berlin ist und bleibt ein sehr wichtiger Standort von Sundair. Wir freuen uns schon auf unseren ersten Abflug vom Terminal 5 des BER.

Die kleinen Flughäfen leiden ganz besonders unter der Krise. Haben Sie keine Angst, dass einer von ihnen aufgeben muss und Ihnen eine Basis wegbricht, immerhin sind die großen Airports bereits sehr gut von Konkurrenten abgedeckt.
Wir schätzen die Zusammenarbeit mit Regionalflughäfen, mit denen wir Direkt-Flüge zu beliebten Urlaubszielen anbieten können. Wir sind zuversichtlich, dass die gute Zusammenarbeit mit Regionalflughäfen weiterhin erhalten bleibt.

Erwarten Sie, dass sich auch Konkurrenten von Ihnen zurückziehen werden aus Deutschland?
Es liegt in der Natur des Marktes, dass dort ein starker Wettbewerb stattfindet. Wir haben uns diesem immer gestellt und den kooperativen Gedanken in dieser attraktiven Branche betont.

Tourismus ist ein Konsum- und Kulturgut.

Wann sehen Sie Sundair wieder auf der Größe von 2019?
Sundair ist allzeit bereit wieder die Kapazitäten unseres Erfolgsjahres 2019 anzubieten. Die Nachfrage schwankt jedoch aufgrund der unabsehbaren Lage und den daraus resultierenden Reisewarnungen. Sundair ist in der Lage auf die Wünsche der Passagiere schnell und günstig zu reagieren. Insofern, wenn die Nachfrage wieder anzieht, werden wieder mühelos schon im nächsten Jahr die Leistungen von 2019 übertreffen können.

Sehen Sie auch Chancen durch die Corona-Krise?
Der Tourismus ist ein Konsum- und Kulturgut, das in unserer Gesellschaft so fest verankert ist, dass er jede Krise meistern wird. Und vergessen Sie bitte nicht, dass es aufgrund von politischen Konflikten, Naturkatastrophen und so weiter immer schon erforderlich war, flexibel zu reagieren.