Meldung an den Passagier: Wenn es nach der Sita geht, könnten Pushmeldungen wie diese in Zukunft für Flugreisende Alltag werden.
Daten

Wie gläsern ist der Passagier der Zukunft?

Airlines und Flughäfen wollen umfangreiche persönliche Daten sammeln, um den Passagieren gezielte Dienste anbieten zu können. Ein Gewinn für alle, sagt die Branche. Doch zu welchem Preis?

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Informationstechnologie ist wichtig. Gerade in der Luftfahrt. Und im Zentrum dieser Entwicklung steht oft die Société Internationale de Télécommunication Aéronautique, meist kurz Sita genannt. Die 1949 von Airlines gegründete Genossenschaft stellt der Luftfahrtbranche Datenverarbeitungs- und Kommunikationsdienste zur Verfügung. Derzeit beschäftigt sie sich stark mit dem Thema des rundum verbundenen Reisenden.

Kürzlich stellte die Sita an ihrem Jahrestreffen in Brüssel umfassende Lösungen vor, die es Airlines erlauben sollen, dem Passagier der Zukunft nach seinen persönlichen Präferenzen zu bedienen. Geschehen soll das mit einer Weiterentwicklung des bestehenden Systems «Horizon». Die Anwendung wird bereits von fast allen großen Fluggesellschaften genutzt. Ihre Aufgabe: Sie sammelt alle Passagierdaten von der Buchung bis zum Verlassen des Flughafens aus dem Parkhaus.

Das Parkhaus weiß, wann Sie den Flughafen erreichen

Ein Beispiel: Sie sind Geschäftsreisender und fliegen regelmäßig von Frankfurt mit Lufthansa nach Los Angeles. Sie geben meist ein zusätzliches Gepäckstück auf, fliegen Economy, sitzen gern am Fenster über dem Flügel und Sie sind Vegetarier.  Wenn Sie am Flughafen eintreffen, trinken Sie gern vor dem Abflug noch einen Kaffee und auf der Heimreise kaufen Sie Ihrer Familie am Flughafen Geschenke. Soweit so gut. In Zukunft sollen all diese Informationen über Sie in einem System – Horizon – zusammenlaufen

Bei der Buchung werden Ihnen zuerst die Optionen vorgeschlagen, die Sie meist wählen: nämlich der Fensterplatz, das Gepäckstück und die fleischlose Mahlzeit. Ihr Ticket haben Sie auf Ihrem Smartphone und am Tag des Abfluges bekommen Sie eine Meldung, wenn Sie zum Flughafen aufbrechen sollten. Bei der Einfahrt ins Parkhaus wird Ihnen der nächste freie Parkplatz angezeigt und im Flughafen kommt eine Meldung, dass die X-Bar gerade 20 Prozent Vergünstigung auf Kaffee gewährt. Sie setzten sich, trinken Ihren Kaffee und bekommen die Meldung, dass Ihr Gate 10 Minuten entfernt ist, die Wartezeit am Sicherheitscheck 15 Minuten beträgt und es Zeit ist für Sie zu gehen.

«Wir müssen sicherstellen, dass die Systeme nicht zusammenbrechen»

An Bord weiß die Crew, dass Sie Tomatensaft trinken und wird Ihnen nur Duty-Free-Käufe anbieten, die Ihrem Interessen entsprechen. In Los Angeles ist das zusätzliche Gepäck nicht angekommen. Sie zücken Ihr Smartphone und geben die Verlustmeldung selber auf. Dann erscheint eine Meldung, dass Ihr anderes Gepäckstück nun auf dem Band ist und wo Ihr Mietwagen steht. Einige Tage später auf dem Rückflug dasselbe, außer, dass Ihnen Ihr Smartphone mitteilt, wo es Spielzeug-, Parfüm- und Lingerie-Angebote gibt und sich die Lufthansa-Crew für das vermisste Gepäck bei Ihnen entschuldigt.

Das Szenario klingt vielleicht futuristisch, doch laut Dave Bakker, Sita-Präsident für Europa, ist es technisch kein Problem: «Im Onlinehandel passiert dies schon längst.» Die größte Herausforderung sei es, die Systeme so zu verknüpfen, dass Flughäfen und Fluglinien alle Informationen kanalisiert sammeln können. Aktuell laufen die Daten in viele verschiedene Systeme.

«Die Datenschützer hinken hinterher»

Große Datenmengen in nur einem System stellen für die Sita eine der größten Herausforderungen dar. «Meine wichtigste Aufgabe ist, dass wir ununterbrochene Verbindung garantieren können. Je mehr Kunden sich auf Horizon verlassen, desto abhängiger sind wir von einem unterbruchfreien Datenstrom.», so Bakker. Hunderte seiner Mitarbeitenden beschäftigen sich durchgehend damit, das sicherzustellen.

Eine weitere große Herausforderung, um den Passagier der Zukunft auf Reisen zu schicken, liegt im Datenschutz. «Wir versuchen mit den Verantwortlichen weltweit zusammenzuarbeiten, aber ich habe oft das Gefühl, dass wir immer einen Schritt zu weit sind», so Bakker weiter. Die Datenschützer hinken hinterher. Aber man kann diese Entwicklung nicht aufhalten, sie werden Ihre Hausaufgaben machen müssen.»

«Eine Angleichung der Gesetzgebung wäre wünschenswert»

Eine internationale Vermittlung von Daten ist laut Francis Meier, dem Schweizer Datenschutzbeauftragten, bereits möglich, sei aber schwierig: «Besonders, wenn die Daten in Staaten ohne gleichwertiges Datenschutzniveau übermittelt werden, müssen Unternehmen gewisse Vorkehrungen treffen.»

Bedenken äussert Meier an der Entwicklung, alle Daten in einer Datenbank zu sammeln. «Bei einem solchen System, das die Bewegungen, Gewohnheiten und Präferenzen der Passagiere erhebt, entstehen umfangreiche und aussagekräftige Persönlichkeitsprofile, was erhebliche Risiken für die Privatsphäre der betroffenen Personen birgt». Diese Datenbank werde wohl zahlreiche Begehrlichkeiten wecken, glaubt der Datenschutzexperte. «Zum Beispiel von Drittunternehmen oder Hackern.» Er rät Reisenden, die Datenschutzrichtlinien immer gut zu lesen, und sich bewusst für oder gegen die Weitergabe der eigenen Informationen zu entscheiden.

Wie stehen Sie zum Passagier der Zukunft? Sehen Sie in der gezielten Angebotsgestaltung anhand Ihrer Daten einen Vorteil oder eine Gefahr für Ihr Persönlichkeitsrecht? Diskutieren Sie mit den Mitlesern im Kommentarfeld. 

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