Sud Aviation Caravelle: Transavia war die einzige niederländische Airline mit dem Modell.

60 JahreDie Geschichte von Transavia ist so bunt wie ihre Jets

Die niederländische Fluggesellschaft begann als Außenseiterin – und wurde zum Erfolgunternehmen. Sie überlebte harte Konkurrenz, Krisenjahre und einen kompletten Flottenwechsel. Nun ist Transavia 60-jährig. Ein Jubiläum mit Blick nach vorn.

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Transavia feiert runden Geburtstag – zumindest die niederländische. Während die französische Schwester erst seit 18 Jahren am Himmel ist, blickt Transavia in den Niederlanden auf sechs Jahrzehnte zurück. Dass die Airline seit 1992 zu KLM und seit 2004 zu Air France-KLM gehört, wirkt fast wie eine Fußnote. Denn begonnen hat alles ganz anders: als Tochter einer Reederei.

Mitte der 1960er-Jahre gab es in den Niederlanden nur eine Touristikairline: Martinair Holland. Geschäftsleute und die Handelskammer wollten Konkurrenz schaffen – am 21. Oktober 1965 wurde Transavia gegründet. Doch der Weg in die Luft war holprig. Mehr als ein Jahr dauerte es bis zum Erstflug. Die Basis lag zunächst in Maastricht, sollte aber rasch nach Amsterdam wechseln. Erste Flotte: eine geleaste Douglas DC-3 (Kennzeichen PH-RIC) und drei betagte Douglas DC-6 aus dem Jahr 1948.

Transavia startete mit Douglas DC-3 und DC-6

Am 14. November 1966 erhielt Transavia die Betriebslizenz, zwei Tage später folgte der Jungfernflug von Amsterdam nach Neapel – der erste unter dem Namen Transavia Holland. Schließlich bezog die Airline Büros in Schiphols Hangar 7. Die DC-6 bewährte sich, doch der Wettbewerb stellte bereits auf Jets um. Transavia zog nach und kaufte sechs gebrauchte Boeing 707 – die einzige niederländische Airline, die dieses Muster je flog. Damit erreichte man Ziele wie Jakarta, Bali oder die ABC-Inseln nonstop.

Douglas DC-6 von Transavia: Der Erstflug im November 1966 fand mit einer von drei DC-6 unter dem Namen Transavia Holland statt.

Während KLM und Martinair auf die Douglas DC-9 setzten, entschied sich Transavia für die Sud Aviation Caravelle. Vierzehn gebrauchte Exemplare trafen ab 1969 ein und ersetzten alle DC-6. Auch hier war Transavia wieder allein auf weiter Flur: keine andere niederländische Airline hatte dieses Modell in der Flotte.

Schneller Aufstieg im Urlaubsmarkt

In den 1970er- und 1980er-Jahren eroberte Transavia rund 45 Prozent des niederländischen Urlaubsmarktes und wurde zum ernsthaften Rivalen von Martinair. Doch Wachstum kostet – daher stieg die königlich niederländische Dampfschiffgesellschaft ein und übernahm schrittweise die gesamte Airline. Kooperationen mit Neckermann-Reisen und Arke-Reizen folgten.

Die Caravelle blieb zunächst das Rückgrat, doch die Zukunft lag bei der Boeing 737. 1976 erhielt Transavia ihren ersten fabrikneuen Jet überhaupt: die Boeing 737-2K2. Bis in die 1980er-Jahre kamen insgesamt 22 Exemplare zusammen. Ein kurzer Ausflug ins Großraumsegment mit einem gemieteten Airbus A300B2 blieb Episode. Ebenso endete der Einsatz der Boeing 707 – zu stark war die Konkurrenz auf der Langstrecke.

Transavia wagte sich ins Lineinfluggeschäft

Mit dem neuen Open-Skies-Abkommen zwischen den Niederlanden und Großbritannien wagte Transavia 1986 den Schritt in den Linienflug: Amsterdam - London-Gatwick. Zeitgleich führte man die Boeing 737-300 ein und ersetzte die älteren -200.

Eine Boeing 707 von Transavia: Auf der Langstrecke war Transavia chancenlos.

1992 fliegt Transavia im Auftrag von Continental Airlines nach London – und tritt damit direkt gegen KLM an. Die Nationalairline reagiert strategisch: Sieübernimmt zuerst 40, dann 80 Prozent der Anteile. Transavia wird die neue Touristik- und Chartertochter vonKLM, was sich rasch in der Flotte zeigt. Die Boeing 757 ergänzt ab 1993 die Kapazitäten. 2003 übernimmt KLM Transavia vollständig, 2004 wird die Airline Teil der fusionierten Gruppe Air France-KLM.

Niederländische bekommt eine frazösische Schwester

Parallel entsteht in Frankreich eine zweite Transavia, identisches Konzept, identischer Markenauftritt. Beide Airlines wachsen und tauschen saisonal Flotten mit Partnern weltweit – von Südafrika bis Kanada. Eine kurze Episode in Dänemark endet 2011 nach kurzer Zeit wieder.

2014 protestieren Air-France-Pilotinnen und -Piloten gegen die wachsende Rolle von Transavia. Ein Jahr später modernisiert die Airline ihr Erscheinungsbild, ab 2016 wagt sie sogar einen offensiven Einstieg in München – mit Kampfpreisen ab 19 Euro. Doch der Markt bleibt schwierig, die Basis schließt 2017. 2021 folgt eine neue Basis in Brüssel.

Krise, Neustart – und der Bruch mit Boeing

Wie alle Ferienflieger trifft die Pandemie Transavia hart: 2020 entsteht ein Verlust von 299 Millionen Euro. Ab 2021 erholt sich die Airline langsam. Dann folgt eine Zäsur: Air France-KLM bestellt 100 Jets der Airbus A320 Neo-Familie – plus Optionen. Und sie gehen auch an die niederländische Billigtochter.

Transavia vollzieht damit den Abschied von Boeing, nachdem die Max keine Zukunft bekommen hatte. Am 19. Dezember 2023 wird der erste Airbus A321neo ausgeliefert, kurz darauf auch die ersten A320neo für Transavia France.

Inzwischen ist Transavia Frankreich größer

Transavia sitzt heute im Transport-Gebäude am Flughafen Amsterdam und bleibt als KLM-Tochter organisatorisch eigenständig. Die französische Schwester teilt Marke, Website und Konzept, gehört aber fast vollständig Air France.

Airbus A321 Neo von Transavia: Retro-Lackierung zum Jubiläum.

2024 schreibt Transavia nach vier Verlustjahren endlich wieder Gewinn – 3 Millionen Euro. Auffällig: Die französische Schwester ist inzwischen größer. Rund 90 Flugzeuge stehen dort 50 in den Niederlanden gegenüber. Paris-Orly ist eine Hochburg: fast die Hälfte aller Sitze im Markt stammen von Transavia France. In Amsterdam ist die niederländische Transavia mit etwa 20 Prozent Marktanteil Nummer zwei hinter KLM.

Zwei Geschwister mit unterschiedlichen Rollen

Die Netze unterscheiden sich stark: Die Franzosen fliegen122 Flughäfen in 35 Ländern an, die Niederländer 87 in 21 Ländern. Die Top-Strecken reichen von Nizza und Porto bis Malaga und Alicante. Ein Wiedereinstieg in die Langstrecke erscheint unwahrscheinlich – nicht zuletzt wegen der knappen Slots in Amsterdam. Doch mit dem A321neo hat Transavia bereits einen großen Kapazitätssprung vollzogen.

Airbus A320 Neo: Zum Jubiläum gibt sich die Airline eine neue Lackierung.

Nach 60 Jahren zeigt Transavia damit gleich zweierlei: Die Geschichte der Airline ist geprägt von mutigen Entscheidungen – und sie ist längst noch nicht zu Ende.

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