Eine Untersuchung der University of Waterloo zeigt: In Flugsimulator-Tests flogen Pilotinnen stabilere Landeanflüge und reagierten im Notfall schneller als ihre männlichen Kollegen.
Fragt man Fluggäste, ob sie in einer Notsituation ein großes Verkehrsflugzeug landen könnten, sind die Antworten oft erstaunlich selbstbewusst – vor allem bei Männern. Laut einer aktuellen Umfrage trauen sich 36 Prozent der Männer diese Aufgabe zu. Bei den Frauen sind es nur 16 Prozent. Eine neue Untersuchung der University of Waterloo legt nun nahe: In realistischen Stressszenarien könnten gerade Frauen im Cockpit tatsächlich oft die Nase vorn haben.
Das Forschungsteam unter Leitung von Naila Ayala aus dem Multisensory Brain and Cognition Lab untersuchte 20 Pilotinnen und Piloten der allgemeinen Luftfahrt mit weniger als 300 Flugstunden Erfahrung – je zehn Frauen und Männer. Alle flogen in einem High-Fidelity-Flugsimulator neun Landungen, darunter ein Notfallszenario. Währenddessen trugen sie Eye-Tracking-Brillen, mit denen das Blickverhalten erfasst wurde. Die Auswertung ergab keine signifikanten Geschlechterunterschiede bei den Blickmustern.
Dennoch zeigten sich klare Unterschiede in der Leistung: Die Pilotinnen flogen stabilere Landeanflüge, arbeiteten Aufgaben im Notfallszenario schneller ab und bewerteten ihre eigene Situationswahrnehmung höher. Auch in anderen stressbelasteten Situationen machten sie weniger Fehler als ihre männlichen Kollegen – obwohl beide Gruppen ihre Aufmerksamkeit auf dieselben Anzeigen und Instrumente richteten.
«Wir können nicht davon ausgehen, dass zwei Menschen, die auf die gleichen Dinge schauen, auch gleich reagieren», so Ayala. Die Ergebnisse sprächen dafür, bei Ausbildung und Leistungsbewertung nicht nur offensichtliche Indikatoren wie Blickrichtung oder Flugerfahrung zu berücksichtigen.
Für Mitautorin Suzanne Kearns, Direktorin des Waterloo Institute for Sustainable Aeronautics, hat die Studie eine klare Botschaft: «Zu verstehen, wie unterschiedliche Menschen unter Druck agieren, hilft uns, bessere Trainingsprogramme, sicherere Cockpits und inklusivere Systeme zu entwickeln.» Angesichts des Mangels an Cockpitcrews sei es entscheidend, das Potenzial auch aller Pilotinnen vollständig zu nutzen.