Das Leben von Christoph Barszczewski verlief alles andere als alltäglich. Der gebürtige Pole, dem im Alter von 30 Jahren in einer spektakulären Aktion die Flucht nach Österreich gelang, hat in seiner beruflichen Laufbahn schon so gut wie jeden Job angenommen: als Musiker, Gitarrenlehrer, Dolmetscher für Behörden, Navigator auf einem Schiffskutter in Costa Rica oder ungelernter Hilfssteward auf einem amerikanischen Passagierschiff. «Aus jedem Job konnte ich eine neue Erfahrung für mein weiteres Leben mitnehmen», erzählt der heute 67-Jährige im Gespräch mit aeroTELEGRAPH in Wien.
Nach Jahren mit ständig wechselnden Berufen wurde Barszczewski nach seiner Flucht im Jahr 1988 als Computerviren-Analytiker und IT/OT-Spezialist in Österreich sesshaft. An eine aviatische Laufbahn hatte der ehemalige Modellflieger aus Polen nicht mehr gedacht. Der Traum vom Fliegen war bereits abgeschlossen - bis zu jenem Tag, an dem er als 39-Jähriger von seiner Frau zu einem Rundflug über der Steiermark eingeladen wurde. «Ich durfte auf dem Kopiloten-Sitz Platz nehmen, der ausführende Pilot hat sehr schnell mein Interesse erkannt, weshalb ich sogar einen Teil des Fluges selbst steuern durfte», erzählt er.
Eine eigene Pilotenlizenz und ein rasant wachsendes Netzwerk
Nach diesem Flug war die Leidenschaft fürs Fliegen neu entfacht und der Wunsch, zumindest nach einer Pilotenlizenz geboren. Schnell war eine amerikanische Flugschule gefunden, die ihm ein befreundeter Pilot von Lot Polish Airlines empfohlen hatte: «Wie sich herausgestellt hatte, war der Eigentümer der Flugschule ein ausgewanderter Österreicher, der in Kansas (USA) eine Flugschule betrieb», so Barszczewski. Er buchte einen Kurs und war wenige Wochen später stolzer Besitzer einer Privatpilotenberechtigung, die er in weiterer Folge mit einer Instrumentenflugberechtigung und Berufspilotenlizenz ergänzte.
Wieder in Österreich angekommen, waren dem frisch gebackenen Piloten und hauptberuflichen IT-Spezialisten die damals im Internet verfügbaren Piloteninformationen zu den österreichischen Flugplätzen zu spärlich. Deshalb baute er im Jahr 2000 eine eigene Webseite mit umfangreichem Informationsmaterial auf. Die kam in der Piloten-Community so gut an, dass nicht nur sein Pilotennetzwerk rasant wuchs, sondern Barszczweski auch immer öfter um fliegerischen Rat gebeten wurde.
Auch dank Fernsehsender entstand Kontakt zu Buschpiloten
So bat auch der deutsch-französische Fernsehsender Arte Barszczewski auf der Suche nach einem Buschpiloten für eine Reportage um Unterstützung bei der Suche nach einem geeigneten Kandidaten. Seine Antwort damals war: «Aktuell kenne ich noch keinen Buschpiloten, aber fragen Sie mich in zwei Wochen nochmal.» Er hielt sein Versprechen, nach zwei Wochen konnte er dem Fernsehsender drei Kandidaten präsentieren. Die Wahl fiel auf Peter Ragg, einen international bekannten Buschpiloten aus Österreich.
Natürlich war auch Barszczewski selbst an seiner Geschichte und Arbeit in Afrika interessiert, denn sein Bestreben als Pilot war es immer auch, seine fliegerische Qualifikation (IFR/CPL) einzusetzen. Im Rahmen eines Heimaturlaubes kam es am Salzburger Flughafen zu einem ersten persönlichen Treffen mit Ragg. Schnell entstand die Idee, ein Buch über das Leben des Ehepaars Ragg zu verfassen. Im Jahr 2007 erschien es, geschrieben von Barszczewski, unter dem Titel «Traumberuf Buschpilot in Afrika» und erzählte die Erlebnisse des Ehepaares, das mehr als 26 afrikanische Länder bereist hatte.
«Ich bin in 500 Fuß mit einer Cessna über das Meer geflogen»
Von den vielen interessanten Geschichten motiviert, reiste Barszczewski auch persönlich nach Afrika, um das Handwerk des Buschpiloten zu erlernen: «Auf einmal war ich in Afrika und habe Erfahrungen als Buschpilot bei ersten Flügen gesammelt», erinnert er sich. Reich an neuen Erfahrungen gelang es dem ambitionierten Piloten später auch, eine Zeit lang neben seiner beruflichen Tätigkeit in Wien als Buschpilot in Afrika für Forschungsprojekte zu arbeiten. «Ich habe Buckelwale und andere Wildtiere gezählt, bin in 500 Fuß (152 Meter) mit einer Cessna über das Meer geflogen und habe eine wirklich schöne und aufregende Zeit in Afrika verbracht», erzählt Barszczewski.
Gerne wäre er noch weiter in Afrika geblieben, aber irgendwann wurde ihm bei seiner nicht ungefährlichen Tätigkeit die Luft vor Ort zu bleihaltig, wie er es ausdrückt. «Weshalb ich mich dazu entschloss, das Abenteuer Afrika aufzugeben.»
Von Afrika bis Alaska: Das Pilotenleben von Christoph Barszczewski
Christoph Barszczewski in Alaska: Dort wird das Fliegen ...
... zur echten Herausforderung.
Buschpilot zu sein bedeutet auch, selbst seine Flugzeuge reparieren zu können.
Barszczewski auf einem Wasserflugzeug. Er ist ...
... einer von wenigen europäischen Wasserflugzeuglehrern, hier in Grunau (Polen).
Barszczewskis zweite Passion: Er ist Autor von Büchern über lebende Luftfahrtlegenden.
Wasserflugzeuge-Ausbildung bei Legende in Alaska
Kaum war das eine Abenteuer in Afrika beendet, bot sich in der Wildnis Alaskas eine neue fliegerische Herausforderung an. Nach einem Urlaub entschloss sich Barszczewski, eine Ausbildung für Wasserflugzeuge zu absolvieren. Sein Ausbilder war die Pilotenlegende Donald Lee. Der hatte zu diesem Zeitpunkt bereits über 17.000 Flugstunden gesammelt, viele davon auf Wasserflugzeugen, aber auch bei mehr als 5000 Gletscherlandungen.
Lee betrieb die Flugschule Alaska Floats & Skies, bei der Barszczewski nicht nur seine Ausbildung auf Wasserflugzeuge erhielt, sondern auch mit für die Tundra bereiften Kleinflugzeugen, oder auf mit Ski-Kufen bestückten Maschinen Alaska kennenlernte.
Wasserflugzeug-Fluglehrer in Polen und Treffen in Österreich
Mit dieser Freundschaft war der Grundstein für sein zweites Luftfahrtbuch unter dem Titel «Buschpilot in Alaska» gelegt. «Mein polnisch-österreichischer Charme und ein bisschen polnischer Wodka halfen dabei, das Eis bei Don Lee zu brechen», wie er lächelnd berichtet. Auch dieses Mal nutzte Barszczewski nach seiner erfolgten Ausbildung seine Kontakte, um zumindest während der kurzen Sommerperiode in Alaska abseits seines IT-Berufes in Wien mit Wasserflugzeugen zu fliegen.
Wasserflugzeuge sind seitdem seine Leidenschaft. Nach einer Umschreibung seiner amerikanischen «Seaplane»-Lizenz und zusätzlichen Ausbildungen ist Barszczewski seit 2015 als einer von wenigen europäischen Wasserflugzeug-Fluglehrern freiberuflich tätig. Seine alte Heimat Polen bietet sich hierfür aufgrund der fast uneingeschränkten Möglichkeiten für den Wasserflugzeugbetrieb als Ausbildungsort an. Zusätzlich organisiert der umtriebige Pilot am steirischen Stubenbergsee immer wieder ein Treffen für die Wasserflugzeug-Community: «Zwischen 11. und 13. September 2026 organisiere ich mein siebentes und vielleicht letztes Wasserflugzeugtreffen am Stubenbergsee», so Barszczewski.
Pension, neues Buch und Lust auf Segelfliegen
Vor zwei Jahren wurde er pensioniert, doch wer meint, dass das Pilotenleben von Barszczewski ruhiger wurde, der irrt sich: «Da manche Lebenswege einfach zu außergewöhnlich sind, um sie nicht aufzuschreiben, hoffe ich, das spannende Leben einiger Ausnahmemenschen noch in weiteren Büchern festzuhalten», sagt er. «Ich überlege außerdem, ob ich vielleicht doch noch mit dem Segelfliegen beginne, mich öfters ins Cockpit einer Boeing-Stearman setze, und natürlich möchte ich noch viele Wasserpiloten ausbilden.»
Die Zeit seit seiner Pensionierung hat er auf alle Fälle schon genutzt, denn gerade bringt Barszczewski sein neuestes Buch unter dem Titel «Traumberuf Pilot – Das unglaubliche Fliegerleben des John Pipkin» auf den Markt und plant eine große Promotour.
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