Die polnische Airline fliegt unter anderem für die norwegische Post. Dabei bekommt Sprint Air nun einen Rüffel und Auflagen von den Behörden. Es geht um die Arbeitsbedingungen der Cockpitcrews. Auch DHL setzt auf die Fluggesellschaft - und äußert sich nun dazu.
Lot Polish Airlines. Enter Air. Fallen Ihnen weitere polnische Fluggesellschaften ein? Eine weniger bekannte und kleinere, aber dennoch traditionsreiche Airline aus Polen ist Sprint Air. Sie wurde 2002/2003 gegründet, damals noch unter dem Namen Air Polonia Cargo.
Heute besteht die Flotte von Sprint Air aus zehn ATR-72-Frachtern sowie sieben Saab 340, die teilweise im Fracht-, teilweise in Cargo-, teilweise in Passagierkonfiguration fliegen. Mit ATR 72 ist sie unter anderem im Auftrag der norwegischen Post unterwegs zwischen Oslo, Bodø und Tromsø. Doch in dem skandinavischen Land hat Sprint Air jetzt Ärger.
Im Oktober 2024 erhob der norwegische Pilotinnen- und Pilotenverband Norsk Flygerforbund Vorwürfe gegen die polnische Fluglinie. So seien die Cockpitcrew-Mitglieder zu 50 Prozent als Einzelunternehmer und zu 50 Prozent bei einer Briefkastenfirma angestellt. «Sie haben keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, haben praktisch keinen Manager am Stützpunkt in Tromsø, und ihr Lohn wird gekürzt, wenn sie ihre Route nicht einhalten», so Norsk Flygerforbund. Er zitierte zudem anonym einen Piloten im Dienst der Fluggesellschaft.
«Dann steht man vor dem Abflug und möchte zur Kontrolle der Sicherheit noch eine Runde um das Flugzeug drehen. Aber das dauert fünf Minuten, und man hat das Gefühl, keine Zeit zu haben», so der Pilot. «Ich befürchte, das könnte die Sicherheit beeinträchtigen.»
Besonders brisant ist dies, da Sprint Air im Auftrag der staatlichen Post fliegt. So untersuchte die Luftfahrtbehörde Luftfartstilsynet die Vorwürfe und kam nun zum Schluss, dass Sprint gegen die norwegischen Regeln für den Arbeitsschutz und für Gesundheit, Sicherheit und Umwelt verstößt. Die Fluggesellschaft muss bis Ende August Änderungen vornehmen.
So muss diese sicherstellen, dass in Norwegen tätige Piloten und Pilotinnen festangestellte Mitarbeitende mit entsprechenden Rechten sind. Es muss außerdem ein Sicherheitsvertreter aus der Belegschaft gewählt und die Durchführung der gesetzlich vorgeschriebenen Schulungen gewährleistet werden. Sprint wird verpflichtet, ein funktionierendes System für Gesundheit, Sicherheit und Umwelt einzurichten. Außerdem verlangt die Behörde vom Unternehmen, das Arbeitsumfeld und Krankheitsausfälle systematisch zu dokumentieren.
«Diese Entscheidung ist ein klares Signal für die gesamte Luftfahrtindustrie: Man kann in Norwegen nicht tätig sein, ohne die Verantwortung des Arbeitgebers ernst zu nehmen», kommentiert der Norsk Flygerforbund die Entscheidung der Luftfahrtbehörde.
Die Fluggesellschaft selber hat sich öffentlich bisher nicht geäußert. Ein Anwalt, der sie in Norwegen vertritt, stellte dem norwegischen Nachrichtenportal E24 zwar Antworten auf Fragen zum Thema in Aussicht, blieb diese letztendlich aber dann doch schuldig.
Sprint Air fliegt auch im Auftrag von UPS ab Köln DHL ab Kopenhagen. Für letztere ist sie als sogenannte Drittanbieter-Airline zwischen Kopenhagen (Dänemark) und Ålesund (Norwegen) sowie zwischen Kopenhagen und Kristiansund (Norwegen). Auf Anfrage von aeroTELEGRAPH erklärt ein DHL-Sprecher, die Fluggesellschaft «hat uns die vollständige Einhaltung unserer Prinzipien auf diesen Strecken zugesichert», auch wenn es um diese Routen in den Vorwürfen gar nicht gehe.
DHL lege in einem «Supplier Code of Conduct» klare Regeln fest zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Prinzipien. «Wir haben derzeit keinen Grund zu der Annahme, dass Sprint Air gegen unseren Supplier Code of Conduct verstoßen hat», so der DHL-Sprecher. «Dennoch werden wir die Situation weiterhin beobachten und alle glaubwürdigen Hinweise auf Verstöße gegen unseren Supplier Code of Conduct durch unseren Lieferanten untersuchen.»
Wie Daten von Flugverfolgungsdiensten zeigen, fliegt Sprint Air auch regelmäßig mit ATR 72 ab dem Flughafen Köln/Bonn - zuletzt etwa regelmäßig nach Poznan in Polen sowie nach Basel und Genf. Auch gingen Flüge nach Katowice, Wroclaw, Ljubljana und Zagreb. Der DHL-Sprecher erklärt jedoch, diese Flüge führe Sprint Air nicht im Auftrag von DHL durch.
Saab 340 von Sprint Air waren im Juni/Juli außerdem an den deutschen Flughäfen Leipzig/Halle, Kassel, Hannover und Nürnberg im Einsatz.