Der Flughafen der Schweizer Hauptstadt ist nicht nur klein, sondern fliegerisch nicht ganz einfach. Ein Pilot von Helvetic Airways erzählt von den Herausforderungen beim Starten und Landen in Bern.
Helvetic Airways gehört zu den wenigen Fluggesellschaften, die Passagierflüge ab Bern anbieten. Kürzlich startete die Wet-Lease- und Chartergesellschaft ihr Sommerprogramm, in dem sie gemeinsam mit Hotelplan und Tui Suisse Urlaubsflüge zu Warmwasserzielen anbietet. Für Passagiere zeichnet sich der Flughafen durch seine überschaubare Größe und kurze Wege aus. Für Pilotinnen und Piloten ist es ein abwechslungsreicher Flugbetrieb - mit Besonderheiten.
«Es gibt verschiedene Herausforderungen hier in Bern. Zum einen ist es eine kurze Piste und ein steilerer Anflug auf die Piste 14», erklärt Kapitän Mathias Kohler. Die einzige asphaltierte Start- und Landebahn ist 1730 Meter lang. Das reicht gerade so für die Embraer E190-E2, die Helvetic über den Sommer in Bern stationiert.
Wenn man am Flughafen Bern auf dem Vorfeld steht, dann wirkt die Embraer wie ein Großraumflugzeug. Neben ihr findet man zahlreiche Kleinflugzeuge, Helikopter und den ein oder anderen Businessjet. Die Schweizer Regierungsflotte ist ebenfalls hier stationiert. «Da passt ein Verkehrsflugzeug nicht so ins Bild», kommentiert Kohler. Linienverkehr gibt es hier kaum, geschweige denn mit einem Jet.
Auf dem Erstflug aus Monastir hat das Flugzeug vor der Landung eine zusätzliche Schleife gedreht. Grund war nicht eine, wie an Großflughäfen gängige Anweisung zu warten, sondern ein vor uns fliegendes Kleinflugzeug. «Wir haben hier einen dichten Luftraum, den wir uns mit Flugzeugen teilen, die nach Sichtflug operieren, etwa Cessnas und Helikopter. Hier gibt es also immer einen gewissen Konflikt zwischen Kleinflugzeugen und Verkehrsflugzeugen.»
«Auch ist speziell, dass wir hier meist die Piste ohne Anflugverfahren anfliegen. Am Schluss gibt es ein Manöver nach Sichtflug, das heißt es ist ein Circling Approach, oder so wie wir es gemacht haben ein Visual Approach auf Sicht. Dabei sind wir auch verantwortlich auf die Separation zu anderem Verkehr zu achten», erklärt Kapitän Kohler weiter.
Komplizierter wird es bei schlechter Sicht: «Grundsätzlich kann man über einen Instrumentenanflug verfahren, oder über ein GPS-basiertes Anflugverfahren mit einem tieferen Minimum für die Wolkenbasis auf die Piste 14». Doch ein solches Verfahren gibt es nicht für Piste 32, also für Anflüge von Südosten aus kommend.
Beim Landeanflug auf Piste 32 fällt auf: In der letzten Rechtskurve kurz vor der Landung fliegen wir direkt am Belpberg vorbei. Der knapp 900 Meter hohe Berg mit einem langen Höhenrücken liegt direkt neben dem Endanflug auf den Flughafen Bern. Für Anflüge bei schlechter Sicht ist das nicht geeignet.
Es sind Besonderheiten wie diese, die dazu führen, dass nicht jeder Linienpilot automatisch in Bern landen darf. Helvetic Airways bildet eine begrenzte Anzahl ihrer Pilotinnen und Piloten speziell für diesen Flughafen aus. Kapitän Mathias Kohler ist einer von ihnen: «Es gibt ein spezielles Training mit Theorieblock, Simulator und einer Streckeneinführung. Das Rating ist nur für 12 Monate gültig und in der Zeit muss man eine gewisse Anzahl Flüge in Bern durchführen, um die Qualifikation aufrecht zu halten.»
Die Fluggesellschaft hat also nicht nur ein dediziertes Flugzeug für die Bundesstadt, sondern auch eine Crew. Ebenfalls richtet Helvetic Airways für die Saison in Bern eine temporäre Wartungsstation ein. «Es braucht schon mehr Aufwand, als wenn man einfach eine andere Destination anfliegt. Aber das gehört dazu», erklärt Helvetic-Chef Tobias Pogorevc. «Wir versuchen auch, dass lokale Mitarbeitende, die den Berner Dialekt sprechen, auf diesen Flügen eingesetzt werden.»
Trotz des Aufwands bleiben die Flüge in Bern ein reines Sommerprogramm für die Schweizer Airline. «Der Winter ist nochmals herausfordernder, oft mit akuten Nebelsituationen, die es uns sehr schwer machen. Zudem gibt es keine Marktnachfrage, welche die Operation im Winter in Bern rentabel durchführen lässt», so Pogorevc.
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