Letzte Aktualisierung: um 13:15 Uhr

Dirk Eggert, Rhein-Neckar Air

«D328 Eco wäre logischer Nachfolger für Rhein-Neckar Air»

Wie will Rhein-Neckar wachsen? Wie wichtig ist sie für den Flughafen Mannheim? Und wann und womit will die Fluglinie ihre Dornier 328 ersetzen? Chef Dirk Eggert im Interview.

Rhein-Neckar Air fliegt diesen Sommer erstmals nach Elba. Warum Elba?
Dirk Eggert*: Wir müssen mit Rhein-Neckar Air Nischen finden. Das müssen einerseits Nischen sein, die zu unserem Flugzeug, der Dornier 328 mit ihren 31 Plätzen, passen. Und es müssen andererseits auch Nischen sein, die eine zahlungskräftige Klientel ansprechen. Unser Heimatflughafen Mannheim selbst ist ja auch eine Nische. Andere Strecken rechnen sich für uns einfach nicht. Und wenn sie sich rechnen würden, kommt bald ein großer Konkurrent und bietet sie mit größeren Flugzeugen ebenfalls an – und wir können dann nicht mehr mithalten.

Das Risiko besteht bei Elba nicht?
Das kann bei Elba nicht passieren, weil der Flughafen klein ist. Er hat sich schon lange gewünscht, dass wir sie anfliegen. Nach eingehender Prüfung kamen wir zum Schluss, dass Elba ab Mannheim wirklich funktionieren wird. Denn wenn wir so ein exklusives Ziel anfliegen, vergrößert sich auch unser Einzugsgebiet – bis hin zum Frankfurter Raum.

Sie fliegen Elba auch von Friedrichshafen aus an. Wie kam es dazu?
Die Flüge ab Friedrichshafen waren die logische Konsequenz. Im Moment, wo wir mit unserem Flugzeug auf Elba stehen, können wir es für mehr nutzen. Wir fliegen also von Mannheim nach Elba, von dort nach Friedrichshafen und wieder nach Elba und dann wieder nach Mannheim. Wir könnten theoretisch sogar noch einen zusätzlichen Umlauf hinzufügen. Doch wir brauchen unseren Flieger freitags ab 16:00 Uhr wieder hier in Mannheim für unsere Fußballcharter. Das ist ein wichtiges Standbein für uns. Dasselbe wie mit Friedrichshafen machen wir übrigens bei der Destination Sylt, sie verbinden wir auch mit Kassel.

Flüge nach Berlin rechnen sich wegen den hohen Gebühren nicht mehr.

Ihre Fluglinie ist mit den Destinationen Elba, Sylt und Usedom eigentlich zu einem reinen Urlaubsflieger geworden. Ursprünglich stand der Geschäftsreiseverkehr im Fokus – mit Flügen nach Berlin und Hamburg.
Sie haben völlig recht. In der Pandemie mussten wir uns aber Alternativen überlegen, weil klar wurde, dass diese Art des Geschäftsreiseverkehrs nicht so schnell zurückkommen wird. Das haben wir mit dem Aufbau des Urlaubsgeschäfts getan. Inzwischen sehe ich aber wieder einen Markt für Businessverbindungen ab Mannheim.

Warum machen Sie es dann nicht?
Die Frage ist relativ einfach beantwortet. Mit dem Umzug von Tegel zum BER verdoppelten sich für uns die Gebühren. Man will am neuen Flughafen die kleinen Flugzeuge nicht haben. Da macht man in Berlin auch keinen Hehl daraus. Die Nachfrage wäre noch da, aber Flüge nach Berlin rechnen sich wegen den hohen Gebühren einfach nicht mehr.

Und Hamburg?
Es gibt noch einen zweiten Grund, der es aktuell schwierig macht. Nach einer so langen Flugpause braucht es einen Anlaufzeitraum von mindestens zwei Monaten. Das bedeutet einen relativ hohen Kapitalbedarf, um die Anlaufverluste zu tragen. Die Gesellschafter, die uns während der Pandemie wirklich schon sehr stark unterstützt haben, sind jetzt nicht unbedingt dazu bereit, nochmals zu investieren. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass insbesondere die Strecke nach Hamburg funktionieren würde.

Dirk Eggert: «Wir haben die ganzen Fixkosten so nicht am Bein.» Bild: Rhein-Neckar Air. 

Also könnte es wieder Flüge von Rhein-Neckar Air nach Hamburg geben?
Es ist zu einem späteren Zeitpunkt nicht ausgeschlossen.

Wo könnte die Fluggesellschaft denn sonst noch ausbauen?
Von Mannheim aus sehe ich auf den touristischen Strecken im Moment keine Ausbaumöglichkeiten mehr. Wir werden immer wieder gefragt, warum wir nicht nach Mallorca oder Korsika fliegen. Die Antwort ist einfach: 70 Kilometer vor unserer Haustür liegt der Flughafen Frankfurt, wo Sie für einen Bruchteil des Geldes mit dem Jet hinfliegen können. Mit diesen Preisen können wir nicht mithalten.

Und wie sieht es im Winter aus mit Zielen wie Bozen oder St. Moritz?
Das war wirklich schon eine Überlegung. Aber zum einen ist die Dornier 328 in puncto Gepäck limitiert. Und wenn dann jeder mit Skiern ankommt … Zudem haben wir den Vorteil, dass mit MHS Aviation einer unserer Mitgesellschafter unser Flugzeug betreibt und wir so die Möglichkeit haben, im Winter den Betrieb komplett runterzufahren. Wir haben die ganzen Fixkosten so nicht am Bein.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass es in fünf bis zehn Jahren eine ganz andere Art der Fliegerei geben wird.

Sie haben jetzt immer wieder die Dornier 328 als limitierenden Faktor erwähnt. Sie ist auch kein neues Modell. Gibt es Überlegungen, sie abzulösen? Immerhin wird ja in Deutschland mit der D328 Eco ein Nachfolger gebaut.
Das muss irgendwann ein Thema sein. Unsere Dornier 328 können locker noch fünf bis zehn Jahre fliegen. Das Alter des Flugzeugs ist ja nicht entscheidend, sondern ob man noch Ersatzteile und Wartung bekommt. Die neue D328 Eco hat ja 40 Sitze. Wir sind zur Erkenntnis gelangt, dass sie mit ihrer Performance trotz der höheren Nutzlast in Mannheim passen wird. Sie wäre schon ein logischer Nachfolger für Rhein-Neckar Air. Ebenfalls infrage käme die ATR 42-600 S, die Stol-Version der ATR 42. Auch sie wäre für Mannheim perfekt. Aber wie gesagt, unsere Dornier 328 fliegt noch sehr zuverlässig. Daher gibt es keine Eile. Bei einer Neuanschaffung geht es – ob man kauft oder least – ja auch um große Beträge, die wirtschaftliche Folgen haben

Würde der Flughafen Mannheim ohne die Airline überleben können?
Ja. An unserem Flughafen sind 16 Businessjets stationiert. Es gibt nicht viele Flughäfen in Deutschland, wo es so viele sind. Das alleine zeigt schon die Notwendigkeit dieser Infrastruktur. Insgesamt stehen hier sogar 150 Flugzeuge, wenn wir die privaten Kleinflugzeuge hinzuzählen. Die Businessfliegerei und die allgemeine Luftfahrt sowie die Linienflüge, das sind die drei Säulen, auf die wir bauen. Wir werden auch für 2023 ein positives Ergebnis ausweisen. Das ist auch gut für die öffentliche Hand, die Gesellschafterin des Flughafens ist.

Wie sehen Sie die weitere Entwicklung des Flughafens?
Bei der Infrastruktur wird sich nichts groß entwickeln können. Was die Start- und Landebahn angeht, sind wir limitiert. Sie ist knapp 1100 Meter lang und wir können sie nicht mehr verlängern, weil wir ja nah am Stadtzentrum liegen. Das gilt aber aktuell. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es in fünf bis zehn Jahren eine ganz andere Art der Fliegerei geben wird – Stichwort neue Antriebe wie zum Beispiel Elektro. Flugzeuge mit neun bis 19 Sitze, das wird auch neue Geschäftsmodelle ermöglichen. Und das wird für den Flughafen Mannheim neue Möglichkeiten eröffnen.

Dirk Eggert*