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Schlechtes Wetter in der Region

Boeing 777 von Singapore Airlines braucht fast den letzten Tropfen Kerosin

Eine Umleitung, dann drei fehlgeschlagene Landeversuche: Eine Boeing 777 von Singapore Airlines hatte kaum noch Treibstoff im Tank, als ihr doch die Landung gelang.

106.604 Liter Treibstoff hatte die Boeing 777 von Singapore Airlines mit dem Kennzeichen 9V-SWH in London getankt. Und als die Maschine am 24. Oktober 2022 in Heathrow startete, sah auch das Wetter am Zielort Singapur gut aus. Doch das änderte sich.

Ein Sturm braute sich über der Region zusammen. Wegen starker Winde und Niederschläge mussten die Piloten um 16:05 Uhr Ortszeit vor dem Flughafen Singapur Changi schließlich in die Warteschleife. Auch an den beiden Haupt-Ausweichflughäfen, der Paya Lebar Air Base in Singapur und dem Senai International Airport in Malaysia, war das Wetter schlecht.

«Mayday Fuel»

Beim Ausweichflughafen im indonesischen Batam waren die Bedingungen aber gut – noch. Die Crew hoffte allerdings darauf, dass sich die Bedingungen in Changi bessern. Sie erklärte der Flugsicherung um 16:36 Uhr, dass man noch eine Schlaufe fliege und erst dann eine Umleitung nach Batam verlangen werde.

Doch die Bedingungen besserten sich nicht. Die Boeing 777 flog noch eine zweite Schlaufe setzte schließlich den Notruf «Mayday Fuel» ab. Das tut man dann, wenn bei der Landung weniger als die geplante Kerosinreserve im Tank ist. So erhielt die Boeing 777 die bevorzugte Landeerlaubnis für den Ausweichflughafen Batam. Doch auch da zog jetzt schlechtes Wetter auf.

Drei Versuche gelingen nicht

Dadurch wurde es richtig brenzlig. Wegen starken Rückenwindes von 14 Knoten und Böen von bis zu 30 Knoten musste die Crew den Anflug auf Batam beim ersten Versuch abbrechen. Auch der zweite Versuch missglückte, die Crew erhielt die Warnung «No Autoland» und musste in einer Höhe von 40 Metern durchstarten.

Die Crew machte sich bereit für eine Landung auf Piste 04. Doch dann hieß es, die Sicht sei zu schlecht, auf Piste 22 sei sie besser. Das sei keine Option, so die Piloten. Der Treibstoff reiche nicht, um auf Piste 22 zu wechseln. Die Landung müsse jetzt gelingen. Sie gelang nicht.

Trotz Rückenwind gelandet

Als das Flugzeug durch die niedrige Wolkendecke stieß, stellte sich heraus, dass sich der Flieger oberhalb des Gleitpfades befand und auch nicht richtig auf die Landebahn ausgerichtet war. Außerdem meldete das Warnsystem eine zu hohe Sinkrate. Auf einer Höhe von 65 Metern startete die Boeing 777 erneut durch.

Der Treibstoff war zu diesem Zeitpunkt derart zuneige gegangen, dass sich die Crew schließlich entschied, entgegen der Vorgaben bei einem Rückenwind von 15 Knoten auf Landebahn 22 zu landen. Die Airline rät eigentlich von Landungen bei Rückenwind von mehr als 10 Knoten ab. Als Grund für die Maßnahme wird in dem Abschlussbericht der «kritisch niedrige Stand des Treibstoffs» angegeben.

Der Flugverlauf. Bild: Flightradar24.com

Kritik an der Crew

Schließlich ging alles gut und der Flieger landete nach 15 Stunden und 14 Minuten in Batam. Im Schnitt dauert Flug SQ319 lediglich 12:33 Stunden. Im Tank blieb nur noch «signifikant weniger Kerosin als die Reserve von 3024 Kilogramm», heißt es. Singapore Airlines hat im Nachgang ebenfalls eine Untersuchung eingeleitet und die Ausbildung der Crews rund ums Treibstoffmanagement angepasst.

Auch der Bericht kritisiert die Entscheidungen der Crew: «Die Entscheidung, so lange wie möglich in der Warteschleife zu bleiben, in der Hoffnung, dass der planmäßige Ankunftsflughafen wieder Anflüge annimmt, bedeutet für die Flugbesatzung den Nachteil, dass sie weniger Sicherheitsreserven hat, wenn die Entscheidung für eine Umleitung getroffen wird und sie aufgrund unvorhergesehener Ereignisse mehr als einen Landeversuch unternehmen muss.»