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Offensive

China präsentiert das größte Flugboot der Welt

Erstmals wurde eine Avic AG600 der Öffentlichkeit vorgestellt. Das riesige Wasserflugzeug zeigt Chinas Ambitionen im Flugzeugbau – und unterstreicht die territorialen Ansprüche des Landes im Meer.

Das Ziel der Regierung in Peking ist klar: China will seine Abhängigkeit von ausländischen Herstellern und ausländischer Technologie reduzieren. Und die AG600 soll ein wichtiger Schritt auf dem Weg dahin sein. Am Samstag (23. Juli) enthüllte die staatliche Aviation Industry Corporation of China (Avic) das größte Wasserflugzeug der Welt und zeigte es erstmals der Öffentlichkeit.

Das riesige Flugboot wurde in erster Linie für den heimischen Markt entwickelt. Sie ist die jüngste Errungenschaft des chinesischen Luftfahrtprogramms und vor allem für Löscheinsätze bei Waldbränden und Rettungsaktionen auf hoher See ausgelegt. Doch auch für zivile Einsätze wie etwa Frachttransport ist es geeignet. Die Reichweite beträgt 4500 Kilometer. Aufhorchen lassen vor allem die Dimensionen des Fliegers. Mit einer Länge von 36,9 Metern und einer Spannweite von 38,8 Metern bringt die Maschine ein maximales Startgewicht von 53,5 Tonnen in die Luft.

Besser als die Konkurrenz

Wenn die AG600 Ende Jahr abhebt, wird sie zum größten Flugboot der Gegenwart. Historisch wurden indes schon weit größere Wasserflugzeuge gebaut. So etwa die Hughes H4 Hercules, die 1947 einen einzigen Testflug absolvierte, aber nie in Dienst gestellt wurde. Dass dem chinesischen Flieger das gleiche Schicksal droht, ist nicht zu befürchten. Gemäß Hersteller sind bereits 17 Exemplare bestellt.

Bei Avic hofft man auch auf Anfragen aus dem Ausland. Das hohe maximale Startgewicht und die Reichweite gäben dem Flieger einen Vorteil gegenüber anderen amphibischen Flugzeugen, so ein Avic-Manager zu People’s Daily. «Verschiedene Länder mit vielen Inseln, wie Malaysia und Neuseeland, haben bereits Interesse gezeigt.»

Ansprüche im Meer

Das hochseetaugliche Wasserflugzeug kann auch als politisches Statement verstanden werden. Dies umso mehr, vor dem Hintergrund der zahlreichen Territorialkonflikte im Chinesischen Meer. Wenige Tage vor dem Rollout entschied ein internationales Schiedsgericht gegen Chinas Ansprüche im Südchinesischen Meer. Peking will das Urteil ignorieren. «Das Flugzeug wird bei der Entwicklung und Ausbeutung von Meeresressourcen sehr nützlich sein», so die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua, in einem Seitenhieb an die Nachbarstaaten.

China sorgte zuletzt mit mehreren ambitionierten Flugzeugprojekten für Aufsehen. Erst im Juni hat die Volksbefreiungsarmee die zwei ersten Militärtransporter vom Typ Xian Y-20 in Dienst gestellt. Obwohl die chinesischen Hersteller wohl noch lange nicht den internationalen Giganten Airbus und Boeing Konkurrenz machen können, zeigen die Probleme beim vergleichbaren Airbus A400M, dass Verzögerungen und Zwischenfälle kein ausschließlich chinesisches Problem sind.

C919 mit Potenzial

Ebenfalls seit Juni fliegt das chinesische Kurz- und Mittelstreckenflugezug Comac ARJ21 im Linienverkehr. Dem Flieger fehlt allerdings noch die Zulassung in Europa und in den USA. Bereits das nächste Modell C919 soll aber nicht nur in China, sondern weltweit zum Verkaufsschlager werden. Und es sieht gut aus – schon mehr als 500 Exemplare wurden vorbestellt.

Das Flugboot AG600 bleibt dagegen ein Nischenprodukt. Doch es passt zur eindrücklichen Gesamtbilanz der chinesischen Luftfahrt in diesem Jahr.