Letzte Aktualisierung: um 15:09 Uhr

Resistente Bakterien

Die gefährliche Mischung in Flugzeugtoiletten

Krankheitserreger, gegen die kein Antibiotikum mehr wirkt, werden zu einer immer größeren Gefahr. Das WC im Flieger trägt womöglich zur Verbreitung bei.

«Nie zuvor war die Bedrohung durch Antibiotika-Resistenzen unmittelbarer und die Notwendigkeit von Lösungen dringender», warnte kürzlich der Chef der Weltgesundheitsorganisation WHO. Gefährlich sei das, weil zu wenig neue Antibiotika auf den Markt kämen, um dieses Problem zu umgehen, so Tedros Adhanom Ghebreyesus. Und das hat auch mit der Luftfahrt zu tun.

Eine aktuelle Studie deutet darauf hin, dass Abwässer aus Flugzeug-Toiletten zur Bedrohung beitragen. Forscher verschiedener deutscher und internationaler Universitäten nahmen dafür Proben an fünf deutschen Flughäfen. Zwar nennt die Untersuchung nicht die Namen der Airports. Anhand der genannten Passagierzahlen ist aber klar, dass mit Frankfurt, München und Düsseldorf die drei größten dabei waren.

Resistenzen gegen drei oder mehr Antibiotika

Die Proben wurden aus den Fahrzeugen entnommen, in die Flugzeugabwässer abgepumpt werden. «Da die Tanks der Flugzeuge nur bei Bedarf geleert werden, enthält jeder Abwässer von mehreren Flügen», heißt es in der Studie. Die Wissenschaftler untersuchten die Proben auf antibiotikaresistente Bakterien und Resistenzgene. Zum Vergleich zogen sie entsprechende Werte von deutschen Kläranlagen mit und ohne Flughafenanbindung heran. Das Ergebnis: In den Proben aus den Flugzeugen fanden sich im Durchschnitt deutlich mehr und vielfältigere Resistenzen.

Zwei besonders deutliche Beispiele: Fast 90 Prozent der Kolibakterien aus den Fliegern waren gegen mindestens eines der getesteten Antibiotika resistent. In den kommunalen Kläranlagen lagen die Werte nur zwischen 45 und 60 Prozent. Auch der Anteil von multiplen Resistenzen gegen drei oder mehr Antibiotika war deutlich höher als bei den Vergleichswerten. In einer bestimmten Kombination überstieg der Wert aus den Flugzeugabwässern sogar den Wert aus deutscher Krankenhäusern um ein Mehrfaches.

Abwassertanks müssen besser erforscht werden

Als plausible Erklärung für die Ergebnisse nennt die Studie die Vermischung von Darmbakterien von Menschen aus verschiedenen Weltregionen, die durch die Flugzeugabwässer stattfindet. Allerdings betonen die Autoren, dass auch andere Faktoren entscheidend sein könnten, die aber noch nicht erforscht sind. So sei etwa denkbar, dass bestimmte Desinfektionsmittel, die oft in den Abwassertanks von Flugzeugen verwendet werden, eine Umgebung schaffen, welche die Entwicklung bestimmter Resistenzen begünstigt.

Die Wissenschaftler resümieren: «Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Abwässer aus Flugzeugen wirksam zur schnellen und globalen Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen beitragen können.» Sie schreiben weiter, dass die Flugzeugabwässer zwar mit anderen Abwässern vermischt und so quasi verdünnt würden.

Abwässer erst behandeln, dann vermischen

Allerdings könnten auch kleinste Menge von Resistenzgenen im Wasserkreislauf gefährlich werden. Aus dieser Sicht sei weniger die hohe Anzahl der Resistenzgene problematisch, sondern vielmehr, dass Gene vom anderen Ende der Welt in ein lokales Ökosystem importiert würden, wo sie bisher kaum vorkämen. Ähnliches gelte für die multiplen Resistenzen gegen mehrere Antibiotika.

Als Konsequenz aus ihren Erkenntnissen machen die Wissenschaftler zwei Vorschläge. Zum einen raten sie, die Prozesse in den Abwassertanks zu erforschen. Zum anderen empfehlen sie, die Abwässer der Flughäfen im Kampf gegen Resistenzen vorzubehandeln, bevor sie mit kommunalen Abwässern vermischt werden. Das sei bei der vergleichsweise geringen Menge wohl kostengünstiger und effektiver, als sich später um das Problem zu kümmern.

Keine unmittelbare Gesundheitsgefahr

Nicht beschäftigt haben sich die Forscher in dieser Studie übrigens mit Keimen in den WCs der Flieger. Für Passagiere bedeuten die Erkenntnisse zu den Resistenzen daher keine unmittelbare Gesundheitsgefahr – außer vielleicht, jemand greift direkt ins Klo.