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50 Jahre Tuifly

220 Millionen Reisende, Autos als Fracht und Cognac-Lackierung

Tuifly begeht ihr 50-jähriges Jubiläum. Mit einem Sonderflug feiert die Fluggesellschaft ihre wechselvolle Geschichte.

Was war sie nicht schon alles: Ferienflieger, Wet-Lease-Airline, Cargo-Fluggesellschaft, Billigfluglinie und auch mal Langstreckenairline. Heute, genau 50 Jahre nach ihrem Erstflug, ist Tuifly vor allem eins: Ferienfluggesellschaft. Insgesamt 220 Millionen Reisende sind im letzen halben Jahrhundert mit der Airline geflogen.

Gefeiert wird mit einem Sonderflug X3203 von Hannover nach Ibiza. Die Mittelmeerinsel war auch die erste Destination der damaligen Hapag-Lloyd Flug, wie die Airline damals hieß. Abflugort war am 30. März 1973 allerdings Hamburg.

Erstflugpilot mit an Bord

Geflogen hat die Boeing 727-100 damals Pilot Helmut Spitzer. Er ist auch auf dem heutigen Sonderflug dabei. Der mittlerweile 86-Jährige sieht sich als Geburtshelfer: «Wir haben damals aus einem Schifffahrtsunternehmen eine Flugfirma gemacht», sagt er. «Wir haben die Airline aus der Taufe gehoben.»

Die Geschichte der Fluggesellschaft ist dabei durchaus turbulent. Kurz nach dem Zusammenschluss der beiden großen Reedereien Hamburg-Amerika-Linie (Hapag) und Norddeutscher Lloyd zu Hapag-Lloyd richtete sich der Fokus auf den Luftverkehr. Die Deutschen hatten Geld und wollten in den Urlaub. Der Moment schien günstig. Im Juli 1972 wurde die Hapag Lloyd Flugzeug Gmbh gegründet.

Start mit drei Maschinen zum Schnäppchenpreis

Was fehlte, waren Flugzeuge. Aber nicht lange. Man kaufte All Nippon Airways zum Schnäppchenpreis von 2,5 Million D-Mark pro Stück drei Boeing 727-100 ab. Lackiert wurden die Maschinen in der in den 1970er-Jahren beliebten Farbe Orange, wobei die Airline selbst von Cognac sprach, gepaart mit einem blauen Streifen.

Der Erstflug startete am 30. März 1973 von Hamburg mit 125 Passagieren an Bord auf die spanische Mittelmeerinsel Ibiza. Das war der Startschuss einer goldenen Ära. Schon ein Jahr später bot die Fluggesellschaft Langstreckenflüge nach Mombasa und auf die Seychellen. 1979 flogen zwei Millionen Reisende mit der Airline und sie wurde so groß, dass sie die Konkurrentinnen Bavaria und Germanair übernehmen konnte.

Die Crew um Kapitän Helmut Spitzer (links) nach dem Erstflug im März 1973. Bild: Tuifly

Schwierige Integration

Damit wuchs die Flotte schlagartig auf 17 Maschinen, allerdings gestaltete sich die Integration der beiden Airlines als schwierig. Gleichzeitig stieg der Ölpreis und die Konkurrenz auf dem Ferienfliegermarkt nahm zu, das führte zu Überkapazitäten am Markt. Die Ticketpreise brachen ein und Hapag-Lloyd Flug suchte ihr Glück in Kurztrips nach Italien oder Norwegen.

Mit der Übernahme der beiden Fluggesellschaften war Hapag-Lloyd Flug auch plötzlich im Besitz eines Airbus A300 B4. Die Maschine war mit einem großen Frachttor ausgestattet und konnte auch Fracht im Oberdeck transportieren. Damit begann die kurze Zeit als Frachtairline.

Kurzes Fracht-Intermezzo

Im Sommer flog sie Urlauberinnen und Urlauber und im Winter Fracht. Hapag Lloyd flog so nach Afrika und Australien. Die beliebteste Fracht-Destination war allerdings schon Anfang der 1980er-Jahre Mallorca. Transportiert wurde alles, vom Auto bis zu Telefonanlagen. Gereicht haben die Einnahmen aus dem Frachtgeschäft nicht. Der Ausflug ins Frachtgeschäft war kurz. Nach nur zwei Jahren konzentrierte man sich wieder aufs Passagiergeschäft. 1984 lag der Verlust bei knapp 50 Millionen Mark.

Ein drastisches Sparprogramm rettete die Airline. Personal wurde entlassen, die Flotte reduziert und verschlankt. Es folgten Boom-Jahre. Der Fokus lag auf dem Kurz- und Mittelstreckengeschäft. 1989 legte die Fluggesellschaft auch wieder Langstreckenflüge auf.

Eine halbe Milliarde Euro investiert

Es folgte die erste große Flottenerneuerung. Die Airline setzte auf verschiedene Boeing-737-Varianten. Anfang der 1990er-Jahre wurde klar, dass ein moderneres, größeres Flugzeug her musste, das auf dem wachsenden Reisemarkt mithalten konnte. Die Airline-Führung investierte 1994 eine halbe Milliarde Euro in den Kauf von 16 Boeing 737-800. Die ersten Maschinen trafen 1998 ein.

Anfang der 1990er-Jahre starte Hapag Lloyd-Flug einen neuen Langstreckenversuch. Mit vier Airbus A310 legte man ein umfassendes Nordamerika-Programm auf. Im Zuge der «Open Sky»-Liberalisierung kam es zu einem Preisverfall. 2001 wurde das Projekt Langstrecke daher erneut aufgegeben.

Erste neue Livery

Mit dem Einstieg von Tui 1997 wurde Hapag-Lloyd Flug eine hundertprozentige Tochter des Reisekonzerns. 2002 änderte sie Lackierung. Das orange-blaue-Erscheinungsbild wich einem knalligen Gelb. Statt dem blauen Pfeil zierte das Tui-Smile in rot seitdem das Heck der Maschinen. Rund fünf Jahre später verschwand dann auch der Name – aus Hapag-Lloyd Flug wurde Hapagfly.

Anfang der 2000er boomten die Billigflieger. Ryanair startete 1999 ihren Siegeszug vom Flughafen-Hahn, Easyjet ließ sich am Flughafen Schönefeld nieder und auch Tui wollte ins Low-Cost-Geschäft einsteigen. Dazu gründete das Management 2002 Hapag-Lloyd Express (HLX). Die Maschinen flogen im New Yorker Taxi-Design.

Kurzzeitig Billigflieger

HLX war ein eigenes Unternehmen innerhalb des Tui-Konzerns. Die Airline betrieb aber keine eigenen Flugzeuge. Hapag-Lloyd Flug und Germania führten die HLX-Flüge im Wet-Lease durch. Der Reisekonzern hatte allerdings wenig Erfahrung mit Low-Cost. 2007 beendete man den Versuch der Billigairline. HLX und die bis dahin weiter existierende Hapagfly verschmolzen 2007 zu Tuifly. Erst drei Jahre später wurde die Hapag-Lloyd Fluggesellschaft mbH offiziell in TUIfly GmbH umbenannt.

Im selben Jahr wurde eine Fusion des Lufthansa-Billigfliegers Germanwings mit Tuifly geprüft. Condor wurde nach der gescheiterten Übernahme durch Air Berlin einbezogen. Die Verhandlungen scheiterten. Tui reduzierte die Flotte auf 38 Flugzeuge und stieg ins Wet-Leasing-Geschäft ein. 14 Maschinen wurden dauerhaft an Air Berlin vermietet. Seit 2014 fliegt Tuifly in der aktuellen blauen Tui-Lackierung.

Corona bremste Rückkehr der Langstreckenpläne aus

Kurz bevor die Corona-Pandemie die Welt lahmlegte, gab Tuifly bekannt, wieder ins Langstreckengeschäft einsteigen zu wollen. Geplanter Beginn war der Winterflugplan 2021/21. Dazu sollten zwei Boeing 787 am Flughafen Düsseldorf stationiert werden. Mit den Langstreckenmustern wollte Tui eigene Zubringer in die Karibik auflegen. Der Konzerm betreibt dort zahlreiche Hotels und eine eigene Kreuzfahrtflotte. Durch musste Pandemie Tuifly die Pläne aber auf Eis legen.

Heute betreibt die Airline eine reine Boeing-Flotte mit Boeing 737-800 und Boeing 737 Max 8. Die 737-800 soll in den kommenden Jahren durch 737 Max 8 und deren größere Schwester, die 737 Max 10 ersetzt werden. Im Einsatz sind die Maschinen an den Flughäfen Hannover, Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart und München.

160.000 Currywürste

In den vergangenen 50 Jahren flogen 220 Millionen Reisende mit der Airline, es gab fünf verschiedene Uniformen und es wurden 160.000 Currywürste ausgegeben. Das Ziel bleibt gleich. «Wir haben viele Farben und Logos gesehen, aber unsere Aufgabe ist und bleibt es, unsere Gäste in den Urlaub zu fliegen», so der Purser auf dem Jubiläumsflug.

In der oben stehenden Bildergalerie sehen Sie Bilder aus der Geschichte von Tuifly. Wenn Sie auf eines der Fotos klicken, öffnet sich die Galerie im Großformat.