Letzte Aktualisierung: um 11:30 Uhr

Restauriert

Wenn die Piste mit einem Triebwerk von Schnee befreit wird

In Varna wurden die Vorfeldflächen jahrelang auf ungewöhnliche Weise von Schnee und Eis befreit: mit dem Abgasstrahl eines Kampfjets. Das spezielle Gefährt wurde nun restauriert.

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Not macht erfinderisch: Im Winter 1978/79 sanken die Temperaturen in Mitteldeutschland binnen kürzester Zeit um 30 Grad. Der Braunkohletagebau und damit die Stromversorgung in der DDR kamen fast vollständig zum Stillstand, da die eisigen Temperaturen sowohl den Boden als auch die Fördertechnik einfrieren ließen. Als selbst das Militär nicht helfen konnte, griffen die Verantwortlichen zu einer etwas unkonventionellen, aber durchaus effektiven Methode.

Die Idee: Ein ausgemustertes Strahltriebwerk eines Kampfjets wurde auf einem Lkw montiert, um mit den heißen Abgasen die eingefrorene Technik aufzutauen. Der Erfolg war jedoch begrenzt: Schmierstoffe, Gummileitungen und Kabel verbrannten. Letztlich wurde zwar viel Treibstoff verbrannt, die Produktion stand jedoch weiter still. Hätte man die Technik genutzt, um Straßen von Schnee und Eis zu befreien, wäre der Plan möglicherweise erfolgreicher gewesen.

Jahrelang in Varna im Einsatz

Dass der Plan funktioniert, hat der Flughafen der bulgarischen Stadt Varna bewiesen. Zwar fallen die Temperaturen in der Küstenstadt am Schwarzen Meer nur selten unter null Grad, aber wenn mal Schnee und Eis lag, wurden die Vorfeldflächen jahrelang mit einem alten MIG-17 Strahltriebwerk, das auf einem Lkw Typ MAZ-200 aufgebaut war, weggepustet. Allein das Triebwerk wog knapp 900 Kilogramm und war knapp 2,6 Meter lang.

Erst 2008 wurde die einzige Jet-Blast-MAZ-200-Schneefräse der Welt ausgemustert. Der Grund lag nicht nur im hohen Kerosinverbrauch, sondern auch an den erheblichen Schäden, die die heißen Abgase am Beton hinterließen. Zudem entsprach diese Technik weder wirtschaftlichen noch ökologischen Standards. Der ungewöhnliche Lkw, Baujahr 1962, wurde daraufhin stillgelegt und geriet nach und nach in Vergessenheit.

Teil der Flughafengeschichte

Gerade weil das Gefährt eine Rarität darstellt, hat es einen festen Platz in der Luftfahrtgeschichte des Flughafens Varna. Um dieses besondere Stück Technik zu bewahren, hat sich die Betreibergesellschaft Fraport zusammen mit Sponsoren im vergangenen Jahr entschieden, das Fahrzeug zu restaurieren. Die Arbeiten sind abgeschlossen und haben etwa ein Jahr in Anspruch genommen, teilt Fraport gegenüber aeroTELEGRAPH mit.

Die Restaurierung lässt den Jet-Blast-Lkw aus Varna in neuem Glanz erstrahlen. Dabei wurde die Elektrik grundlegend ausgetauscht und überarbeitet, und auch das Kraftstoffsystem erhielt eine gründliche Reinigung und neue Dichtungen. Fahrgestell und Karosserie wurden ebenfalls erneuert. Beides wurde neu lackiert und Ziergitter wurden aufgearbeitet. Der Jet-Tank wurde lackiert und auch das RD-45FA-Strahltriebwerk wurde aufgearbeitet.

Fahrerkabine aus Holz

Der MAZ-200 gehört wohl zu den ältesten noch erhaltenen Nutzfahrzeugen in Bulgarien, die aus sowjetischer Produktion stammen. Er wird von einem Diesel-Zweitaktmotor angetrieben und weist eine interessante Besonderheit auf: Aufgrund von Materialknappheit bestehen viele Teile der Fahrerkabine aus Holz. Außerdem war der MAZ-200 der erste sowjetische Lastwagen, der mit einem Drehzahlmesser ausgestattet war. Zwischen 1947 und 1965 wurden rund 230.000 Exemplare dieses robusten Lkws produziert.

Über die Restaurierung freut sich auch Manol Atanasov, er war einer der letzten Fahrer des Lkw vor seiner Ausmusterung vor 16 Jahren. «Das Fahrzeug ist schwer zu steuern und erfordert volle Konzentration», erklärt Atanasov. Die Schleudergefahr und die komplexen Prozeduren machten sie zu einem der anspruchsvollsten Fahrzeuge, die er je gefahren sei. Wegen ihres Druckluftmotors ähnelt sie einem Flugzeug und benötigt drei Personen zum Starten sowie zwei Fahrer während des Betriebs.