Nach Vorfällen mit Rauchentwicklung warnen die Luftfahrtbehörden der USA vor Risiken durch ein wenig bekanntes Notfallsystem. Es gehört zu Leap-Triebwerken von Boeing 737 Max und Airbus A320 Neo. Pilotinnen und Piloten sollen gezielt geschult werden.
Im März 2023 musste ein Southwest Airlines-Flug von Kuba nach Florida wegen eines Vogelschlags und Triebwerksproblemen umkehren, weil sich die Kabine mit Rauch füllte. Im Dezember ereignete sich ein ähnlicher Vorfall in New Orleans, bei dem es nach einem Vogelschlag erneut zu Rauchbildung im Cockpit kam. In beiden Fällen konnten das Cockpitpersonal das Flugzeug sicher landen.
Und in beiden Fällen gab es keinen Brand an Bord; stattdessen war eine Sicherheitsvorrichtung des Triebwerks der Auslöser. Das Leap-1B-Triebwerk der 737 Max, hergestellt von CFM International, verfügt über ein Sicherheitssystem namens Load Reduction Device oder kurz LRD, das die Schaufeln vom Rotor trennt. Bei schweren Schäden an einer Schaufel, etwa durch einen Vogelschlag, können die beschädigten Teile zu einem Ungleichgewicht und Vibrationen führen.
Dabei kann es passieren, dass Öl in den Strömungspfad gelangt, wodurch Rauch und Dämpfe zu den Zapfluftöffnungen geleitet werden, die die Luft für das Cockpit und die Kabine bereitstellen. Allerdings wussten viele Pilotinnen und Piloten nicht, dass die Triebwerke über diese Funktion verfügen. Auch im Handbuch der Boeing 737 Max fand sich lange nichts. Dieses Manko scheint auch zwei Jahre später noch nicht vollständig behoben zu sein.
Denn am Mittwoch (18. Juni) sah sich die Verkehrssicherheitsbehörde der USA das NTSB veranlasst, eine Sicherheitswarnung herausgegeben, weil sie fürchtet dass Cockpitbesatzungen das LRD-System oder die Folgen seiner Aktivierung möglicherweise nicht verstehen. Daher fordert sie die US-Luftfahrtbehörde FAA auf, sicherzustellen, dass die Betreiber von Flugzeugen mit den betroffenen Triebwerken ihre Flugbesatzungen entsprechend informieren.
«Es ist von entscheidender Bedeutung sicherzustellen, dass Piloten, die Flugzeuge fliegen, die mit Leap-1B-Triebwerken von CFM International ausgerüstet sind, sich der Möglichkeit von Rauch im Cockpit voll bewusst sind, wenn das LRD während einer kritischen Flugphase (Start oder Landung) aktiviert wird», heißt es in einem Abschlussbericht vom 18. Juni zum Vorfall im Dezember 2023.
Zudem empfiehlt die Behörde, dass die geplanten Änderungen an der Triebwerkssoftware zügig abgeschlossen werden sollen. Boeing und CFM entwickeln eine entsprechende Softwaremodifikation, die voraussichtlich im ersten Quartal 2026 fertiggestellt wird. Diese Änderung wird automatisch ein Ventil im System schließen und damit das Risiko für die Personen an Bord minimieren.
Neben der FAA hat die Verkehrssicherheitsbehörde NTSB auch die Zivilluftfahrtbehörden Europas und Chinas aufgefordert, die potenziellen Risiken des Systems für die in den Airbus A320 Neos verbauten Leap-1A-Triebwerken und den Leap-1C-Triebwerken in der Comac C919 zu überprüfen.