Flieger von Lufthansa Cityline: Zukunftsängste quälen die Crews
Internes Schreiben

Lufthansa Cityline: Pilotinnen und Piloten plagen Zukunftsängste und machen mehr Fehler

Kaum jemand wechselte von Lufthansa Cityline zu Lufthansa City Airlines. Doch wer bleibt, hat eine unsichere Zukunft. Das fördert die Unsicherheit – auch im Cockpit. Pilotinnen und Piloten machen laut einer internen Mitteilung häufiger Fehler.

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Es war offensichtlich ein wenig attraktives Angebot. Im vergangenen Jahr erhielten Pilotinnen und Piloten von Lufthansa Cityline von der neuen Schwester Lufthansa City Airlines eine Offerte zum Wechsel. Sie hatten Zeit, sich bis Ende Dezember zu bewerben und dann mit neuen Konditionen dort weiterzuarbeiten. Getan hat das deutlich unter zehn Prozent des Cockpitpersonals von Cityline, wie City-Airlines-Chef Peter Albers kürzlich im Interview mit aeroTELEGRAPH verriet.

«Die maximalen Arbeitstage am Stück werden länger, die freien Tage kürzer. Urlaub kann frühestens drei Monate im Voraus angefragt werden», berichten Mitarbeitende der Airline. Die Aktivierungszeit bei Bereitschaftsdiensten sinke von 90 auf 60 Minuten, so ein weiterer Kritikpunkt der Betroffenen bei Lufthansa Cityline. «Selbst wenn man die etwa 20 Prozent weniger Gehalt in Kauf nehmen würde, können sich alle diese Änderungen die meisten Kollegen und Kolleginnen wegen ihrer familiären Situation nicht leisten.»

Lufthansa City Airlines wächst, Cityline verschwindet

Doch was ist für sie die Alternative? Lufthansa-Group-Chef Carsten Spohr machte schon vor einem Jahr klar, dass Cityline keine Zukunft mehr hat. Sie habe «unsere Drehkreuze 30, 40 Jahre lang bedient. Aber das wird in den nächsten Jahren ein Ende haben», sagte er im Juni 2024. Und: «Lufthansa City Airlines wird hauptsächlich Lufthansa Cityline ersetzen», so der Konzernchef.

Für alle Angestellten von Lufthansa Cityline bedeute das eine wachsende Unsicherheit, heißt es in einem Sonderschreiben der Abteilung Flugsicherheit der Airline, das aeroTELEGRAPH vorliegt. Es spricht von «größter Ungewissheit, Unsicherheit, auch offener Wut» sowie «nachvollziehbaren Ängsten zur finanziellen und beruflichen Zukunft». Und das könne die Sicherheit beeinträchtigen.

Unsicherheit beschäftigt Cityline-Personal auch im Flug

Das sei auch der Grund, warum man sich die Abteilung Flugsicherheit von Lufthansa Cityline überhaupt mit dem Problem beschäftige. «Wir beteiligen uns grundsätzlich nicht an Firmenpolitik oder der Bewertung von Unternehmensentscheidungen», halten die Verfasser fest. «Wir bringen unsere Expertise jedoch ein, wenn es um Identifikation und Bewertung potenzieller Risiken geht, die sich durch solche Veränderungen entwickeln könnten oder sich bereits entwickelt haben.» Und das sei aktuell der Fall.

Die Flight-Safety-Abteilung verzeichnet laut dem Schreiben eine zunehmende Zahl von Vorfällen, die nach Einschätzung der Autorinnen und Autoren «mindestens als beitragender Faktor» im Kontext der Zukunftsängste des Cockpitpersonals von Lufthansa Cityline stehen. Dazu zählen unter anderem Übersteuerung bei manuellem Flug in geringer Höhe, fehlerhafte Konfigurationen und falsche Klappeneinstellungen beim Start und bei der Landung, problematische Reaktionen auf GPS-Störungen sowie Vorfälle beim Rollen mit potenziellem Kollisionsrisiko.

Angst negativer Faktor bei menschlichen Fehlern

Selbstverständlich sei nicht jedes falsch verbaute Ersatzteil und nicht jede versehentlich abgeschossene Notrutsche eine direkte Konsequenz von Entscheidungen des Managements. «Die Häufung der Vorfälle, die zahlreiche schriftliche Evidenz zu untypischen Fehlern von Crews, die Berichte über Gespräche zur Zukunft, die teilweise bis in Bodennähe geführt werden, sind zumindest Grund genug, einen Zusammenhang anzunehmen», heißt es aber in dem Schreiben der Flugsicherheitsabteilung von Lufthansa Cityline.

Die interne Information verweist auf Forschungsergebnisse des Human-Factors-Experten Heiner Bubb, wonach bei komplexen Aufgaben unter Stress die Fehlerrate stark steigt – teils auf einen Fehler alle 30 Sekunden. Gleichzeitig betonen die Autorinnen und Autoren des Lufthansa Cityline-Schreibens, dass 80 Prozent der sicherheitskritischen menschlichen Fehler in einer stabilen Arbeitsatmosphäre vermieden oder rechtzeitig korrigiert werden können.

Trotz allem bleibt die Sicherheit bei Lufthansa Cityline hoch

Zur Unterstützung der Crews von Lufthansa Cityline in dieser Phase verweist die Flugsicherheitsabteilung auf bereits bestehende Angebote wie die anonyme Kontaktstelle für psychische Probleme und kündigt die Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Trauma- und Konfliktmanagement in Köln an. Die Gespräche dort seien «absolut vertraulich» und würden «nicht an die Firma weitergegeben». Das Zentrum verfüge über langjährige Erfahrung in der Betreuung von Crews und sei für die besonderen psychischen Belastungen im Luftfahrtumfeld sensibilisiert.

Trotz aller Herausforderungen würdigt das Schreiben das hohe Sicherheitsniveau des laufenden Betriebs bei Lufthansa Cityline. «Es gelingt Euch und dem gesamten operativen Personal, trotz der als bedrohlich empfundenen Lage einen in weiten Teilen sicheren und erfolgreichen Flugbetrieb aufrechtzuerhalten.» Dennoch ruft die Abteilung dazu auf, im Zweifel auf Nummer sicher zu gehen. «Bei Zweifeln ist das Nichtantreten beziehungsweise der Abbruch des Dienstes die einzig richtige Option.» Das, so berichten Mitarbeitende, werde auch vermehrt getan. Negative Konsequenzen müsse man dabei nicht befürchten.

Lufthansa nennt Information des Personals als Ziel des Schreibens

Ein Sprecher von Lufthansa Group bestätigt, dass sich Lufthansa Cityline «in einem umfassenden Veränderungsprozess» befindet. Daher führe man derzeit zahlreiche Informationsveranstaltungen durch und versende Informationsschreiben, um die Mitarbeitenden der Fluggesellschaft über alle aktuellen Entwicklungen zu informieren. Das Schreiben der Abteilung Flugsicherheit h habe zum Ziel, «auf Beratungs- und Unterstützungsangebote hinzuweisen, die den Pilotinnen und Piloten von Cityline zur Verfügung stehen». Das sei eine «in Flugbetrieben übliche Vorgehensweise».

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