Die «MS Galileo» lief 1992 als Zweimaster vom Stapel. 2016 spendierte Variety Cruises dem Schiff eine Schönheitskur und einen dritten Mast. Wozu, fragt man sich nach sieben Tagen an Bord. Trotz guten Windes an fast allen Tagen wurden die Segel nur ein einziges Mal für eine Stunde gesetzt – und das auch noch stark gerefft.
Bordleben & Gäste
Die 45 Passagiere kommen mehrheitlich aus den USA, Australien und Kanada, was für ein internationales Ambiente an Bord sorgt. Die Crew der «MS Galileo» stammt aus Mauritius, Ägypten, Indonesien und der Ukraine.
MS-Galileo auf Hoher See Variety-Cruises
16 Kabinen befinden sich im «Bauch» des Schiffs, neun weitere liegen zwei Decks höher auf dem Upper Deck. Den Kabinen im Lower Deck sieht man an, wie munter und effektiv der Zahn der Zeit an ihnen nagt.
Kapitän Vasilis & der Zeibekiko
Der Kapitän der «MS Galileo» ist einer wie aus dem Bilderbuch: Er heißt Vasilis, taucht während der Badepausen gern nach Tintenfisch und trägt seinen Wohlstandsbauch mit Würde. Eines kann der stoische Vasilis mindestens genauso gut, wie unseren Dreimaster sicher durch die Untiefen vor Delos zu manövrieren: Tanzen.
MS Galileo über die Gangway zum Baden Peter Pfänder
Am vorletzten Abend legt Vasilis zu Rembetiko-Klängen einen Zeibekiko auf den weißblauen Teppichboden. Freestyle. Der Zeibekiko wirkt wie eine Mischung aus orientalischer Dabke, Breakdance und Schuhplattler. Dieser Tanz kennt keine Regeln, nur eine: Wenn ein Mann den Zeibekiko tanzt, bleiben alle anderen sitzen. Mitzutanzen wäre Ehrabschneiderei und hätte einem in den 1920ern in Piräus’ Hafenbeizen noch einen Messerstich beschert.
Etwas Nostalgie auf dem Meer
Auf der «MS Galileo» kommt nostalgisches Seefahrt-Gefühl auf, obwohl sich das mit dem Segeln als Luftnummer erwies: Man ist nur wenige Meter über dem Meer unterwegs, und viel Holz statt laminiertem Kunststoff und Aluminium prägt die Haptik des Schiffs.
Blick aus dem Bullauge auf MS Galileo Peter Pfänder
Besonders viel Spaß macht der Blick aus dem Kabinen-Bullauge bei Wind und voller Fahrt: Das aufgewühlte Meer schäumt wie in der Waschmaschine vor dem massiven Messing-Rund, während der Diesel die fast 500 Tonnen durch die kykladischen Gewässer prügelt.
Route mit Klassikern & Geheimtipps
Der Fahrplan der «MS Galileo» hält sowohl Insel-Geheimtipps als auch die touristischen Großkaliber Santorin und Mykonos bereit. Die Route führt über Poros und Poliegos nach Folegandros, Santorin, Antiparos und Paros, Delos, Mykonos und Syros. Aufgrund von Sturm wird statt Kythnos und Kap Sounion die Saronische Insel Ägina angelaufen.
Nach einem ausgiebigen Bade- und Schnorchelstopp vor einer Bucht der Insel Poliegos geht die Reise weiter nach Folegandros. Deren sehenswerte Chora klebt, ähnlich wie Oia auf dem 40 Kilometer entfernten Santorin, direkt an einer 200 Meter hohen Klippe.
Folegandros: Geschichte & Genuss
Die Insel zählte erst 1975 ihre ersten Touristen. Bis dahin diente das Eiland der Militärjunta in Athen als Verbannungsort für politische Gefangene. Kurz zuvor hatte die Insel erst Strom bekommen.
Kykladen im späten Oktober ein Traum Peter Pfänder
Die «MS Galileo» macht im kleinen Hafen von Karavostasis fest. Von dort aus bringt uns der Bus zur Chora, vorbei an der Panagia-Kirche von Paliokastro mit ihrer weißen Zickzack-Treppe. Enge Gassen und hübsche kleine Plätze prägen das Bild. Das Restaurant «Belégra» begeistert uns mit seiner erstklassigen Küche, die sich wohltuend vom andernorts servierten öltriefenden Moussaka-Bifteki-Tzatziki-Einerlei abhebt.
Das Wunder von Santorin
Am kommenden Morgen trauen wir unseren Augen kaum. Die «MS Galileo» liegt in der bis zu 600 Meter tiefen Caldera von Santorin, und weit und breit ist kein anderes Schiff zu sehen. Der Cruise Coordinator jubelt: Das habe es seit Monaten nicht gegeben. Üblicherweise liegen in der Caldera drei bis vier Kreuzfahrtschiffe, aus denen sich bis zu 15.000 Passagiere erst über die kleine Seilbahn und dann über die Orte Thira und Oia mit ihren weißen Häuserkaskaden ergießen.
Santorin ohne Cruiser in der Caldera Peter Pfänder
An «normalen» Tagen betrage die Wartezeit vor der Seilbahn, die die Landgänger wieder runter zum Alten Hafen und den Tenderbooten bringt, bis zu zwei Stunden, erzählt der Guide.
Seltene Ruhe auf der Caldera
Das erste Schiff, das an diesem Tag noch in der Caldera aufkreuzt, ist die «Celestyal Olympia», die erst am späten Nachmittag anlegt. So genießen wir ohne Hektik und in Ruhe, wie das sonntägliche Glockenspiel statt brüllender Guides den Ton angibt und in Oia der Liturgiegesang aus der Panagia Akathistos für eine geradezu besinnliche Stimmung sorgt.
MS-Galileo neben Mega Cruise Ship Peter Pfänder
Nur zehn Minuten sind es Sunset View Point auf dem alten Kastro. Für diese Strecke benötigt man beim ansonsten üblichen Geschiebe gern 45 Minuten. So dürfte es am Folgetag ab 8 Uhr morgens zugegangen sein, als «Norwegian Jade», «MSC Musica», «Carnival Pride» und «Resilient Lady» mit insgesamt 35.000 Passagieren an Bord eingelaufen sind …
Schöne Überraschung: Syros
Ermoupoli, der Hauptort der bevölkerungsreichsten Insel der Kykladen, ist auf angenehme Weise «untouristisch»: Cafés, Bars und Läden richten sich vor allem an die Insulaner. Die wenigen Unterkünfte sind zu Boutiquehotels umgebaute Altstadthäuser.
Lange bevor Athen und Piräus aufstiegen, war Syros Griechenlands Handels-, Schifffahrts- und industrielle Herz, 1860 liefen fast 70 Prozent der griechischen Importe über den Hafen von Ermoupoli.
Architektur, Gassen & Jasmin
Die über 750 Bürger- und Bankhäuser und das an die Mailänder Scala angelehnte Opernhaus von Ermoupoli sind weit weg vom typischen Kykladenbild. Doch bis zu diesem vertrauten Bild ist es nicht weit: Ano Syros zieht sich steil und über viele Treppen den Berg hinauf, beduftet von mächtigen Jasminsträuchern und Bougainvillea-Bäumen.
Detail an Bord der MS Galileo Peter Pfänder
Dort wurde vor über 120 Jahren Markos Vamvakaris geboren. Der begnadete Bouzoukispieler gilt als Vater des Rembetiko. Er arbeitete als Hafenarbeiter und Fleischer in Piräus, um seine Familie ernähren zu können. In den Hafenkneipen war damals der Rembetiko populär: Die Musik galt als der Sound der Kiffer, Taschendiebe, Ganoven und Anarchisten. Vamvakaris gelang es mit der Gründung des Ensembles «Ksakousti Tetras tou Pirea», diese Musik aus dem Dunstkreis der Verrufenheit zu holen.
Rembetiko auf See
Das von Antonis Maragos organisierte Rembetiko-Festival auf Syros ist der jährliche Höhepunkt für Fans dieser Halsabschneidermusik. Antonis gab Crew und Passagieren an Bord der «MS Galileo» eine längere Kostprobe seines Könnens an der Bouzouki und lockte dabei auch Captain Vasilis zu einer Tanzeinlage aufs Parkett …
Flug von München nach Athen mit Lufthansa, Aegean ab 220 Euro, ab Zürich mit Swiss ab 240 Sfr.
Bei Direktbuchung über die Reederei Variety Cruises kostet die hier beschriebene, 7-tägige Seereise «Jewels of the Cyclades» ab/bis Athen ab 1.295 Euro pro Person.
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