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Kaltenkirchen

Hamburgs nie verwirklichter Großflughafen

Seit über einem Jahrhundert befindet sich Hamburgs Verkehrsflughafen in Fuhlsbüttel. Ein in den 1960er-Jahren geplanter Nachfolger außerhalb der Stadt wurde nie realisiert.

Kaltenkirchen ist eine typische norddeutsche Stadt in Schleswig-Holstein. Etwa 20 Kilometer nördlich der Hamburger Stadtgrenze gelegen, prägen hier viele Gebäude im roten Klinkerstein und flaches Land mit Windrädern am Horizont das Bild. Den Flugverkehr der großen Hansemetropole bekommen die etwa 20.000 Einwohner kaum mit.

Steuern Flugzeuge über Norden den Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel an oder verlassen ihn in die Richtung, passieren sie Kaltenkirchen mit einigen Kilometern Entfernung. Dabei hätte es anders kommen sollen. Einst wurde für Hamburg ein neuer Großflughafen geplant. Der vorgesehene Standort: Kaltenkirchen.

Von Frankfurt abgehängt

Anfang 1960er-Jahre gab es entsprechende Pläne. Außerhalb der Hamburger Stadtgrenzen sollte ein Großflughafen mit Potenzial zum Wachsen entstehen. Dicht besiedelt wie heute war Kaltenkirchen damals noch nicht. 1962 einigten sich die Länder Schleswig-Holstein und Hamburg auf den Bau eines Fuhlsbüttel-Nachfolgers östlich von Kaltenkirchen.

Erst wenige Jahre zuvor hatte die Hansestadt erlebt, was die Größe eines Flughafens ausmachen kann. Noch bevor die Lufthansa 1960 mit der Boeing 707 ihren ersten Düsenflieger bekam, beschloss sie ein Jahr zuvor den Betrieb ihres ersten Langstreckenjets in Frankfurt am Main. Auf dem einstigen Stützpunkt der amerikanischen Luftwaffe waren die Startbahnen für vollbetankte Jets lang genug – in Hamburg-Fuhlsbüttel jedoch nicht.

Hamburg wuchs schnell

Rechtzeitig zur Einflottung der Boeing 707 holte Hamburg in Sachen Pistenlänge zwar auf. Mit Einzug des Jetverkehrs zeichnete sich in Fuhlsbüttel aber ein anderes Problem ab. Wegen zunehmender Passagierzahlen wurde der Flughafen schnell zu klein.

Die sehr zentrale Stadtlage machte nötige Ausbauten zwar nicht unmöglich, doch wurde die Umsetzung knifflig. Die vielen Anwohner störten sich  am Fluglärm.

Vier Start- und Landebahnen, sechs Terminals

Ganz anders war die Situation im ländlichen Kaltenkirchen. 1965 und nochmals mit Änderungen 1971 erhielt Hamburgs Flughafengesellschaft eine Baugenehmigung. Vier parallele Landebahnen mit 4000 Meter Länge und sechs Terminals waren im Masterplan vorgesehen.

Mit 80 Flugsteigen und 40 weiteren Stellflächen für Flugzeuge hätten 30 Millionen Passagiere pro Jahr abgefertigt werden sollen, berichtet das Portal Airport History. Bei Bedarf hätten vier weitere Terminals nachgebaut werden können. Mit vorerst einem Terminal sollte der Flugbetrieb bereits 1975 starten.

Fuhlsbüttel hielt sich über Wasser

Doch Widerstand aus der Politik sowie ein Abflachen des Wachstums des Hamburger Flugverkehrs verzögerten das Vorhaben. 1980 hob ein Verwaltungsgericht einen Planfeststellungsbeschluss wieder auf. Mit stetigen Ausbauten schlug sich Fuhlsbüttel wacker durch die 1960er- und 70er-Jahre. Ein Nachfolger erschien nicht mehr so dringend nötig wie noch zwanzig Jahre zuvor.

Die gekauften Flächen befinden sich dennoch immer noch im Besitz der Hamburger Flughafenbetreiberin. 2003 kaufte sie sogar nach. «In den 1980er-Jahren verschwand das Thema nicht von der Agenda. Die Landesregierungen in Hamburg und Kiel nahmen die konkreten Planungen für den Flughafen Kaltenkirchen zwar nicht wieder auf. Dennoch sind die für den Flughafen vorgesehenen Flächen bis heute im Besitz des Flughafens Hamburg, was eine Realisierung grundsätzlich ermöglicht», schreibt Autor Martin Probost in einem neuen Buch zum Flughafenprojekt Kaltenkirchen.

Immer wieder rausgekramt

Anfang der 2000er-Jahre wurde die Idee etwa im Zuge der Olympia-Bewerbung Hamburgs wieder öffentlich diskutiert. 2017 schlugen Stadtplaner und Naturschützer vor, einen Bau zu überprüfen. Dahinter stehen dieselben Gründe, die bereits in den 1960er-Jahren das Projekt auslösten. Diese haben sich über die Jahrzehnte weiter zugespitzt. Die Lärmbelastung um Fuhlsbüttel ist zum großen Streitthema geworden.

Derweil wird in der zweitgrößten Stadt Deutschlands dringend Platz für neue Wohnungen gebraucht, den ein stillgelegter Flughafen reichlich bietet. Doch ebenso gestiegen sind auch die Hürden für den Flughafen Kaltenkirchen. Nicht nur ist die Umgebung um die Stadt dichter besiedelt, auch haben sich Umweltauflagen verschärft.

Hoher Widerstand wahrscheinlich

Wie schief und teurer als geplant heutzutage der Bau eines großen Verkehrsflughafens gehen kann, machte Berlin in den vergangenen neun Jahren mit dem kürzlich eröffneten BER vor. Ein möglicher Flughafen Hamburg-Kaltenkirchen dürfte auf jeden Fall wieder Gegner haben.

 

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