Was auf den Weltmeeren begann, setzte sich bald in der Luft fort: Am 9. September 1972 kündigte die traditionsreiche Reederei Hapag-Lloyd an, künftig auch zu fliegen. Damit wollte sie, das bereits auch auf Schiene und Straße aktiv war, ihr Transportnetz komplettieren.
Ein halbes Jahr später, am 30. März 1973, hob der erste Ferienflieger mit dem IATA-Code HF von Hamburg nach Ibiza ab. Deutschland hatte eine neue Touristikairline. Für den Anfang genügten drei gebrauchte Boeing 727-100 mit je 131 Sitzen, übernommen von All Nippon Airways.
Hapag-Lloyd wollte auf Augenhöhe mit Condor fliegen
Schon 1973 zählte Hapag-Lloyd Flug 173 Mitarbeitende und 220.000 Passagiere. Der Erfolg ermöglichte rasche Expansion: Acht Boeing 727-100 und drei neue Boeing 727-200 mit 180 Sitzen machten die Flotte bis Ende der 1970er-Jahre elf Flugzeuge stark.
Eine Boeing 727 in den blau-orangen Farben von Hapag-Lloyd Flug. Sammlung Döbberthin
Hapag-Lloyd wollte auf Augenhöhe mit Condor fliegen - und schaffte das auch fast. 1977 übernahm sie Bavaria Germanair, die selbst aus Bavaria und Germanair hervorgegangen war. Sieben BAC 1-11 und vier Airbus A300 B4 stießen hinzu. Hapag-Lloyd bestellte zudem fünf eigene A300 B4 und wuchs so zur zweitgrößten deutschen Ferienfluglinie heran. 1980 betrieb sie 27 Flugzeuge und beförderte ein Viertel aller deutschen Pauschalreisenden - ein kometenhafter Aufstieg
Hapag-Lloyd Flug ging auf die Langstrecke
Er wurde allerdings bald durch Ölkrise und hohe Fusionskosten gebremst. Lärm, Treibstoffverbrauch und Kosten der 727 und BAC 1-11 zwangen zur Flottenmodernisierung. Sechs Boeing 737-200 ersetzten 18 ältere Jets, die Belegschaft schrumpfte um 700 Personen.
Mitte der 1980er-Jahre kehrte Hapag-Lloyd Flug wieder in die Gewinnzone zurück und modernisierte weiter: Airbus A310 ersetzten die A300 B4, und mit der Boeing 737 kam 1988 neues Sparpotenzial. Die Flotte wuchs auf 17 Exemplare. Erstmals flog Hapag-Lloyd auch Langstrecke - nach Mombasa, New York, Toronto und in die Karibik.
Weltpremiere - Boeing 737 mit Winglets
1998 begann ein neues Kapitel: 27 Boeing 737-800 kamen bis 2001, alle mit dem Kundenkürzel K5 und - als Weltpremiere - mit den neuen Winglets. Sogar nächtliche Postflüge zwischen Hannover und Stuttgart übernahm man noch.
Eine Boeing 737 Classic des Ferienfliegers. Sammlung Döbberthin
Im Juli 2000 sorgte ein A310-Zwischenfall für Schlagzeilen: Wegen blockiertem Fahrwerk musste die Maschine bei Wien notlanden - ohne Todesopfer, aber mit großem Medienecho. Mehrheitseigner Preussag, bald vollständig in Tui integriert, entschied kurz darauf, alle Konzernairlines unter einem Dach zu vereinen.
«Fliegen zum Taxipreis»
Die D-AMAH: Vorne Tuifly-Design, in der Mitte HLX, hinten Hapag-Lloyd Flug. Leserbild: Jonas Abend - Instagram: jonas.spotting
2006 verschwand der Name Hapag endgültig vom Himmel. Hapagfly und HLX gingen in Tuifly auf – mit gelbem Rumpf, rotem Smiley und IATA-Code X3. Auch die Schwestergesellschaften in Großbritannien, den Niederlanden, Belgien und Skandinavien erhielten das Tui-Branding. Später kehrte man farblich zum Himmelblau zurück.
Treue zu Boeing – bis heute
Bis heute bleibt Tuiflyy Boeing-Kunde. Die Flotte besteht aus Boeing 737-800 und 737 Max 8, insgesamt 22 Flugzeugen. Langstreckenpläne mit der Boeing 787 wurden pandemiebedingt gestoppt. Größter deutscher Abflughafen ist aktuell Düsseldorf, gefolgt von Hannover und Frankfurt. Bedient werden 30 Ziele in elf Ländern mit rund 560 wöchentlichen Flügen – allen voran Mallorca, Heraklion und Rhodos.
Und auch wenn von Hapag-Lloyd nur noch die Erinnerung bleibt: Der maritime Ursprung schwingt bis heute mit – bei jedem Start eines Tuifly-Jets in Richtung Strand.
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