Rettungskräfte am Wrack der Vickers Vanguard: Von 145 Insassen überlebten nur 37.

Rettungskräfte am Wrack der Vickers Vanguard: Von 145 Insassen überlebten nur 37.

ETH-Bibliothek Zürich Bildarchiv/<a href="https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/" rel="noopener" target="_blank">CC BY-SA 4.0</a> (bearbeitet)

Flug IM435 von Invicta International Airways

Das schwerste Flugzeugunglück in der Schweiz

Im April 1973 verloren zwei Piloten einer Vickers Vanguard von Invicta International im Anflug auf Basel die Orientierung. Im dichten Schneetreiben krachte das Flugzeug in einen Berg. 108 Menschen starben.

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Dass Meteorologen im Kontakt mit Flugsicherungen stehen, ist etwas ganz Normales. Am 10. April 1973 erhielt der Kontrollturm des Flughafen Basel jedoch eines höchst ungewöhnlichen - und beunruhigenden - Anruf eines Wetterforschers: Nur wenige Augenblicke zuvor war ein Flugzeug mit vier Motoren in nur 50 Meter Höhe über die Wetterwarte Binningen geflogen.

Für einen Anflug auf den Flughafen von Basel war das Flugzeug viel zu tief. Was einige Minuten vor und nach dem Warnruf des Meteorologen an Bord der Maschine passierte, führte zum größten Flugzeugunglück in der Schweiz. Die Vickers Vanguard der britischen Charterfluglinie Invicta International Airways krachte an jenem Tag in einen Berg, der etwa 15 Kilometer entfernt vom Zielflughafen liegt. Von 145 Insassen verstarben 108.

Dichter Schnee und tiefe Wolken

Gestartet war Flug IM435 von Invicta International Airways am frühen Morgen am Flughafen London-Luton. Als Piloten waren zwei Kapitäne eingeteilt. Direkt zum Endziel Basel ging es nicht. Die Vickers Vanguard mit dem Kennzeichen G-AXOP flog zuerst in Richtung Atlantik, um in Bristol im Südwesten Großbritanniens einen Zwischenstopp einzulegen. Um kurz nach 7 Uhr machte sie sich  auf den Weg in Richtung Dreiländereck.

Etwa 90 Minuten vergingen im Reiseflug, bis sich die Besatzung um kurz vor 9 Uhr beim Anflugslotsen für den Basler Flughafen anmelden konnte. Dieser hatte keine guten Nachrichten für die Besatzung der Vanguard. Es herrschte dichtes Schneetreiben über Basel. Die Wolken hingen auf rund 120 Meter und damit sehr tief.

Drei Funkfeuer als Navigationshilfen

Mit maximal 1200 Meter war es um die Sicht ebenfalls ungünstig bestellt. Auch wenn die Bedingungen einer Herausforderung glichen, war ein Anflug mittels Instrumenten nicht ausgeschlossen. Für einen sicheren Anflug war von der Besatzung jedoch ein großes Maß an Aufmerksamkeit und Konzentration gefragt.

Der Plan der Piloten und des Lotsen: Die Vanguard soll nördlich des Flughafens zuerst eine Warteschleife fliegen. Diese gleicht in etwa dem Oval einer Laufbahn. Nach Abfliegen einer Runde sollte das britische Flugzeug auf Kurs von Piste 16 sein, auf der es landen sollte. Als Navigationshilfe dienten drei Funkfeuer, die die Piloten mithilfe ihrer Instrumente anpeilen konnten.

Fehler gleich zu Beginn

Um 8:55 Uhr überflog die Vanguard das erste Funkfeuer ganz nach Plan. Der Lotse erteile Freigabe zum Sinken auf 2500 Fuß oder 762 Meter. Um auf die Flugbahn der Warteschleife einzudrehen, leiteten die Piloten eine Linkskurve ein. Dabei begingen sie Fehler. Die Kurve wurde viel zu eng geflogen. Anstatt nach der Kurve auf das zweite Funkfeuer zuzufliegen, überflogen sie erneut das erste Funkfeuer. Die erste Peilhilfe vertauschten sie mit der zweiten.

Nachdem die Piloten dem Anflugslotsen das Erreichen der vermeintlichen Position meldeten, bekamen sie Erlaubnis für den Endanflug. Die Vanguard steuerte erneut nach links und erhielt Landeerlaubnis, als ihr Kurs grob in Richtung Flughafen zeigte. In dieser Phase hätte das dritte Funkfeuer als Orientierungshilfe dienen sollen, das sich direkt hinter der Piste 16 befand.

Irrflug über Basel

Anstatt dieses Funkfeuer anzufliegen, folgte ein Irrflug. Die Vanguard flog etwa zwei Kilometer westlich am Flughafen vorbei und damit direkt über das Zentrum von Basel. Dort meldete der Pilot den Abbruch des Landeanflugs. Vom Lotsen kam daraufhin die Anweisung, das erste Funkfeuer für einen erneuten Versuch anzufliegen.

Etwa zwei Minuten später meldete die Besatzung von Invicta International das Passieren des Funkfeuers. Erneut lag sie falsch. Die Peilhilfe befand sich zudem Zeitpunkt etwa 15 Kilometer entfernt von der tatsächlichen Position. Das Fatale dabei: Die Piloten wähnten sich nördlich des Flughafens, befanden sich jedoch auf der südlichen Seite - in der schlechten Sicht hatte sie vollkommen die Orientierung verloren.

Flugverlauf der G-AXOP: Der Beginn des Verlaufs beginnt oben rechts (siehe Pfeil). Der Flughafen befindet sich im roten Kreis. Norden zeigt nach rechts.       (Bild: AIBB (Bearbeitung aeroTELEGRAPH)

Hinweis zum Irrflug nicht nur von außen

Offenbar hatte die Crew auch die Höhe mittlerweile nicht mehr im Blick. Wenige Minuten bevor sie die falsche Position meldete, erfolgte der viel zu geringe Überflug der Wetterwarte, die etwa acht Kilometer vom Flughafen entfernt war. Augenzeugen bestätigten Ermittlern später diese Beobachtung. Folgen hatte die Warnung des Meteorologen nicht. Die Piloten glaubten, erneut das zweite Funkfeuer überflogen zu haben. Dieses war jedoch das dritte Funkfeuer, das direkt am Ende der Landebahn 16 positioniert war.

Es folgte eine Linkskurve direkt über den Flughafen hinweg. Anschließend nahm das Flugzeug einen Kurs ein, der westlich am Rand der Stadt vorbeiführte. Zu diesem Zeitpunkt bekam die Basler Flugsicherung einen zweiten Hinweis auf den Irrflug. Der Zürcher Kontrollturm meldete seinen Kollegen ein unbekanntes Radarecho, dass sich in der Nähe vom Flughafen Basel in Richtung Südwesten bewegt.

«Seid ihr euch sicher?»

Zwar sah der Lotse in Basel nach einem ersten Zweifel das Radarecho ebenfalls. Doch dieser schenkte einem Funkspruch der Vanguard mehr Glauben. Die Piloten meldeten das Überfliegen des ersten Funkfeuers, das für einen Anflug auf Piste 16 als letztes überflogen werden muss. Erneut lag die Crew des Flugzeuges falsch - tatsächlich erzeugten sie das Radarecho, welches den Zürcher Lotsen aufgefallen war.

Der Lotse gab Freigabe zur Landung. Währenddessen telefonierte er noch immer mit seinen Kollegen aus Zürich. Erst als das Gespräch beendet war, fragte er die Besatzung der Vanguard: «Seid ihr euch sicher, dass ihr über [dem ersten Funkfeuer; Anmerkung der Redaktion] seid»? Einer der Piloten antwortete, dass sie «falsche Anweisungen» von Instrumenten bekommen hatten. Jedoch empfange das Flugzeug die Leitstrahlen des Instrumentenlandesystems, sagte der Pilot weiter.

Warnung des Lotsen kam zu spät

Eine Minute später - um 9.13 Uhr - fragte der Lotse nach der Flughöhe. Auf dem Radarschirm konnte er das Flugzeug zu dem Zeitpunkt nicht mehr sehen. Beide Piloten gaben diese zeitgleich mit 1400 Fuß oder annähernd 423 Meter an. Das Flugzeug hatte bereits seinen Sinkflug eingeleitet - das Ende der Landebahn lag dabei mehr als 10 Kilometer hinter der  Vanguard.

«Ich denke ihr seit nicht [kurze Pause], ihr seid südlich vom Platz», antwortete der Lotse. Doch der vorherige Funkspruch der Vanguard blieb der letzte. Wenige Sekunden später flog die Passagiermaschine in einen Berghang in der Nähe der Hofsiedlung Herrenmatt in der Gemeinde Hochwald. Der Unglücksort befindet sich etwa 16 Kilometer südlich vom Flughafen Basel.

Piloten starteten noch Steigflug

Was sich in den letzten Sekunden im Cockpit der Vickers Vanguard zugespielt hat, wird für immer eine Ungewissheit bleiben. Ein Stimmenrekorder war damals im Vereinigten Königreich für die Vickers Vanguard nicht vorgeschrieben. Die Ermittlungen der Flugunfallbehörden der Schweiz, Frankreich sowie Großbritanniens belegen, dass sich das Flugzeug kurz vor dem Aufprall im Steigflug befand - die Piloten hatten somit zumindest noch einen Fehlanflug erkannt.

Im Abschlussbericht der britischen Untersuchungsstelle AAIB können die Ermittler nur Mutmaßungen über Ursachen für das Unglück machen. Sie sprechen von «möglichen Ursachen». Zu einem brachten die Untersuchungen Hinweise hervor, dass Navigationsanlagen nicht richtig funktioniert haben könnten. Die Behörden deckten aber auch Missstände bei der Ausbildung der beiden Kapitäne auf, die womöglich den Verlust der Orientierung begünstigt haben.

Piloten mit turbulenten Lebensläufen

Der zum Steuern der Maschine eingeteilte Pilot (im Fachjargon Pilot Flying) hatte auf seinem Werdegang eine Vielzahl von Prüfungsflügen nicht beim ersten Versuch bestanden. Der andere Kapitän musste eine Pilotenausbildung bei der kanadischen Luftwaffe beenden, weil seine fliegerischen Fähigkeiten als mangelhaft angesehen wurden.

Sehen Sie in der oben stehenden Bildergalerie Aufnahmen von Unglücksflug 435 von Invicta International Airways.

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