Sehr viele Spuren führen zu denselben Flugzeugen. Und immer wieder zurück in die USA. Recherchen des Investigativnetzwerks OCCRP zeigen, dass privat betriebene US-Flugzeuge nach ihrem Verkauf häufig im internationalen Drogenschmuggel auftauchten. Im Zentrum steht der kalifornische Flugzeugverkäufer Lance Zane Ricotta. Seit 2014 verkauften Firmen aus seinem Umfeld mindestens 30 Flugzeuge. Elf davon wurden später beschlagnahmt, zerstört oder tauchten in Ermittlungen wegen mutmaßlicher Drogentransporte auf.
Die dokumentierten Fälle verteilen sich über mehrere Jahre und Kontinente. Am 13. April 2022 wurde ein Businessjet nach einem mutmaßlichen Kokainflug im venezolanischen Lanos-Grasland zurückgelassen. Am 29. Oktober 2023 fanden honduranische Behörden eine weitere Maschine ausgebrannt im Dschungel. Am 22. Dezember 2023 verschwand ein Jet über der Karibik und tauchte später in Ghana wieder auf – mit Kokainspuren an Bord. Nach OCCRP-Recherchen waren alle Flugzeuge kurz zuvor verkauft worden und trugen US-Kennzeichen.
Gulfstream II tauchte auf illegaler Piste in Belize auf
In mehreren Fällen handelte es sich um Hawker Siddeley-Jets sowie um eine Gulfstream III – Muster mit großer Reichweite und hoher Nutzlast, die bei Schmugglern begehrt sind. Eine Gulfstream III mit dem Kennzeichen N30WR wurde im März 2025 auf einer illegalen Piste im Regenwald von Belize zerstört aufgefunden. Trotz entfernter Kennzeichen ließ sich das Flugzeug anhand von Lackierung, Umbauten und Transponderdaten identifizieren. Die letzten Flugdaten zeigen, dass N30WR wenige Wochen zuvor Kalifornien in Richtung Mexiko verlassen hatte.
Auch die Eigentümerstrukturen folgen einem wiederkehrenden Muster. Von den elf belasteten Flugzeugen wurden drei an anonyme Fonds verkauft, vier an Briefkastenfirmen mit nicht offengelegten wirtschaftlich Berechtigten. In einem Fall räumte ein Käufer gegenüber US-Ermittlern ein, dass der Kaufpreis eines Hawker-Siddeley-Jets mit Geldern eines mexikanischen Kartells bezahlt worden sei. Das Flugzeug war über mehrere Zwischenhändler weitergereicht worden, bevor es in einem Drogenermittlungsverfahren auftauchte.
Rechtliche Grauzone
Rechtlich bewegen sich Verkäufer dabei in einer Grauzone. In den USA gibt es keine Lizenzpflicht für Flugzeughändler und keine gesetzliche Pflicht, Käufer oder Geldquellen zu prüfen. Die Federal Aviation Administration führt zwar ein Register, verlässt sich aber weitgehend auf Selbstauskünfte. Historische Eigentümerwechsel sind nur eingeschränkt nachvollziehbar. Zwar dürfen Nicht-US-Bürger formal keine Flugzeuge registrieren, über US-Firmen oder Trusts lässt sich diese Hürde jedoch umgehen.
Für Ermittler ist weniger der einzelne Vorfall entscheidend, als die Häufung. Ehemalige Behördenvertreter halten es laut OCCRP für nicht ungewöhnlich, wenn bei einem Verkäufer mehrere Flugzeuge kurz nach dem Weiterverkauf in Drogendelikten auftauchen. Die Recherchen zeigen damit weniger ein individuelles Fehlverhalten als eine strukturelle Schwäche: US-registrierte Jets lassen sich vergleichsweise einfach erwerben und verschwinden danach häufig aus dem Blickfeld der Aufsicht.
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