Nach der Pandemie wurde das Ferienfluggeschäft zum heiligen Gral der Branche. Alle Fluggesellschaften expandieren in diesem Bereich. Lufthansa Group schickte nach den misslungenen Versuchen mit Eurowings 2021 Discover Airlines an den Start.
Doch was bietet der Ferienflieger den Fluggästen? Und wie unterscheidet sich Discover Airlines von Lufthansa? Wir haben es im August auf einem Flug in der Economy Class von Frankfurt nach Anchorage getestet.
Buchung/Reservierung: ★★★★☆. Die Online-Präsenz von Discover Airlines präsentiert sich schlank und klar strukturiert. Alles ist auf das Wesentliche reduziert, was die Navigation angenehm einfach macht. Dank der logisch aufgebauten Menüführung findet man sich schnell zurecht und gelangt ohne Umwege zu den wichtigsten Informationen und Funktionen.
Ganz unabhängig agiert Discover jedoch nicht. Hinter den Kulissen greift die junge Airline auf die Systeme der Muttergesellschaft Lufthansa zurück. Das wird besonders beim Buchen deutlich: Die Flüge lassen sich zwar direkt auf der Discover-Seite auswählen, der eigentliche Kaufvorgang läuft dann aber über Lufthansa. Gleiches gilt für Änderungen oder den Zugriff auf bestehende Buchungen oder das Ausstellen der Bordkarte – für Branchenkenner kein Problem, für Gelegenheitsreisende dagegen potenziell irritierend. Eine eigene App bietet Discover bislang nicht, alle Funktionen sind aber in der Lufthansa-App verfügbar.
Check-in/Einsteigen: ★★★★★. Da ich mit einem Zubringerflug aus Zürich anreise, erledige ich das Check-in dort am Swiss-Schalter. Das Personal ist freundlich und effizient. Die Wartezeit bliebt - wohl auch, weil ich nicht frühmorgens abreise - erträglich. Wie es in Frankfurt läuft, kann ich deshalb nicht testen.
Der Transfer in Frankfurt ist mühsam, weil es keinen Weg gibt, um von meinem Ankunfts-Gate zum Abflug-Gate zu gelangen, ohne wieder durch die Sicherheitskontrolle zu müssen. Das ist nervig, liegt aber nicht an Discover Airlines. Ebensowenig kann die Fluglinie etwas dafür, dass das Gate meines Fluges in einem der engsten und unfreundlichsten Bereiche von Terminal 1 des Flughafens liegt.
Da der Flug in die USA geht, müssen die Reisenden zuerst überprüfen lassen, ob sie alle Bedingungen für die Einreise erfüllen. Dafür stehen genug Schalter zur Verfügung. Die Kontrollierenden sind sehr freundlich und arbeiten effizient. Das Einsteigen danach hat Discover nach Gruppen organisiert. Und die Fluglinie zeigt das auch klar auf Bildschirmen an - und kontrolliert es auch. Das verhindert Chaos und Drängeln, wie es leider vielerorts vorkommt. Ich bin in Gruppe vier eingeteilt. Das bedeutet natürlich eine gewisse Wartezeit. Dennoch ist sie überschaubar. Beim Eintreten in den Airbus A330 werde ich freundlich begrüßt und mir wird der Weg zu meinem Platz gezeigt.
Crew und Service: ★★★★★. Ich kann da eigentlich nur eines sagen: ❤️. Die sehr junge Crew war unglaublich freundlich, gut gelaunt, effizient und professionell. So will man reisen. Auch wenn die Economy Class die Klasse ist, wo am wenigsten Zeit für den einzelnen Fluggast bleibt, finden die Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter immer wieder Zeit, auch mal kurz ein Wort mit den Fluggästen zu sprechen, das über die Routine hinausgeht.
Eine Reihe vor mir sitzt ein Mann, der den Sunny Seat mit gelbem Kopfstützenbezug erwischt hat. Er und seine Begleitung erhalten ein kostenloses alkoholisches oder nicht-alkoholisches Getränk sowie einen salzigen oder süßen Snack nach Wahl aus dem Angebot der Business Class. Ich finde das eine tolle Innovation von Discover und absolut passend für einen Ferienflieger und freue mich mit.
Vor und auch nacher im Flug meldet sich der Kapitän. Und er informiert die Reisenden ausführlich über den Flug und die Route. Es mag altmodisch sein, aber ich finde das vertrauensbildend und informativ.
Kabinenausstattung: ★★★★☆. Ich reise mit dem Airbus A330-300 mit dem Kennzeichen D-AIKA nach Alaska (Ex-Lufthansa, Ex-Brussels Airlines, Ex-Eurowings). Sein Alter von fast 22 Jahren merkt man ihm nur stellenweise an. An einigen Stellen, so etwa im Waschraum, bei den Fenstern oder an einigen Verkleidungen und vergilbten Stellen, zeigen sich Spuren der Zeit. Und mein Tisch hat einen kleinen Riss. Abgesehen davon präsentiert sich die Kabine in einem gepflegten Zustand.
Die Economy Class liegt hinter der Premium Economy. Sie ist 2-4-2 angeordnet.
Besonders positiv fällt mir erneut das konsequente Erscheinungsbild von Discover auf. Kaum eine andere Airline im Lufthansa-Konzern tritt so einheitlich auf – von der Website über Werbematerialien bis hin zu den Accessoires wirkt alles stimmig und durchdacht gestaltet.
Sitz: ★★★★☆. Ich sitze am Fenster auf 33A. Der Abstand zum Vordersitz beträgt in meiner Reihe - wie in den meisten - 31 Zoll oder 79 Zentimeter. Das ist für mich als mittelgroßen Mann ausreichend. Die Sitze sind mit 17,5 Zoll oder 44 Zentimetern doch eher schmal, aber für mich bedeutet es keine EInschränkung. Sie lassen sich 7,6 Zentimeter weit nach hinten neigen.
Der Economy-Sitz von Discover Airlines. aeroTELEGRAPH
Die Sitze bieten eine Kopfstütze mit knickbaren Enden für besseren Schlaf. Vom Design her sind sie nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit und auch schon etwas ausgesessen - aber das ist eher eine optische als eine Komfortsache. Im Vordersitz gibt es eine Tasche als Stauraum. Zudem kann man Dinge wie Bücher im Fach für das Menü und die Sicherheitsanweisungen verstauen. Auch einen Jacken- und einen Becherhalter gibt es.
Nur so nebenbei: Ich freue mich schon vor dem Abflug riesig auf das Überfliegen von Grönland. Auf dieser Route fliegt man nämlich über den Norden der größten Insel der Welt. Doch dabei werde ich enttäuscht. Eine dicke Wolkendecke liegt über ddem Eiland. Von der atemberaubenden Landschaft sehe ich nichts.
Sauberkeit: ★★★★☆. Beim Start war die Kabine gut gereinigt, einzig unter den Sitzen zeigten sich einzelne Spuren von Vorgänger:innen in der Form von Krümeln und Spritzern. Zudem hätte ein zusätzlicher Rundgang der Crew durch die Toiletten während des Fluges nicht geschadet.
Mahlzeiten: ★★★★★. Das leibliche Wohl ist bei einem Ferienflieger wichtig. Und es muss eher traditionell sein. Hier trifft Discover voll. Auf der Reiseflughöhe wird bereits das Essen serviert. Das ist auch gut, denn es ist inzwischen nach 13 Uhr und ich bin langsam hungrig. Es gibt zur Vorspeise einen Gurkensalat mit einem Brötchen. Die Hauptspeise sind Penne Rigate mit Tomatensauce und geriebenem Parmesan. So einfach das ist - es mundet hervorragend. Zur Nachspeise liegt ein Kitkat-Riegel auf dem Tablett und ein kleiner Brie, wer eher Käse mag.
Die Hauptmahlzeit. aeroTELEGRAPH
Wer mich kennt, weiß, dass ich einem Glas Wein kaum je abgeneigt bin. In der Economy von Discover ist das allerdings nicht kostenlos. Daher (und auch, weil es gesund ist) verzichte ich. Ein Prosecco (200 ml) würde 7,99 Euro kosten, ein Merlot (187 ml) und ein Pinot Grigio (187 ml) ebenfalls. Ich entscheide mich für eine Cola Zero.
Nach der Hauptmahlzeit wird von der Crew noch ein heißer Schokokeks, verteilt, der reichlich süß, aber sehr lecker ist. Dazu gibt es Tee und Kaffee. Und vor der Landung verteilt sie noch eine Box mit salzigem Strudel und Muffin. Dazu gibt es nochmals Getränke.
Unterhaltungssystem: ★★★★☆. Das Unterhaltungsangebot von Discover bietet eine solide, wenn auch wenig aufregende Auswahl an 200 Filmen. Im Programm finden sich aktuelle Titel wie Black Bag, Anora oder Der Spitzname ebenso wie bewährte Klassiker à la About Schmidt oder 2001: Odyssee im Weltraum. Überraschungen oder echte Entdeckungen fehlen. Bei den Serien sorgt immerhin die dritte Staffel von The White Lotus für Aktualität. Besonders stark präsentiert sich das Programm für Kinder – mit beliebten Formaten wie Benjamin Blümchen, Bibi und Tina oder Bibi Blocksberg. Für eine Ferienfluggesellschaft ist das ein klarer Pluspunkt.
Der Bildschirm im Vordersitz. aeroTELEGRAPH
Das Bordprogramm lässt sich auch über die eigene Onboard Cloud auf dem persönlichen Gerät streamen. Praktisch dabei: Neben Filmen und Serien können Reisende auch eine große Auswahl an Zeitungen und Magazinen herunterladen – perfekt, um später am Strand weiterzulesen.
In der Rückenlehne des Vordersitz befindet sich ein berührungssensitiver Bildschirm. Es gibt dazu Knopf-Kopfhörer – sie sitzen bequem und klingen überraschend gut.
Wifi/Strom: ★★★☆☆. Zum Aufladen der Geräte gibt es unter dem Sitz eine internationale Steckdose. Zudem gibt es am Bildschirm einen USB-Anschluss, allerdings nur einen für die veralteten USB-A-Stecker.
Wifi gibt es theoretisch. Nachrichten kann man dabei gratis versenden. Wer zwei Stunden surfen will, zahlt aber 19 Euro, der ganze Flug kostet 29 Euro. Das ist schon eher teuer. Zudem hatte ich auf meinem Flug - notabene über eher abgelegene Weltgegenden im Norden - kaum je eine brauchbare Verbindung. Das gibt Abzug.
Extras: ★★★☆☆. Discover verteilt die klassische Kunstfaserdecke und ein schön großes Kissen. Das war es dann aber auch schon. Mit einer kleinen Aufmerksamkeit, wie sie etwa Schwester Edelweiss in Form eines Biberli (mit Mandelmasse gefüllter Lebkuchen) vor dem Aussteigen verteilt, würde den Gästen am Ende nochmals ein Lächeln auf die Lippen zaubern. Und es ist so einfach.
Das Kissen und die Decke. aeroTELEGRAPH
(Skala: Sehr gut = über 4,5, Gut = 3,7 bis 4,4, Befriedigend = 2,7 bis 3,6, Schlecht = 2,0 bis 2,6, Sehr schlecht = unter 2,0)
Fazit: Discover bietet das, was ein Ferienflieger bieten soll. Ein gutes, zuverlässiges und unprätentiöses Produkt mit Charme für Menschen, die in den Urlaub fliegen. Besonders beeindruckt bin ich von der Crew. So viel Engagement und Freude an der Arbeit erlebt man leider längst nicht überall. Wenn Preis und Zeiten stimmen, lohnt es sich daher zweifelsohne Discover Airlines in Betracht zu ziehen.
In der unten stehenden Bildergalerie sehen Sie weitere Bilder des Flugtests. Ein Klick aufs Foto öffnet die Galerie im Großformat.
Die Economy Class von Discover Airlines
Der Airbus A330-300, der mich nach Anchorage bringt.
Der SItzabstand reicht für eine mittelgroße Person selbst bei ausgestreckten Beinen gut.
Ein anderer Blick auf den Sitzplatz.
Der Sitz weist eine Kopfstütze mit knickbaren Enden auf.
Discover verteilt die klassischen Knopfohrhörer, die aber erstaunlich gut sitzen und klingen.
Die Steckdose (und einige Spuren von Vorgängern ...)
Der Snack vor der Landung.
Der Schokokes - lecker aber ziemlich süß.
Auch am Fenster zeigen sich deutliche Gebrauchsspuren.
Der Testflug verursachte 1700 Kilogramm CO2. Wie bei allen Dienstreisen reduzierte aeroTELEGRAPH diese Emissionen über den Partner Myclimate durch Maßnahmen zum Vermeiden, Verringern oder Beseitigen von Treibhausgasemissionen außerhalb der eigenen Wertschöpfungskette (Beyond Value Chain Mitigation) .
my climate sponsoring My Climate
Das Flugticket für den Test wurde von der Fluggesellschaft zur Verfügung gestellt. aeroTELEGRAPH hatte beim Urteil trotzdem freie Hand. Die Fluggesellschaft nahm weder Einfluss auf den Inhalt des Artikels noch stellte sie irgendwelche Bedingungen. Sie bekam den Artikel vor Veröffentlichung auch nicht zugestellt. Das würde dem Verhaltenskodex von aeroTELEGRAPH widersprechen.