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Rob Gurney, Oneworld

«Es herrscht ein vernünftiger Optimismus bezüglich der Sommersaison»

Rob Gurney, Chef der Airline-Allianz Oneworld, über das russische Mitglied S7 Airlines, Vorteile von Allianzen, und warum er glaubt, dass der Ausstieg von Latam die Allianz stärker machte.

Oneworld is eine der drei großen weltweiten Allianzen von Fluggesellschaften. Sie verfügt aktuell über 14 Mitglieder, darunter etwa British Airways, American Airlines, Japan Airlines und Qatar Airways. Zuletzt kamen Royal Air Maroc und Alaska Airlines hinzu. Das Bündnis steuert weltweit über 1000 Destinationen in über 170 Ländern und Territorien an. Rob Gurney ist seit 2016 Chef von Oneworld.

Einige Mitglieder haben wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine und den darauf folgenden Sanktionen ihre Codeshare-Vereinbarungen mit S7 Airlines gekündigt. Werden weitere Mitglieder dasselbe tun?
Rob Gurney: Es handelt sich um eine humanitäre Krise, die sich entwickelt, und ich bin sehr stolz auf die Schritte, die unsere Oneworld-Fluggesellschaften unternommen haben, um die Menschen in der Ukraine zu unterstützen und sie durch die Krise zu begleiten. Was die Schritte angeht, die individuelle Fluggesellschaften unternommen haben, haben wir von Anfang an sehr deutlich gemacht, dass es sich um Entscheidungen handelt, die die einzelnen Airlines für sich treffen. Unabhängig davon, ob sie Mitglied einer Allianz sind oder nicht. Einige Mitgliedsgesellschaften haben verschiedene Schritte unternommen, und die meisten davon sind öffentlich bekannt, sodass ich mich dazu nicht weiter äußern muss. Es steht mir nicht zu, im Namen einzelner Mitgliedsunternehmen zu sprechen. Sondern ich kann nur den Ansatz erläutern, den wir verfolgt haben. Und das ist der richtige Ansatz, denn die Mitglieder müssen ihre eigenen Bewertungen vornehmen. Es gibt verschiedene rechtliche und regulatorische Überlegungen.

Warum wurde die Oneworld-Mitgliedschaft von S7 Airlines nicht ausgesetzt, zumindest vorübergehend?
Ich glaube, die Frage habe ich bereits beantwortet. Ich habe nichts mehr zu S7 oder zur Situation in Russland oder der Ukraine zu sagen.

Aber was bedeutet der Ukraine-Krieg denn für die Allianz?
Die praktische Situation für die Oneworld-Allianz in naher Zukunft sind Dinge, die sehr gut bekannt sind und über die sehr gut berichtet wurde. Luftraumsperrungen, Einstellung von Routen. All diese Dinge haben natürlich direkte Auswirkungen auf den Betrieb. Es bedeutet, dass Flüge gestrichen werden müssen, die Fluggäste müssen entsprechend betreut werden. Können diese Flugzeuge umdisponiert werden? Bei jeder Art von Ereignis, sei es die Situation in der Ukraine oder ein anderes globales Ereignis, bei dem es sich um eine nationale Katastrophe oder einen Terroranschlag handelt, müssen die Fluggesellschaften ihre Netzwerke anpassen. Und sie sind dabei sehr flexibel. Was die Auswirkungen auf die Nachfrage betrifft, so ist es noch viel zu früh, um zu sagen, ob diese langfristig sein werden. Es gibt einige Anzeichen für kurzfristige Auswirkungen. Basierend auf den Zahlen, nach denen ich mich insbesondere in Europa erkundigt habe, sind in der ersten Woche der Situation in der Ukraine die Buchungen zurückgegangen. Aber ich denke, es ist noch zu früh, um zu sagen, ob das von Dauer sein wird. Ich glaube es herrscht unter einigen Mitgliedern ein vernünftiger Optimismus bezüglich der Nachfrage in der Sommersaison.

Wir sind eine Marke. Oneworld symbolisiert also etwas.

Jetzt, wenn sich der Flugverkehr wieder normalisiert, gibt es mehr und mehr Codeshares zwischen Fluggesellschaften. Warum sind Allianzen heutzutage überhaupt noch notwendig?
Was Allianzen im Grunde genommen bieten, ist ein Ökosystem, in dem all diese Partnerschaftsmodelle existieren können. Wir stellen also in erster Linie die Infrastruktur bereit, die Rohrleitungen und das Klempnerhandwerk, um sie zu unterstützen. Die kommerziellen Vereinbarungen sind das Wasser, das durch die Rohre fließt, aber die Leitungen und die Infrastruktur werden von der Allianz bereitgestellt. Wir stellen also das Ökosystem zur Verfügung. Zweitens bieten wir einen Mehrwert für den Kunden. Wir sind eine Marke. Oneworld symbolisiert also etwas. Wenn Sie als Kunde einer der Oneworld-Fluggesellschaften irgendwohin reisen, zum Beispiel sich als Stammkunde von Royal Air Maroc in Sydney wiederfinden, und das Oneworld-Logo sehen, dann bedeutet das, dass Sie Zugang zu einer Reihe von Vorteilen haben werden, die Sie von Ihrer eigenen Fluggesellschaft kennen.

Immer wieder wird behauptet, dass Allianzen hohe Kosten aber einen geringen Nutzen haben. Wie reagieren Sie darauf?
Ich bin mir nicht sicher, wer so etwas behauptet, aber auf jeden Fall bemerken unsere Mitglieder eine enorme Effizienz dadurch, dass sie Teil dieser Allianz sind. Wir können eine Infrastruktur aufbauen, wir können helfen, gemeinsame Prozesse zu schaffen. Nehmen Sie das Beispiel der Erholung nach Corona, wo wir auf Gemeinschaftsebene die technologischen Herausforderungen bei der Verwaltung von Gesundheitsnachweisen angegangen sind. Wie wir das handhaben, um tatsächlich zu einer Situation zurückkehren zu können, in der Kunden mit Hilfe von Apps trotz all dieser zusätzlichen Anforderungen einchecken können. Wenn jede Fluggesellschaft versuchen würde, das einzeln zu lösen, dann wäre das ineffizient und kostspielig gewesen. Dinge, die auf gemeinschaftlicher Basis entwickelt werden, bei denen die Investition über eine größere Gruppe von Mitgliedern verteilt werden kann, sind von enormer Bedeutung. Zusätzlich zu der Kritik möchte ich sagen, dass wir auch Änderungen in unserer Leitung bewirken konnten, die eine viel schnellere Entscheidungsfindung ermöglichen. Ich glaube das ist wirklich ein echter Kritikpunkt an den Allianzen, dass diese – ich will nicht für die anderen sprechen, aber für Oneworld – lange brauchten, um eine Einigung zu erzielen. Es ist nicht so, dass Einigung nicht wichtig wäre, aber wir sind zu viel schnelleren Entscheidungsprozessen übergegangen.

Die Mitgliedsgesellschaften wissen zu schätzen, was wir mit den bestehenden Mitgliedern haben.

Wie hat es ihre Allianz getroffen, dass Latam gegangen ist?
Ich glaube, dass es die Allianz in gewisser Weise stärker gemacht hat.

Wie meinen Sie das?
Die Mitgliedsgesellschaften wissen zu schätzen, was wir mit den bestehenden Mitgliedern haben. Natürlich ist es auch enttäuschend, wenn eine Airline eine Allianz verlässt. Es gibt eine Reihe von Ereignissen und Faktoren die dazu beitrugen, aber, und ich sage das nicht nur wegen Latam: Ich würde sagen, dass wir nun eine entschlossenere Gruppe von Führungsteams von Fluggesellschaften sind, um diese Allianz zum Funktionieren zu bringen, als es vorher der Fall war.

Suchen Sie nach einer Partnerfluggesellschaft in China?
Wir haben doch eine. Wir haben Cathay Pacific, die in Hongkong stationiert ist.

Wir führen gerne einen offenen Dialog. Ob bei den Diskussionen irgendetwas herauskommt, ist eine andere Geschichte.

Abgesehen von Hongkong.
Unser allgemeiner Ansatz ist der, dass wir uns nicht zu Diskussionen äußern, die vielleicht oder vielleicht auch nicht mit einem potenziellen Mitglied geführt werden. Es gibt keine unmittelbaren Pläne, die wir in Festlandchina in Bezug auf eine Mitgliedschaft haben, was aber auch nicht heißt, dass es in Zukunft keine geben könnte. Wir führen gerne einen offenen Dialog. Ob bei den Diskussionen irgendetwas herauskommt, ob es eine ausreichende kommerzielle und strategische Übereinstimmung gibt, die zu einer Kooperation führt, ist eine andere Geschichte.