Letzte Aktualisierung: um 21:06 Uhr

Fliegen in Zeiten von Ebola

Warum Flughafentests nutzlos sind

Wir haben Virologen gefragt, wie Flugreisende sich in Zeiten von Ebola schützen können. Nicht alle Antworten sind beruhigend.

/span>Einer der letzten Ebola-Fälle außerhalb der Seuchengebiete Liberia, Sierra Leone und Guinea, ist der 33-Jährige Dr. Craig Spencer. Der Arzt war in Guinea als Helfer unterwegs und flog nach seinem Einsatz über Brüssel nach New York. Eine der ersten Fragen, die auftauchten, nachdem der Ebola-Verdacht bestätigt war, war warum der junge Mann noch vor Ende der Inkubationszeit ohne Kontrolle oder Quarantäne von Guinea nach New York fliegen konnte.

Was also muss man wissen, wenn man momentan mit dem Flugzeug verreist? aeroTELEGRAPH hat mit dem Virologen Prof. Hans-Dieter Klenk von der Universität Marburg gesprochen und die wichtigsten Informationen vom Bundesamt für Gesundheit erfragt.

Können Flugreisen die Ausbreitung des Ebola-Viruses begünstigen?
Der Virologe Hans-Dieter Klenk sagt: «Natürlich. Menschen die das Virus in sich tragen, gelangen über Flüge in kürzester Zeit in andere Länder. Das Problem ist vor allem, dass Ebola-Infizierte noch während der Inkubationszeit, die bis zu 21 Tagen betragen kann, einreisen und dann bis zum Ausbruch der Krankheit unentdeckt bleiben.»

Muss ich Angst vor einer Ausbreitung in Europa haben?
«Ich gehe davon aus, dass es weitere Ebola-Fälle in Europa geben wird. Vor allem über Flüge können Infizierte nach Europa gelangen. Ich bin aber sehr sicher, dass eine Ausbreitung, wie wir sie in Westafrika sehen, bei uns nicht möglich ist. Unser Gesundheitssystem ist sehr gut entwickelt. Allerdings gibt es auch hier Lücken, wie die Fälle in Spanien und den USA gezeigt haben», so Experte Klenk.

Wenn ich aus einem Seuchengebiet komme und Kontakt mit Wildfleisch (Bushmeat), Flughunden oder Ebola-Infizierten hatte: Auf welche Anzeichen muss ich achten?
Der Bundesverband der Ärzte und Ärztinnen im öffentlichen Dienst e.V. (BVÖGD) gibt folgende Anzeichen für eine mögliche Infizierung an:

• plötzlich einsetzendes Fieber
• Kopf- und Halsschmerzen
• Muskel- und Gelenkschmerzen
• Bindehautentzündung
• ausgeprägte Schwäche
• Appetitmangel, Übelkeit, Erbrechen
• Bauchschmerzen, Durchfall
• fleckiger Hautausschlag, Schleimhautblutung

Wie muss ich mich verhalten wenn solche Anzeichen auftreten?
Sollten Sie aus einem der betroffenen Länder (Liberia, Guinea oder Sierra Leone) ausreisen und am Flughafen treten diese Symptome auf, rät das Bundesamt für Gesundheit, sich umgehend an den Flughafenarzt zu wenden. Wenn Sie Zuhause sind, kontaktieren Sie Ihren Arzt. Erwähnen Sie unbedingt Ihre Reise.

Wie muss ich mich verhalten wenn ein Mitpassagier Ebola-Symptome zeigt?
Klenk: «Auf Flügen außerhalb der betroffenen Gebiete ist es unwahrscheinlich, dass sich ein Ebola-Kranker auf Ihrem Flug befindet. Da die meisten Passagiere aus den Seuchenregionen über London, Paris und Brüssel weiterfliegen, ist es aber nicht unmöglich. Im Flugzeug ist eine Übertragung über Erbrochenes am wahrscheinlichsten. Vermeiden Sie daher unbedingt, in Kontakt mit Erbrochenem zu kommen. Wenn Sie Ebola-Symptome bei einem Mitreisenden feststellen, melden Sie dies umgehend der Crew.»

Was muss ich beachten, wenn ich in ein Ebola-Gebiet fliege?
Informieren Sie sich vor Abflug genau bei den auswärtigen Ämtern in Deutschland, der Schweiz oder bei einem Tropenarzt. Generell kann Ebola unter Menschen nur durch Körperflüssigkeiten, wie Blut, Urin, Stuhl, Erbrochenes, Sperma, Brustmilch und Schweiss übertragen werden. Diese Flüssigkeiten können in Kontakt mit der Schleimhaut, Bindehaut, einer offenen Wunde oder über eingeatmete Partikel übertragen werden. Eine Übertragung mittels Speichel, zum Beispiel durch Anniesen, ist nicht bestätigt. Ausserdem sollten Sie auf den Verzehr von Wildfleisch (Bushmeat) verzichten. Hans-Dieter Klenk entwarnt aber: «Wenn Sie nicht als Helfer in die Seuchengebiete einreisen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie mit Ebola-Infizierten in Kontakt kommen aber sehr gering.»

Welche Airlines fliegen in die Ebola-Gebiete?
Generell rät das Auswärtige Amt von Reisen nach Sierra Leone, Guinea und Liberia ab. Reisende, die in die betroffenen Länder fliegen wollen, haben aktuell keine grosse Auswahl an Flügen. British Airways, Emirates, Delta und Ghana Airways haben Flüge in diese Länder gestoppt. Aktuell fliegen von Europa noch Lufthansa, KLM, Air France und Brussel Airlines in die Seuchengebiete. Alle Airlines haben Ihre Kapazität aber stark reduziert.

Welche Flughäfen testen Reisende auf Ebola?
Die Regelungen sind in fast allen Ländern unterschiedlich. In Deutschland und der Schweiz werden Passagiere bei der Ankunft nicht auf Ebola getestet, da es keine Direktflüge aus den betroffenen Ländern gibt. Der Hub in Europa für die drei Gebiete, Sierra Leone, Guinea und Liberia sind ist London. In den Flughäfen Heathrow und Gatwick kommen etwa 300 Passagiere täglich aus den drei Seuchen-Gebieten an. Alle Passagiere werden dort auf Ebola getestet: Sie müssen Fragen zu ihrer Reise beantworten und Fieber messen lassen. Zu Verdachtsfällen will sich ein Flughafensprecher nicht äussern. Bekannt sind bis anhin aber noch keine. Auch über den Pariser Flughafen Charles de Gaulle erreichen viele Passagiere aus den Seuchen-Gebieten Europa. Hier sind es rund 170 pro Tag. Noch bevor die Reisenden den Flughafen betreten stellt ein Ärzteteam Fragen und misst Fieber. Auch über Brüssel reisen Passagiere aus den Seuchengebieten ein und auch diese werden auf Ebola getestet. Die Zahl der Verdachtsfälle liegt in Brüssel ebenfalls bei null.

Sind die Tests der Flughäfen wirkungsvoll?
Prof. Hans-Dieter Klenk findet das nicht. «Die Flughäfen tun sicher was sie können, aber vermutlich werden die meisten Erkrankten noch vor Ende der Inkubationszeit, das heisst ohne Symptome, noch am Flughafen getestet und daher nicht identifiziert. Ich denke aber auch, dass diese Aktionen zur Beruhigung dienen.»