Airlines weltweit mustern ihre alten, spritfressenden Flugzeuge aus und ersetzen sie durch moderne, effizientere Jets. Doch was geschieht mit den ausgemusterten Maschinen? Die meisten enden auf sogenannten Flugzeugfriedhöfen. Zu den bekanntesten zählen der Pinal Airpark in der Wüste Arizonas. In Europa stehen hunderte Jets in der spanischen Wüste bei Teruel. Weltweit warten Tausende ausrangierter Flugzeuge darauf, verschrottet, recycelt oder weiterverkauft zu werden.
Dieses «Flugzeugfriedhof»-Dilemma, wie es Stéphane Burton, Chef von Orizio, einem belgischen Luft- und Raumfahrtunternehmen, zu dem auch der Wartungsbetrieb Sabena Engineering gehört, es nennt, soll bald der Vergangenheit angehören. Denn der Druck auf die Branche wächst. Einerseits wegen strenger Umweltauflagen und andererseits als auch wegen des steigenden Bedarf an Ersatzteilen.
Recycling von der Hydraulik bis zum Sitz
Sabena Engineering plant am Flughafen Brüssel-Charleroi eine Recyclinganlage für Flugzeuge. Ziel ist es, möglichst alle Teile von Flugzeugen wiederzuverwerten. «Alles hat Wert, selbst die Sitze», betont Burton im Gespräch mit Libre Eco. Zusammen mit einem lokalen Partner, dem Metallverarbeitungsunternehmen Comet, sollen auch innovative Techniken zur Trennung von Aluminiumsorten zum Einsatz kommen.
Hydraulikpumpen, Avionik-Komponenten oder sogar Aluminiumlegierungen können nach einer Aufbereitung wieder in anderen Flugzeugen oder Branchen wie der Automobilindustrie eingesetzt werden. «Wir vermeiden damit den extrem umweltschädlichen Abbau von Rohstoffen», so der Unternehmenschef.
30 bis 50 Flugzeuge pro Jahr
Bis 2030 soll die Anlage in Charleroi voll einsatzbereit sein. Sabena Engineering plant jährlich 30 bis 50 Flugzeuge zerlegen und recycling. Das ist zwar nur ein Bruchteil der 700 bis 1000 Flugzeuge, die pro Jahr weltweit ausgemustert werden, aber es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, so Burton. Dazu will Sabena Engineering bis zu 600 Mitarbeitende am zweitgrößten Flughafens Belgiens beschäftigen.
Fachkräftemangel gibt es auch in Belgien. «Wir haben Schwierigkeiten, genug Fachkräfte in Belgien zu finden», gibt Burton zu. Deswegen entsteht neben den neuen Hangars auch ein eigenes Ausbildungszentrum.
Expansion in den USA und Marokko
Sollte die Recyclinganlage in Charleroi ein Erfolg werden, könnten weitere Standorte folgen. Standorte wären etwa in Marokko oder Kalifornien, direkt neben großen Flugzeugfriedhöfen. «Wir wollen nicht nur das Problem lösen, sondern auch zeigen, dass Nachhaltigkeit profitabel sein kann», sagt Burton.
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