ITA Airways wagt den Sprung in eine neue Ära der Cockpitkommunikation. Die italienische Nationalairline und Lufthansa-Beteiligung führt als eine der ersten großen Fluggesellschaften Europas die sogenannte Iris-Technologie ein. Vier Airbus A320 Neo starten jetzt mit der neuen Ausstattung, die gesamte künftige Flotte soll folgen.
Denn schon heute platzen die Funkkanäle über Europa aus allen Nähten. Freigaben müssen wiederholt, Nachrichten korrigiert oder in langen Sequenzen abgearbeitet werden. Hier setzt Iris an: Piloten und Fluglotsen sind über einen verschlüsselten Satellitenkanal permanent digital verbunden, der nicht nur einzelne Nachrichten überträgt, sondern ganze Flugverläufe. Das ermöglicht erstmals präzise vierdimensionale Berechnungen. Also Flugbahnen, welche Höhe, Richtung, Geschwindigkeit und Zeit berücksichtigen.
Flugzeuge können konstant steigen anstatt in Stufen
Für den Flugbetrieb bedeutet das: Flugzeuge können konstant steigen statt in Stufen. Anflüge lassen sich zudem früh stabilisieren, statt Warteschleifen zu drehen, und Routen können minutenschnell an Wetter oder Verkehr angepasst werden. Eurocontrol, die europäische Organisation zur Sicherung der Luftfahrt, schätzt, dass ein solches modernes Verkehrsmanagement den CO₂-Ausstoß um bis zu 10 Prozent senken kann. ITA Airways erhofft sich weniger Verspätungen und deutlich stabilere Flugoperationen.
Die Fluglinie kann ihre Umlaufpläne verlässlicher gestalten und so flexibler auf Engpässe im dichten europäischen Netzwerk reagieren. Die Technologie wurde von der European Space Agency ESA gemeinsam mit Viasat entwickelt. 19 Flugsicherungsorganisationen unterstützen den Echtbetrieb bereits, weitere sollen nächstes Jahr folgen.
Ähnliche Wirkung wie Single European Sky
Neben Easyjet, Jet 2, Virgin Atlantic und Transavia ist ITA Airways nun die erste große Netzwerkairline, die Iris im Linienbetrieb nutzt. Sie greift damit auch einem Plan vor, an dem die EU bereits seit 20 Jahren arbeitet: dem Projekt Single European Sky, einer umfassenden Reform der Luftraumstruktur. Sie soll national zersplitterte Zuständigkeiten überwinden, Kapazitäten erhöhen und CO₂-Emissionen senken.
Doch die Umsetzung stockt, vor allem aus politischen Gründen. Nationale Flugsicherungen scheuen Reformen. Zudem sind nicht alle Flugsicherungen gleich organisiert, sowohl private als auch staatliche Organisationen überwachen den Himmel. Die ehrgeizigen Ziele – dreifache Kapazität, 50 Prozent geringere Kosten, 10 Prozent weniger Umweltauswirkung – wurden verfehlt. Die EU drängt inzwischen auf einen Neustart.
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