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So sieht die Halbjahresbilanz der deutschen Luftfahrt aus

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft BDL zieht Bilanz fürs erste Halbjahr 2022 in der deutschen Luftfahrt – und zwar in fünf Bereichen:

Passagierverkehr: Trotz der gestiegenen Nachfrage im ersten Halbjahr blieb der Passagierluftverkehr unter dem Vorkrisenniveau von 2019 zurück. Das Passagieraufkommen an deutschen Flughäfen erreichte durchschnittlich 59 Prozent im Vergleich zum 1. Halbjahr 2019, das Niveau des Flugangebotes von/nach/in Deutschland lag bei 65 Prozent. Der deutsche Luftverkehr entwickelte sich damit im Vergleich zu anderen europäischen Staaten langsamer (Griechenland 97 Prozent, Türkei 88 Prozent, Spanien 86 Prozent). Eine wesentliche Ursache waren die insbesondere in Deutschland im ersten Quartal noch anhaltenden Reisewarnungen («Omikron-Variante»). Auch der Interkontinental-Verkehr war noch geprägt von strengen Reisebeschränkungen und Lockdowns in Asien.

Die langanhaltenden Corona-Schutzmaßnahmen in Deutschland sowie die Zunahme an Privat- und Urlaubsreisen führten dazu, dass große Netz-Fluggesellschaften wie IAG oder Turkish Airlines im ersten Halbjahr ihr Angebot schneller ausweiten konnten als deutsche Airlines. Darüber hinaus gab es auch Verschiebungen in der Kundenstruktur: Der in Deutschland traditionell hohe Anteil der Geschäftsreisenden kommt nur langsam zurück. Dagegen erlebten die Privat- und Urlaubsreisen nach zwei Jahren Pandemie einen Boom, was sich in der dynamischen Entwicklung des Luftverkehrs gerade in den südeuropäischen Staaten zeigt. Im europäischen Verkehr lagen die Lowcost-Fluggesellschaften wie Ryanair und Wizz Air im ersten Halbjahr, verglichen mit ihren europäischen Wettbewerbern, bereits über dem Angebot 2019.  ​

Streckennetz: Im deutschen Luftverkehr wurden am Ende des ersten Halbjahres 92 Prozent der Strecken des Jahres 2019 wieder bedient, gleichzeitig lag das Sitzplatzangebot bei 75 Prozent. Insbesondere im innerdeutschen Verkehr gab es erhebliche Veränderungen: Der Rückgang von Geschäftsreisen in Deutschland machte sich im dezentralen Flugverkehr zwischen den deutschen Städten bemerkbar (ohne Frankfurt/München): Im Juni 2022 wurden nur 29 Prozent der Sitze von Juni 2019 angeboten und auch das Netz ist nicht so dicht wie 2019. Dagegen ist das Netz zu den Drehkreuzen Frankfurt und München wieder hergestellt, allerdings ebenfalls mit einem geringeren Angebot an Sitzen.

Frachtverkehr: Bei den Frachtfluggesellschaften hat sich die Nachfrage nach einem sehr starken Jahr 2021 etwas abgeschwächt, liegt aber dennoch 8 Prozent über dem Niveau von 2019. Zu dieser leicht gedämpften Entwicklung beigetragen haben sowohl die Verunsicherung durch den Ukraine-Krieg, aber auch Einreisebeschränkungen und Lockdowns in China sowie Personalengpässe in Deutschland. Die deutschen Frachtflughäfen können sich aber insgesamt im europäischen Markt gut behaupten.

Flugbewegungen: Die Flugbewegungen lagen im ersten Halbjahr 130 Prozent über dem Vergleichszeitraum 2021 und hatten Engpässe im deutschen Luftraum zur Folge. Dabei ist der Anteil der Überflüge deutlich von 36 auf 42 Prozent angestiegen. Dies ist zum einen auf die kriegsbedingten Sperrungen des Luftraums über Russland, Belarus und der Ukraine zurückzuführen. Zum anderen mussten Überflüge aus dem französischen Luftraum in den deutschen Luftraum verlagert werden, da aufgrund technischer Neuinstallationen Teile des französischen Luftraums für einen längeren Zeitraum vorübergehend nicht nutzbar waren.

Treibstoffpreise: Die Kerosinpreise haben sich seit dem Angriff auf die Ukraine verdoppelt und in den letzten zwei Jahren mehr als verdreifacht. Der Treibstoffpreis entkoppelte sich ab Februar 2022 sogar von den Rohölpreisen und stieg noch stärker an. Treibstoffkosten betragen im Normalfall ca. 25 bis 35 Prozent der Kosten einer Fluggesellschaft und sind damit ein entscheidender Kostenfaktor. Die Entwicklung des Treibstoffpreises wirkt sich folglich auf die Flugpreise aus.​