Der Schaden am Airbus A300 und die Piste: Inniger Kontakt.
D-AZMO in Leipzig/Halle

Wieso ein Airbus A300 in Leipzig mit dem Heck aufschlug - und was aus ihm wird

Vor einem Jahr schlug ein Airbus A300 der DHL-Tochter EAT mit dem Heck auf die Piste des Flughafens Leipzig/Halle. Der Abschlussbericht zeigt Details zum Vorfall und DHL äußert sich zum Schicksal des Flugzeugs.

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Vor einem Jahr, am 9. Februar 2024, kam es am Flughafen Leipzig/Halle zu einem Tailstrike: Ein Airbus A300 der DHL-Tochter EAT Leipzig schlug bei einem Landeversuch mit dem hinteren Rumpf auf die Landebahn auf. Der Frachtflieger und die Piste wurden beschädigt.

Der Abschlussbericht der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung BFU zeigt, was im Detail geschah: Bei Erreichen der Piste leitete die Kopilotin, die das Flugzeug steuerte, das Abfangen der Maschine ein und versuchte, den A300 aus dem Seitenwindanflug heraus auf die Piste auszurichten. Das Hauptfahrwerk setzte um 17:54:31 Uhr zum ersten Mal auf, doch der Jet hob erneut ab, rollte nach rechts und setzte um 17:54:34 Uhr nochmals auf.

Details aus dem Flugdatenschreiber

Der Kapitän und die Kopilotin sagten um 17:54:37 Uhr nahezu zeitgleich «Go-Around» und der Kapitän griff in die Steuerführung ein. Ab 17:54:38 Uhr stieg die Triebwerksleistung wieder an. Der Kapitän führte den Go-Around durch und steuerte das Flugzeug bis zur endgültigen Landung um 18:12 Uhr. «Bei der abgebrochenen Landung kam es zu einem Tailstrike, bei dem die hintere untere Rumpfstruktur des Flugzeugs sowie der Pistenbelag der Piste 26L beschädigt wurden», heißt es im Bericht. Bis zu diesem Punkt gleicht die Schilderung im Abschlussbericht der im zuvor veröffentlichten Zwischenbericht.

Allerdings gibt es im Abschlussbericht weitere Informationen, auch wenn die BFU sie nicht in den deutschsprachigen Berichtstext aufgenommen, sondern sie nur als Grafik mit englischem Begleittext in den Bericht eingebaut hat. Grafik und Text stammen aus einem technischen Report, den Airbus auf Basis der Daten aus dem Flugdatenschreiber erstellte.

Der Einfluss der Ground Spoiler

So zeigt sich: Es gab insgesamt vier Touchdowns, der Tailstrike geschah zwischen dem zweiten und dritten. Aber im Detail: Bei der ersten Berührung der Landebahn (mit einer vertikalen Belastung von 1,62 g) befanden sich die Schubhebel des Flugzeuges nicht ganz im Leerlauf, sondern zwischen CLIMB und IDLE. Das verhinderte beim Aufsetzen das Ausfahren der Ground Spoiler, die dafür da sind, das Flugzeug quasi zu Boden zu drücken und dem Auftrieb der Tragflächen entgegenzuwirken. Das Flugzeug hüpfte hoch, die Crew senkte den Nickwinkel (Pitch Angle) und damit die Nase des Flugzeuges von 6,5 auf 3 Grad.

Dann gab sie zum Abfangen wieder einen Input zum Hochziehen der Nase bis etwa 3/4 des Möglichen am Steuerhorn. Zugleich wurden die Gashebel in den Leerlauf (IDLE) gezogen. Das Flugzeug, das das Kennzeichen D-AZMO trägt, kam zum zweiten Mal auf (mit 1,45 g) und hüpfte wieder hoch. «Zur gleichen Zeit wurden die Ground Spoiler ausgefahren und führten zu einem zusätzlichen Pitch-up-Effekt», so der Airbus-Report im BFU-Bericht.

Nase bis zu 13,7 Grad angehoben

«Sowohl der kontinuierliche 'Nase hoch'-Befehl als auch der Pitch-up-Effekt der Ground Spoiler führten dazu, dass der Nickwinkel einen Maximalwert von etwa +13,7 Grad erreichte: Etwa zu diesem Zeitpunkt kam es zum Tailstrike», heißt es weiter in der Airbus-Auswertung. Der Jet setzte zum dritten Mal auf (mit 1,33 g) und hüpfte erneut hoch.

Die Grafik zum Tailstrike. Bild: BFU/Airbus Report

Dann leitete die Crew den Go-Around ein und drückte die dafür vorgesehenen Knöpfe, die Go-Levers. Die Schubhebel bewegten sich in Richtung Vollgas (TOGA-Position) und die Ground Spoiler wurden wieder eingefahren. Am Steuerhorn wurden hauptsächlich Befehle zum Heben der Nase gegeben. Trotzdem zeichnete der Flugdatenschreiber ein viertes Aufsetzen auf (mit 1,28 g). Als der Nickwinkel +9,5 Grad erreichte, war der Auftrieb bei einer Geschwindigkeit von 129 Knoten (239 Kilometer pro Stunde) ausreichend zum Abheben.

Erinnerung an IDLE-Position

Die BFU vermerkt zudem den Hinweis von Airbus: «In Bodennähe ist es wichtig, die Nicklage so zu kontrollieren, dass sie nicht über den kritischen Winkel hinaus ansteigt. Wie bereits beschrieben, führte ein kontinuierlicher Befehl am Steuerhorn zum Heben der Nase (der während des zweiten Aussetzens in dieser Position blieb) zu einer Vergrößerung des Nickwinkels (bis zu +13,7 Grad) in Bodennähe und zu einem Aufprall des Hecks.»

Die Behörde dokumentiert auch etliche interne Sicherheitsanweisungen, die EAT Leipzig an ihre Cockpitcrew gab, da es im Februar 2024 laut BFU-Bericht neben diesem auch weitere Tailstrikes gab. Dazu gehört, die Schubhebel spätestens beim Aufsetzen in der IDLE-Position zu haben, um sicherzustellen, dass die Ground Spoiler ausgefahren sind.

Rumpfbeplankung durchgeschliffen

Der Schaden am Airbus, zu diesem Zeitpunkt 17,5 Jahre alt, war schwer. «Der Rumpf des A300 zeigte im hinteren unteren Bereich außen über mehrere Meter Kratzspuren», schreibt die BFU. «Die Rumpfbeplankung war an mehreren Stellen durchgeschliffen. Der Tail Bumper war eingedrückt und die Beplankung dahinter gerissen. Im Inneren des hinteren unteren Rumpfbereiches wurden verbogene und eingerissene Strukturelemente (Stringer, Brackets, Fittings, Angles, Sheer Plates) sowie gelöste Nietverbindungen gefunden.»

Am 26. Februar 2024 untersuchte EAT Leipzig zusammen mit Experten von Airbus die Schäden und legte Reparaturmaßnahmen fest. Doch auch ein Jahr nach dem Vorfall ist die D-AZMO noch nicht zurück im Betrieb. Bleibt sie womöglich doch für immer am Boden?

Rückkehr im Laufe des Jahres geplant

Nein, sagt ein DHL-Sprecher auf Anfrage von aeroTELEGRPAH. Er verweist auf laufende Instandsetzungsarbeiten an der Maschine und sagt: «Wir erwarten, dass sie im Jahresverlauf wieder in den aktiven Flugbetrieb überführt werden kann.»

Den Abschlussbericht der BFU können Sie hier als PDF herunterladen.

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