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Lufthansa: Tante Ju kann im Sommer wieder fliegen

Die Geburtstagsfeier für die Tante Ju musste in einer Wartungshalle der Lufthansa Technik in Hamburg stattfinden. Denn die Grande Dame der Lüfte hats momentan im Rücken. Der im vergangenen Herbst diagnostizierte Mittelholmbruch machte eine sehr komplizierte, aufwendige und teure Reparatur notwendig und verzögert den Start des berühmten Oldtimer-Flugzeugs in die neue Flugsaison. Immerhin hatte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Lufthansa Berlin-Stiftung (DLBS), Bernhard Conrad, für alle Fans der Ju 52 D-AQUI pünktlich zu deren 80. Geburtstag eine gute Nachricht parat: «Bis zum kommenden Sommer soll unsere alte Dame wieder fit sein und fliegen.»

Im Prinzip tut sie dies bereits seit exakt acht Jahrzehnten – wenn auch mit diversen Unterbrechungen. Denn die Ju 52 mit der Registrierung D-AQUI ist ein Flugzeug mit äußerst bewegter Geschichte. Schon zwei Monate nach ihrer Fertigstellung in den Dessauer Junkers-Werken und der Auslieferung an die damalige Lufthansa am 6. April 1936 kam sie nach Norwegen, wo sie – zeitweise mit Schwimmern statt Rädern ausgestattet – teils zivil, teils militärisch für Flugeinsätze zwischen den Fjorden eingesetzt wurde. 1957 wurde die Ju 52 nach Ecuador verkauft, wo sie für die Fluggesellschaft Transportes Aéreos Orientales Passagiere und Fracht zu Ölbohrercamps im Amazonasgebiet beförderte. Acht Jahre lang stand die Propellermaschine ungenutzt und vergessen am Rande des Flughafens von Quito, ehe ein amerikanischer Oldtimer-Fan sie 1970 kaufte und in die USA brachte. Dort wechselte sie noch einmal den Besitzer und tingelte etliche Jahre von einer Flugshow zur nächsten.

Anfang der Achtzigerjahre entdeckten Lufthansa-Piloten die verlorene Tochter zufällig in recht bemitleidenswertem Zustand auf einem Flugfeld in Florida und überzeugten den damaligen Lufthansa-Vorstand, die Ju 52 zu kaufen und nach Deutschland zurückzuholen. Als sie am 28. Dezember 1984 nach einem strapaziösen, 16-tägigen Überführungsflug – mit zahlreichen Zwischenlandungen an der Ostküste der USA, in Kanada, Grönland, Island, Schottland und England – erstmals wieder auf deutschem Boden landete, war sie äußerlich eine US-Amerikanerin. Der Name «Iron Annie», auf den man sie in den Siebzigern in Florida getauft hatte, erinnerte am Seitenleitwerk an die jahrzehntelange abenteuerliche Flug-Odyssee durch etliche Länder beiderseits des Atlantik.

Bei der Lufthansa Technik in Hamburg schenkte man dem lange vermissten Veteran in einer zweijährigen gründlichen Verjüngungskur ein zweites Leben. Unter der auf Hochglanz gebrachten silberglänzenden Wellblechhaut verbirgt sich nun ein modernisiertes und komplett digitalisiertes Cockpit, und die drei Neunzylinder-Sternmotoren von Pratt & Whitney mit dem unverkennbaren Brummen, das Ju 52-Fans so lieben, arbeiten wesentlich leiser und zuverlässiger als die Originalmotoren von 1936. Bis zu 16 Fluggäste, sämtlich auf Fensterplätzen, können in dem Großraumflugzeug der 30er Jahre das Reisen im Stil der Anfangszeit der Passagierluftfahrt erleben, stilecht mit Gardinen und Gepäcknetz.