Zwar ist das Verhältnis von Männern und Frauen auf der Welt nahezu ausgeglichen. Laut Schätzungen aus dem Jahr 2022 sind etwa 50,3 Prozent der Weltbevölkerung männlich und 49,7 Prozent weiblich. Aber dennoch dominiert die männliche Position. Medikamente werden meist an Männern getestet. Crashtest-Dummies basieren meist auf einem durchschnittlichen Mann von 175 Zentimeter Körpergrößen und einem Gewicht von 78 Kilogramm.
In der Autoindustrie kommen zwar Frauen-Dummies zum Einsatz, doch meist sind es nur verkleinerte Männermodelle: Mit 149 Zentimetern und 49 Kilogramm entsprechen sie eher 12-jährigen Mädchen als erwachsenen Frauen. Erst 2022 entwickelten schwedische Ingenieure den ersten Dummy, der eine durchschnittliche Frau (162 cm, 62 kg) realistisch darstellt.
Sitze, Gurte und Notfallpositionen - Tests nur mit männlichen Dummies
Während in der Autoindustrie bei 25 Prozent aller Tests, die kleinen weiblichen Dummies verwendet werden, gibt es in der Luftfahrt nichts davon. Zu diesem Schluss kommt Natasha Heap, Programmdirektorin für den Bachelorstudiengang Luftfahrt an der University of Southern Queensland in Australia. Heap war 25 Jahre Flugkapitänin und promoviert aktuell im Bereich Flugsicherheit, berichtet das Portal The Conversation. Dabei vergleicht sie die Autoindustrie mit der Luftfahrt.
In der internationalen Luftfahrt ist regulatorisch ausschließlich der Einsatz erwachsener männlicher Dummies vorgeschrieben. Sitzen, Gurten und Notfallpositionen werden ausschließlich mit männlichen Dummies zertifiziert. Laut Heap gibt es keine Studien zu den Folgen für Frauen, obwohl bekannt ist, dass sie in Autos andere und oft schwerere Verletzungen erleiden.
Behörden folgen Empfehlungen der Ingenieurvereinigung
Damit werden biologische Unterschiede ignoriert. Dabei sind Frauen im Schnitt kleiner, haben schmalere Schultern, einen größeren Hüftumfang und eine andere Muskel- und Skelettstruktur als Männer. Weibliche Hormone sorgen zudem für lockere Bänder, was die Gelenkstabilität beeinflusst. Diese Unterschiede sind kein Detail, sondern entscheidend für die Wirksamkeit von Sicherheitsvorkehrungen, so Heap.
Internationale Sicherheitsbehörden, wie US-Luftfahrtbehörde FAA oder die europäische Easa stützen sich auf veraltete, männlich dominierte Testverfahren. Dabei folgen sie den Standards, die von der globalen Ingenieursvereinigung SAE International festgelegt wurden. Weibliche Dummies kommen dabei nicht vor.
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