Die heutige Flugzeugwelt wird zu weiten Teilen von einigen wenigen großen Namen bestimmt. Hinter denen stehen jedoch Dutzende, einst eigenständige Flugzeug- und Ausrüstungsfirmen.
Die heutige Flugzeugwelt wird zu weiten Teilen von einigen wenigen großen Namen bestimmt. Hinter denen stehen jedoch Dutzende, einst eigenständige Flugzeug- und Ausrüstungsfirmen.
Nachdem die Gebrüder Wright ihre weltbewegenden ersten Motorflüge absolviert hatten, wurde die Flugzeugwelt allein bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs (1914-1918) von einer unüberschaubaren Vielzahl von Firmennamen bestimmt. Während des ersten Weltenbrandes dominierte eine kleinere, jedoch nicht wirklich geringe Zahl von Unternehmen das Geschehen. Etwa Fokker, die Royal Aircraft Factory, die Société Pour L'Aviation et ses Dérivés (SPAD), Nieuport, die Albatros Flugzeugwerke oder Morane-Saulnier – um nur einige der vielen Namen zu nennen.
Nach dem Krieg blieb die Welt der Luftfahrthersteller sehr divers. Sie blieb es sogar bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dann jedoch setzt ein Prozess der Zusammenschlüsse und Übernahmen ein. Dadurch verschwanden nicht nur so klangvolle Namen wie McDonnel Douglas (seinerseits bereits ein Konglomerat), sondern schrumpfte die Flugzeugwelt auf eine vergleichsweise geringe Anzahl von Megakonzernen.
Naturgemäß stecken darin jedoch verschiedene Vorgängerfirmen. Auf den folgenden Zeilen zeigen wir nicht nur die größten heutigen Konzerne der Luftfahrt, sondern zeichnen nach, welche ehemaligen Unternehmen darin aufgegangen sind.
(Hinweis: Die Reihenfolge der Konzerne basiert auf deren Umsatzzahlen des Jahres 2022)
Dieses Kürzel dürfte selbst eingefleischten Enthusiasten nicht automatisch etwas sagen. Kein Wunder, denn bis Juli 2023 war der Konzern bekannt als Raytheon Technologies Corporation. Schon seit mehreren Jahren ist das in Virginia beheimatete Unternehmen nicht nur für Flugzeuge bekannt, sondern vor allem als äußerst diversifizierter Rüstungskonzern, der sich auf die Sparten
konzentriert. Unter dem Namen des Dachkonzerns firmieren drei Töchter, namentlich Collins Aerospace, Pratt & Whitney sowie Raytheon.
Die Vorgängerfirmen
Raytheon selbst wurde 1922 als Firma für Kühltechnik gegründet. Schnell fokussierte man sich jedoch auf elektronische Komponenten. Während des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) spezialisierte Raytheon sich vornehmlich auf Radarsysteme und einzelne Radarbauteile. Nach dem Krieg wurde das Unternehmen zum Pionier in der Entwicklung von Lenkwaffensystemen, verantwortlich etwa für die SAM-N-2 Lark, AIM-7 Sparrow, MIM-23 HAWK und MIM-104 Patriot.
Jedoch: Ebenso war Raytheon auf dem zivilen Markt vertreten. Etwa als Erfinder und erster großer Produzent von Mikrowellenherden.
Insgesamt gingen im heutigen RTX-Konzern die folgenden Firmen auf:
Alle Punkte ab der United Aircraft Corporation gehören zur United Technologies Corporation. Sie entstand in ihrer Urform 1929, als Boeing mit Pratt & Whitney die United Aircraft and Transport Corporation gründete. Dieses Unternehmen wurde jedoch nach dem Luftpost-Skandal von 1934 wieder aufgespalten.
Bei RTX mag es angesichts der extrem vielfältigen Geschäftsbestrebungen schwierig sein, dahinter einen Flugzeugkonzern zu erkennen. Bei Boeing ist das jedoch völlig anders. Zwar handelt es sich hierbei ebenfalls um einen vielfältigen Mischkonzern, der nicht nur Flugzeuge und Hubschrauber fertigt, sondern Flugkörper, Satelliten und Telekommunikations-Equipment.
Dennoch geht Boeing in direkter Linie auf die von William Boeing 1916 gegründete Pacific Aero Products Company zurück – die bereits ein Jahr später zur Boeing Airplane Company wurde.
Ebenfalls in Virginia beheimatet unterteilt sich die heutige Boeing Company in
Die Vorgängerfirmen
Nachdem die United Aircraft and Transport Corporation, wie erwähnt, 1934 aufgelöst wurde, stand Boeing wieder als allein operierender Flugzeugbauer dar. In dieser Rolle war dem Konzern ein enormer Erfolg im militärischen und zivilen Sektor beschieden. Modelle wie P-12/F4B, P-26, B-17, 314, B-29, KC-97, B-47, B-52 sprechen schon für sich eine deutliche Sprache.
Dazu das Modell 367-80 («Dash 80»), das die Basis für die hocherfolgreiche zivile 707- und die militärische C-135-Reihe legte – nicht zu vergessen Boeings bis heute andauernde Rolle als einer der bedeutendsten Hersteller von Airlinern.
Die heutige Boeing Company entstand unter anderem durch die Integration von:
Verschiedene Luftfahrzeuge, die unter anderem Herstellernamen starteten, firmieren deshalb heute unter dem Boeing-Namen – etwa der Kampfhubschrauber AH-64 Apache, zunächst ein Hughes- und später ein McDonnel-Douglas-Produkt.
Bei Lockheed Martin – umgangssprachlich oft zu «LockMart» verkürzt – handelt es sich zwar ebenfalls um einen Konzern mit zivilen und militärischen Produkten. Letzteres überwiegt jedoch deutlich. Gut drei Viertel des Umsatzes entstammen militärischen Verträgen; der größte Einzelkunde ist das US-Verteidigungsministerium.
Das heutige Unternehmen splittet sich in vier Segmente auf:
Daneben ist das Unternehmen ein Großinvestor in den Themengebieten Gesundheitstechnik, erneuerbare Energien und intelligente Energienetze sowie Kernfusion.
Die Vorgängerfirmen
Lockheed Martin entstand vergleichsweise spät. Erst 1994 wurde das in Maryland beheimatete Unternehmen aus der Lockheed Corporation und Martin Marietta gegründet.
Dadurch finden sich hierhin primär die folgenden Firmen:
Unter anderem ist LockMart deshalb für die US-amerikanischen seegestützten Interkontinentalraketen vom Typ UGM-133 Trident II zuständig – während die landgestützte LGM-30 Minuteman III zu Boeing gehört
Was Airliner anbelangt, so ist Airbus heute nicht nur der größte europäische Konzern, sondern teilt einen Großteil des Weltmarkts zusammen mit Boeing – zu sehen aktuell im Falle der Suche nach neuen Langstrecken-Jets durch Air France-KLM.
Da Airbus‘ zivile Sparte deutlich überwiegt (der Konzern ist seit 2019 der weltgrößte Airliner-Fabrikant), wurde das Unternehmen durch die Corona-Krise vergleichsweise hart getroffen. Dadurch sind für die Aktien derzeit recht hohe Renditen möglich. Sie rangieren im Bereich von bis zu 11 % p.a. Andere Firmen mit größerem militärischen Anteil konnten die Krise etwas besser abwettern.
Das Dachunternehmen und gleichzeitig der Herstellername der zivilen Flugzeugsparte ist Airbus SE – auch als Airbus Commercial bezeichnet.
Zudem existieren die Sparten
Hierunter wiederum existieren verschiedene Tochterfirmen unterschiedlicher prozentualer Anteile, etwa die ArianeGroup (u.a. zuständig für die Ariane-Raketen), Eurofighter oder Panavia Aircraft (das Konsortium hinter dem Tornado).
Die Vorgängerfirmen
Der heutige Airbus-Konzern entstand im Jahr 2000 als European Aeronautic Defence and Space Company (EADS). Hierin vereinigen sich einige der vormals wichtigsten europäischen Flugzeugbauer, speziell aus dem französischen und deutschen Raum.
Im Einzelnen sind das unter anderem:
Tatsächlich ist enthält Airbus das «Erbe» eines Großteils der deutsch-französischen und spanischen Flugzeugbauer. Allein die Airbus-Geschichte selbst ist deshalb höchst spannend und ebenso eine Geschichte deutsch-französischer Völkerverständigung.
Lockheed Martin mag in Form seiner berühmten «Skunk Works»-Abteilung für viele strenggeheime, technisch wegweisende militärische Entwicklungen von Vergangenheit und Zukunft zuständig sein. Was jedoch unkonventionelle Ideen anbelangt, dürfte insbesondere der erste Teil von Northrop Grumman (NG) keinen Deut weniger spannend sein.
Der Konzern ist ebenfalls fast ausschließlich im Defense-Sektor beschäftigt.
Seit 2022 besteht folgende Gliederung:
Unter anderem fertigt Northrop Grumman derzeit den strategischen Nurflügelbomber B-21, ist für den Vorgänger B-2 zuständig, entwickelte das James Webb Space Telescope und ist einer der größten Produzenten für maritime Navigationstechnik.
Die Vorläuferfirmen zeichneten unter anderem für solche Meilensteile wie die Apollo-Mondlandefähre und den T-38 Jet-Trainer verantwortlich. Zudem gilt Grumman als einer der mit Abstand profiliertesten Flugzeuglieferanten der US Navy und mit dem LLV als Lieferant eines in den ganzen USA zigtausendfach bekannten Post-Minivans.
Die Vorgängerfirmen
1994 schlossen sich Northrop und Grumman nach jahrzehntelangen erfolgreichen Alleingängen zusammen. Die primär hinter dem heutigen Konzern stehenden Firmen sind:
Unter anderem ist NG derzeit mit dem Bau des HALO-Moduls im Rahmen des Artemis-Mondprojekts betraut.
GE Aerospace ist zwar ein eigenständiges Luftfahrtunternehmen, allerdings «nur» eine Tochter von General Electric. Als solche ist das Unternehmen heute eine der wenigen Größen an der Spitze des Marktes, die keine eigenen Flugzeuge bauen.
Vielmehr ist GE Aerospace einer der weltweit bedeutendsten Produzenten von Flugzeugtriebwerken. So entwickelte das Unternehmen etwa den High-Bypass Turbofan GE9X exklusiv für die Boeing-777-Familie.
Die Vorgängerfirmen
General Electric gehört zu den Flugmotorpionieren. Insbesondere auf dem Gebiet aufgeladener Motoren. Ab den 1940er Jahren gehörte das Unternehmen zu den Vorreitern von Jetturbinen; entwickelte unter anderem die berühmten Serien J35, J47, J79, T58 und T64. Außerdem produzierte die Firma den ersten Turbofan mit hohem Nebenstromverhältnis in Form des TF39.
Was Vorgängerfirmen anbelangt, ist die Liste kurz. GE operierte lange Zeit eher in Form von Partnerschaften, etwa via CFM International (zusammen mit Safran), Garrett AiResearch oder Engine Alliance (zusammen mit Pratt & Whitney).
2022 gab General Electric bekannt, dass GE Aviation zu GE Aerospace umbenannt und mittelfristig zum Nachfolger von General Electric würde – also von der Tochter zum Mutterkonzern. Da GE schon zu diesem Zeitpunkt der größte Flugzeugtriebwerkshersteller der Welt war, erscheint dies vielen Beobachtern als logischer Schritt.
Rolls-Royce ist mit seiner Gründung 1904 ein altes Unternehmen. Die Rolls-Royce Holdings plc (RR) ist mit Gründungsjahr 2011 dagegen ein junger multinationaler Luftfahrt- und Defense-Konzern.
Der Fokus liegt dabei eindeutig auf Triebwerken. Neben Töchtern in mehreren Ländern gehören dazu unter anderem die Firmen Vinters Engineering und Bergen Marine. Außerdem unterhält RR Joint Ventures mit Rolls-Royce Turbomeca und MET Turbomeca Rolls-Royce.
Die Vorgängerfirmen
Im Verlauf seiner Geschichte erwarb Rolls Royce mehrfach andere Firmen. Teils wurden diese jedoch später wieder veräußert. Dazu gehören bzw. gehörten unter anderem:
Nachdem Rolls-Royce über viele Jahre im Bereich ziviler Atomkraft tätig gewesen war, wurde diese Sparte bis auf den Bereich Small Modular Reactor 2019 an Westinghouse veräußert.
Was kleinere Flugzeuge und Helikopter anbelangt, ist die 2014 geformte Textron Aviation Inc. heute einer der wichtigsten Konzerne der Welt. Außerdem ist das Unternehmen sehr umtriebig, was die Entwicklung zukünftiger elektrischer Rotorflugzeuge anbelangt (eVTOLs).
Die Vorgängerfirmen
Textron Aviation erfuhr vielleicht den interessantesten Werdegang der in diesem Text gelisteten Unternehmen. Textron selbst geht auf einen 1923 gegründeten US-Spezialisten für die Fertigung synthetischer Garne zurück. Im Zweiten Weltkrieg fertigte das Unternehmen unter anderem Fallschirme.
Kurz nach Ende der Feindseligkeiten wurde diese ehemalige Antlantic Rayon Coproration in Textron umbenannt – ein Kofferword aus «Textile» und der für synthetische Stoffe gängigen Endung «tron». Schon kurz danach begann der Aufbau zu einem Konzern. Im Lauf der Geschichte wurden mehrere namhafte Firmen erworben:
Ende 2022 gab die US-Army das Kipprotor-Modell V-280 Valor als Sieger des Future Vertical Lift Program bzw. dessen Teileinheit Future Long-Range Assault bekannt. Dadurch tritt Textron die Nachfolge des Sikorski UH-60 an.
Auch Honeywell Aerospace ist eine Tochterfirma; genauer gesagt von Honeywell International und damit einem Mischkonzern, der nicht nur in der Luftfahrt tätig ist, sondern ebenso bei Gebäudetechnik, Chemikalien und Materialien sowie Industrielösungen.
Den ersten Kontakt mit der Luftfahrt machte das in seinen Wurzeln bis zurück ins Jahr 1885 datierende Unternehmen im Zweiten Weltkrieg. Damals entwickelte Honeywell den C-1-Autopiloten. Das System revolutionierte die damals mögliche Präzision beim Einsatz von Bombern und wurde unter anderem im Boeing-Modell B-29 eingesetzt.
In den folgenden Jahrzehnten machte sich Honeywell einen Namen als Hersteller des Automatic Master Sequence Selector. Eine frühe Form von Universal-Autopilot-Kontrolleinheit, die vom Taxiing über den Start bis zum Beginn des Landeanflugs die Kontrolle übernehmen konnte.
Anfang der 1960er entwickelte Honeywell Teile des Trägheitsnavigationssystems für das Boeing-Projekt X-20. Der berühmte «Dyna-Soar» war der erste Schritt zu wiederverwendbaren Raumgleitern und leistete wichtige Entwicklungsarbeit auf dem Weg zum Space Shuttle.
Die Vorgängerfirmen
Die Geschichte von Honeywell und Honewell Aerospace ist durch die vielen Zukäufe und Aufspaltungen komplex. An dieser Stelle deshalb nur die wichtigsten Namen, die heute hinter Honeywell stehen:
Heute ist Honeywell Aerospace einer der weltweit führenden Hersteller von Avionik-Systemen, Runway Situational Awareness Tools, Wetter-Radaren, Black Boxes, Flugzeugbremsen und -rädern sowie APU-Hilfstriebwerken. Unter anderem war das Honeywell 131-9-Hilfstriebwerk maßgeblich an der erfolgreichen Notwasserung von Flug 1549 auf dem New Yorker Hudson River beteiligt.
Aufmerksamen dürfte bereits eines in diesem Text aufgefallen sein: Es gibt, wenigstens unter den großen Konzernen, kein einziges Unternehmen, das ausschließlich zivil agiert. Praktisch alle sind zu einem mehr oder weniger großen Teil auch in der Rüstung verankert, manche Namen dieser Liste zählen sogar zu den größten Defense-Unternehmen des Planeten. Der italienische Konzern Leonardo macht dabei keine Ausnahme.
Gegründet 1949 als staatliche Sub-Holding (des Istituto per la Ricostruzione Industriale) namens Finmeccanica war das Unternehmen zunächst nur insofern an der Luftfahrt beteiligt, als dass es an der Kontrolle des Konzerns Aeritalia beteiligt war – ein Zusammenschluss von Fiat Aviazione, Aerfer und Salmoiraghi.
Im Verlauf der 1980er wurden jedoch immer mehr zuvor eigenständige Firmen unter dem Finmeccanica-Dach zusammengeführt. Mittlerweile ist das seit 2016 Leonardo-Finmeccanica und ab 2017 nur noch Leonardo genannte Unternehmen in fünf Sparten unterteilt:
Insgesamt ist die Produktstruktur jedoch vielfältiger, als diese Liste es vermuten lässt: Neben Luftfahrzeugen fertigt Leonardo unter anderem verschiedene Rohrwaffensysteme (insbesondere im maritimen Bereich) sowie Torpedos und Drohnen.
Die Vorgängerfirmen
Welche Firmen zu Aeritalia gehörten, wurde bereits erläutert. Auf den folgenden Zeilen deshalb nur die wichtigsten weiteren Firmen unter dem Leonardo-Dach:
Insgesamt hat Leonardo ein knappes Dutzend hundertprozentige Tochterunternehmen und ist an einem weiteren Dutzend Joint Ventures beteiligt (unter anderem der Eurofighter GmbH). Der größte Anteilseigner ist das italienische Wirtschaftsministerium.