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«Die Zeit war zu knapp»

[image1]Wie es zum überraschenden Aus für die Schweizer Charterairline Hello kam, erklärt Vorstandsvorsitzender Robert Somers im Interview mit aeroTELEGRAPH.

/span>Am Sonntagabend war es soweit. Die Schweizer Airline Hello gab sich geschlagen und stellte den Flugbetrieb per 23:00 Uhr ein. Sie flog Flugzeuge und Besatzungsmitglieder zurück in die Schweiz. Das Unternehmen mit Heimbasis am Euro Airport Basel Mulhouse und rund 140 Mitarbeitern meldete Insolvenz an – wegen der Krise in der Luftfahrt und eines internen Betrugsfalls. Kein Wunder, dass Robert Somers, Vorstandsvorsitzender der Airline, wenig schlief. Zwei oder drei Stunden habe er wohl ein Auge zu getan, sagt er. Doch es gibt viel zu tun, zu erklären, aber auch vorzubereiten. Es werde ein langer Tag.

Wann merkten Sie das erste Mal, das etwas nicht stimmte?
Somers: Vor etwa zwei Wochen. Unser neuer Finanzchef trat Anfang Oktober den Dienst an. Als er sah, wie schlecht die Zahlen für den August waren, wurde er stutzig. Auch wir dachten uns, das kann doch nicht sein. Der August war immer unser bester Monat. In diesem Jahr war das nicht der Fall. Da läuteten die Alarmglocken.

Wie vertuschte der Ex-Finanzchef denn die Verluste?
Somers: Er gab über eine ganze Zeit falsche Zahlen ein, wohl seit Anfang des Jahres. Wir versuchen gerade das herauszufinden.

Warum merkte das niemand im Management oder Verwaltungsrat?
Somers: Eine kleine Firma wie Hello basiert auf Vertrauen. Wenn uns jemand bewusst hintergeht, kann man kaum etwas machen. Klar haben wir Kontrollsysteme, die Fehler verhindern sollen. Doch wenn jemand die Zahlen extra manipuliert, greifen diese nicht. Er hatte bereits gekündigt und im gekündigten Zustand hatte der Ex-Mitarbeiter wohl keine Skrupel. Unser neuer Finanzchef merkte es nach ein paar Tagen, als er die Bücher genauer angesehen hatte.

Wie groß waren denn die Differenzen zwischen den wahren Zahlen und den vom Ex-Mitarbeiter vorgelegten bezüglich der Liquidität?
Somers: Es handelt sich um einen einstelligen Millionenbetrag

Und wieviel Kapital hätten Sie gebraucht, um die Firma wieder auf die Beine zu bekommen?
Somers: Auch hier ist es ein einstelliger Millionenbetrag.

Sie reden aber auch von wirtschaftlichen Gründen, die zum Grounding führten. Sie verloren Aufträge.
Somers: Dass die allgemeine Situation momentan alles andere als einfach ist, weiß jeder. Zudem verloren wir mit Tui Deutschland einen wichtigen Großkunden. Dem geht es selbst nicht besonders toll. Er stationierte aber selbst einen Flieger in Basel. So etwas passiert. Gegen einen solchen Einbruch beim Geschäft kann man etwas tun. Doch bei uns war die Zeit zu knapp. Zwei Wochen sind nicht genug, um das Steuer bei einer Firma herumzureißen.

Was hatten Sie denn bereits unternommen, um wieder auf die Beine zu kommen?
Somers: Wir arbeiteten bereits mit einer Beratungsfirma zusammen. Sie unterstützte uns, das Geschäft wieder auf Kurs zu kriegen. Wir waren auch bereits im Gespräch mit Investoren.

Mit wem verhandelten sie da? Waren es private Investoren oder auch Airlines?
Somers: Es handelt sich um vier bis fünf Interessenten, genaueres kann ich dazu nicht sagen.

Sie sprechen von einer vorübergehenden Einstellung des Flugbetriebs, gleichzeitig aber meldeten sie Insolvenz an. Wie kann das gehen?
Somers: Wir waren eigentlich auf gutem Weg, daher bleibe ich weiter zuversichtlich. Wir haben beim Konkursrichter um mehr Zeit gebeten, heute entscheidet er über den Aufschub. Wir können unser Unternehmen retten. Doch für so etwas braucht es Zeit. Und diese Zeit wurde uns vom ehemaligen Finanzchef genommen.

[image2]Robert Somers (1965) ist Vorstandsvorsitzender von Hello. Der Ire ließ sich ursprünglich zum Flugzeugtechniker ausbilden und wurde später Pilot für die Crossair. Danach leitete er die Flugschulung und holte eine Managementausbildung nach.