Letzte Aktualisierung: um 15:54 Uhr

Normal ist nicht der Normalfall

Ein Flug, ganz ohne Anomalien? Das gibt es seltener, als die meisten denken - auch wenn die meisten Probleme harmlos sind.

Am 4. November war von der Crew auf Qantas Flug 32 volle Konzentration nötig. Ein Glück also, dass bei dem bisher schwersten Zwischenfall mit einem Airbus A380 fünf statt normalerweise drei Piloten an Bord waren. Ein Pilot in der Ausbildung und sein Vorgesetzter waren auch an Bord, als kurz nach dem Start in Singapur aus dem Triebwerk Nummer zwei Öl austrat und es in Brand geriet. Herumfliegende Teile beschädigten die Tragflächen des Fliegers. In der Folge waren auch zwei weitere Triebwerke nur noch eingeschränkt brauchbar, die Landeklappen waren ebenfalls beschädigt. Ganze 54 Fehlermeldungen blinkten in der Folge im Cockpit auf, der Geräuschpegel stieg erheblich an.

Nachdem sie festgestellt hatten, dass der Superjumbo noch flugfähig war, diskutierten die fünf Crew-Mitglieder fünfzig Minuten lang, wie man nun vorgehe. Das Ergebnis war vorbildlich – nach der Notlandung in Singapur, bei der auch noch die Reifen des Fliegers platzten wurde keiner der 440 Passagiere und 29 Crewmitglieder verletzt. In regem Austausch hatten die Kapitäne und Offiziere errechnet, dass sie die Daten einer Landung bei nasser Landebahn nutzen müssen, um mit dem zusätzlichen Gewicht durch Treibstoff nicht zu schnell zu werden.

2011 das sicherste Jahr

Der gute Ausgang ist Ergebnis geistesgegenwärtigen Handelns in einer Ausnahmesituation. Und diese gibt es – wenn auch bei weitem nicht immer so schwer wie im Fall von Flug 32 – auf ganzen neun von zehn Flügen, wie es auf einem Symposium der Toulouser Akademie für Luft- und Raumfahrt kürzlich hieß, von dem die Zeitung Libération berichtete. Der Kongress beschäftigte sich mit genau solchen «unerwarteten» Zwischenfällen. In der Regel verlaufen diese ganz harmlos. Unerwartet heißt, dass die Piloten manuell eingreifen müssen und bezieht sich auf Vorfälle, die nicht im Pilotenhandbuch zu finden sind. Dazu gehört genauso ein unerwarteter Geräteausfall wie eine Situation, wenn sich beide Piloten aus dem Cockpit ausschließen und sich wieder Zutritt verschaffen müssen.

Nur ein normaler Flug in zehn – eigentlich sollte diese Zahl aber keinen Anlass zur Sorge geben. Dass Fliegen das sicherste Fortbewegungsmittel ist, ist allgemein bekannt. Statistisch gesehen müsste ein Passagier ganze 15’000 Jahre lang täglich fliegen, bevor ihm etwas passiert. Und das vergangene Jahr war laut Daten des Luftfahrtverbands Iata das sicherste seit Beginn der Aufzeichnungen. Auf 7,1 Millionen Passagiere kam ein Todesfall – im bisherigen Rekordjahr 2004 waren es 6,4 Millionen Passagiere.

Vorfälle genau untersuchen

Um dieses Ergebnis weiter zu verbessern, müsse man auch unwahrscheinliche Vorfälle in das Training der Piloten integrieren, heißt es von den Branchenexperten. Um die Luftfahrt in den nächsten Jahrzehnten sicherer zu machen, sei das der Schlüssel. Auch die Untersuchungsbehörden spielen dabei eine wichtige Rolle. Sie nehmen Vorfälle wie etwa den Flug 32 von Qantas genau unter die Lupe, schlüsseln das Verhalten im Cockpit und das der Maschine auf, m das unerwartete vielleicht irgendwann erwartbarer zu machen.