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Island: Was die Krise bringen kann

Neue Flotte, neue Ziele: Icelandair floriert. Das liegt paradoxerweise an der isländischen Staatspleite.

Über den Berg ist Island noch lange nicht. Doch seit dem 6. Oktober 2008 ist einiges passiert. Damals hatte die Regierung in Reykjavik im nationalen Fernsehen den finanziellen Kollaps des Landes verkündet. Alle drei großen Banken des Landes waren kollabiert, sie rissen die Konjunktur mit sich nach unten, die Währung brach zusammen. Island war damit das erste Land, das zum Opfer der Finanzkrise wurde. Doch das ist bereits weit weg. Inzwischen konnte der Inselstaat im Nordatlantik mit seinen 320’000 Einwohnern bereits wieder das Krankenhaus verlassen. Im Jahr 2011 wuchs die Wirtschaft um mehr als zwei Prozent und auch in diesem Jahr wird ein Plus von 2,5 Prozent erwartet.

Und zumindest einer Branche hat die Krise sogar gutgetan. Die schwache Isländische Krone macht es für Touristen zunehmend erschwinglich, das Land zu bereisen in dem ein Bier einst 10 Euro kostete. Und davon profitieren auch die Fluggesellschaften. Mit der Wirtschaftskrise sei es ein bisschen wie mit dem Vulkanausbruch im Jahr 2010, der den Luftverkehr eigentlich zum Stillstand brachte: «Im Endeffekt ist jede Publicity gute Publicity», sagt Bjorgolfur Johannsson, Chef der Nationalairline Icelandair gegenüber der Wirtschaftszeitung Financial Times. Die Touristenzahlen seien aufgrund beider Faktoren stark angestiegen.

Flottenumbau geplant

Dem Boom habe Icelandair schließlich auch zu verdanken, dass man im zweiten Quartal des Jahres den Umsatz um rund 15 Prozent steigern konnte, lässt Johannsson sich in einer Pressemitteilung des Unternehmens zitieren. Vor allem Passagiere aus Europa und den USA habe es deutlich mehr gegeben. In der Folge weitet die Fluggesellschaft die Destinationen aus, drei neue Ziele fliegt sie ab 2013 an: Zürich, St. Petersburg und Anchorage in Alaska stehen neu auf dem Flugplan. Sie fliegt die neuen Ziele mit einer Boeing B757 an.

An der Flottenzusammensetzung könnte sich schon bald etwas ändern. Schon in naher Zukunft werde man darüber entscheiden, wie die Icelandair-Flotte in Zukunft aussehen werde, gab die Airline gleichzeitig mit dem Ergebnis des zweiten Quartals bekannt. Schon bald werde man auf einen Mix aus den großen B757 und auch kleineren Fliegern setzen, um das Streckennetz effizienter zu bedienen. Momentan fliegen 16 B757 im Passagierdienst von Icelandair. Welche anderen Typen in Frage kämen, verriet die Airline gemäß dem Fachportal Flightglobal nicht. Aber seien sowohl Airbus und Boeing als auch andere Hersteller möglich.

Menschen statt Privatjets

Dass das Wirtschaftsumfeld in Island freundlicher wird, zeigt sich auch an zahlreichen neuen Gründungen von Unternehmen – neben vielen kleinen Start-Ups entstand auch eine neue Airline: Wow Air. Im Juni dieses Jahres nahm der Billigflieger den Betrieb auf. Er fliegt zunächst mit zwei Airbus A320 mit 168 Sitzen, die vom Leasingunternehmen Avion Express stammen. Die isländischen Investoren Skuli Mogensen und Baldur Baldursson gründeten das Unternehmen 2011. Auch sie sehen das Potenzial, das im Neuanfang der isländischen Wirtschaft liegt. Die Nachfrage soll da sein, heißt es. So hat sich in Island durch die Krise eben doch auch langfristig etwas geändert. Andere Airlines bauen ihre Angebote nach Island ebenfalls aus. Die Rollfelder des Flughafens, so Icelandair-Chef Johannsson, seien vor der Krise voll mit Privatjets gewesen. Damals habe man noch abstrakt mit dem Geld anderer Menschen gehandelt. Nun arbeite man wieder mit «realen Dingen». Mit Fischen und Touristen etwa.