Letzte Aktualisierung: um 12:40 Uhr

Beinahekollision über Sibirien

Ein Flieger von Vim Avia steuerte auf eine B747 von Cathay Pacific zu. Nur durch einen Zufall kam es nicht zur Katastrophe.

Die 163 Passagiere der Boeing 757-200 von Vim Avia bekamen vom Zwischenfall wenig mit. Dabei durchlebten sie am frühen Morgen des 24. Juni eigentlich heikle Minuten. Sergeij Kowaljew, Präsident der russischen Fluglotsengewerkschaft, spricht jedenfalls bereits davon, dass es an jenem Sonntag beinahe zu einer der größten Katastrophen der Luftfahrtgeschichte gekommen wäre. Die Maschine mit der Immatrikulation RA-73018 war planmäßig in der Stadt Jekatarinenburg im Ural gestartet. Flug NN5315 sollte die Reisenden in die vietnamesische Metropole Hanoi bringen. Rund 450 Kilometer westlich von Nowosibirsk bemerkten die Piloten aber Probleme mit dem linken Triebwerk. Gemäß der Zeitung Komsomolskaja Prawda bemerkten Reisende Rauch um die Tragfläche. Der Motor schaltete sich in der Folge ganz aus. Die Crew verlangte deshalb umgehend eine Sicherheitslandung am Flughafen der sibirischen Großstadt und begann zu sinken.

Bei ihrer Meldung an die Fluglotsen beging die Crew von Vim Avia aber einen schweren Fehler. Gemäß der Zeitung Iswestija meldete sie lediglich «Motorenprobleme». «Das kann alles heißen», erklärte ein anonymer Experte gegenüber dem Blatt. Wegen der unklaren Kommunikation begriffen die Luftverkehrsaufseher nicht, dass die Boeing 757 Steuerungsprobleme hatte und nur mit Einschränkungen manövrierbar war. Sie verordneten den Piloten der Boeing B757, 20 Grad nach links abzudrehen. So sollte sie mehr Abstand zu einer anderen Maschine erhalten, die sich gerade in der Nähe befand. Doch dieses Manöver führte die Crew von Vim Avia nicht aus. Sie führte unbeirrt die Landevorbereitungen aus und sank. Für den Sinkflug hatte der Flieger aber keine Erlaubnis.

Erinnerungen an Überlingen

Das führte beinahe zur Katastrophe. Denn eine Boeing B747-400 von Cathay Pacific war in der Gegend von Nowosibirsk in entgegengesetzter Richtung unterwegs. Flug CX261 war in Hongkong gestartet und steuerte nach Paris Charles de Gaulle. Die beiden Flieger flogen nun bedrohlich aufeinander zu. Am Ende kreuzten sich die beiden Maschinen dennoch ohne Zwischenfall. Weil die Vim-Avia-Maschine rasant gesunken war, flog sie 400 Meter unter dem Jumbo von Cathay hindurch. Doch es war sehr knapp. Nur gerade fünf Sekunden fehlten gemäß Iswestija bis zum Zusammenstoß.

Die heikle Situation wurde von den Beteiligten Piloten zuerst verschwiegen und wurde erst jetzt durch die Medien bekannt. Russische Medien erinnern im Zusammenhang mit der brenzligen Situation an die Katastrophe von Überlingen vor zehn Jahren, als eine russische Maschine über dem Bodensee mit einem Frachtjet zusammenstieß.