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Verhaftungswelle bei Tunisair

Gleich vier Ex-Chefs werden verdächtigt, Verwandten des Ex-Diktators Ben Ali fiktive Jobs zugeschanzt zu haben.

Die Praxis soll in Tunesien gang und gäbe gewesen zu sein: Kaderleute der staatlichen Fluggesellschaft schufen gut bezahlte fiktive Stellen für Personen, die der Regierung nahe standen. Entweder waren es Familienangehörige von Funktionären der Regierungspartei Rassemblement constitutionnel démocratique oder Verwandte des Alleinherrschers Zine el-Abidine Ben Ali. Gearbeitet haben diese Angestellten freilich nie. Nun will Verwaltungsreform-Minister Mohamed Abbou die Verantwortlichen für diese illegale Abzweigung von Staatsvermögen zur Rechenschaft ziehen. Er ließ letzte Woche gleich acht ehemalige Kadermitarbeiter von Tunisair festnehmen. Fünf davon sind die Ex-Firmenchefs Tahar Haj Ali, Nabil Chettaoui, Rafaa Dkhil, Ahmed Smaoui und Youssef Néji.

Am Freitag wurden zwei Manager wieder freigelassen, nachdem sie länger befragt worden waren. Drei wurden unter Hausarrest gestellt. Drei Führungsleute der tunesischen Airline sitzen aber weiter in Haft. Neben fiktiven Arbeitsplätzen steht auch der Vorwurf der Korruption im Raum. In den Medien wurde der Kampf gegen den Diebstahl von Staatsvermögen zwar weit herum begrüßt. Es wurde aber auch die Frage gestellt, ob die ehemaligen Konzernchefs wirklich etwas dafür können, wenn in ihrem Unternehmen Dinge geschahen, die in der Zeit der Diktatur üblich waren. Dies umso mehr, als es kaum möglich war, der Familie von Regierungschef Ben Ali etwas abzuschlagen. Offenbar sollen konkret drei Angehörige der Herrscherfamilie fiktive Posten bekommen haben.

Bessere Auslastung

Seit dem Sturz des Diktators versucht sich Tunisair aufzurappeln. 2011 flog die Fluggesellschaft als Folge des Arabischen Frühlings einen Verlust von umgerechnet 100 Millionen Euro ein. Inzwischen besserte sich die Situation aber deutlich. Zwischen Anfang Januar und Ende März 2012 transportierte die Airline 668’000 Passagiere – beinahe 50 Prozent mehr als in der gleichen Periode im Vorjahr. Die Auslastung betrug 73,8 Prozent.