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«Der A350 kommt nicht in Frage»

Warum setzt die Swiss ganz auf die Boeing B777? Eröffnet sie neue Langstrecken? Und was plant sie in Genf? Swiss-Operativchef Rainer Hiltebrand im Interview.

Vor einigen Jahren baute die Swiss in Genf massiv ab. Dann griff Easyjet an. Kaufen Sie sich nun teuer Marktanteile zurück?
Das waren völlig andere Zeiten. Es war damals übrigens noch die Swissair und nicht die Swiss, welche die Strecken aufgab – so auch die Langstrecken. Es herrschten andere Bedingungen, andere Marktverhältnisse. Wir mussten dann zuerst unser Drehkreuz in Zürich stabilisieren. Das funktionierte. In der Zwischenzeit entwickelte sich der Markt und wir möchten uns nun in Genf wieder besser positionieren. Ich glaube, wir können hier noch ein besseres Produkt, einen besseren Service bieten als bisher.

Der neue Tarif «Economy Light» mit Einfach-Option erinnert ziemlich an Easyjet. Ist die Kopie der Weg, alte Kunden zurück zu gewinnen?
Klar, der Tarif mag an Easyjet erinnern, aber es ist eben nicht Easyjet, sondern Swiss. Wir bieten trotz des günstigen Tarifes weiterhin ein Alles-Inklusive-Angebot. Kunden, die bei uns buchen, bekommen etwas zu essen und zu trinken. Swiss bleibt insofern Swiss. Aber wir sprechen damit sicher auch Kunden an, die wir vorher nicht erreichten.

Wollen Sie das Konzept Economy Light später auch in Zürich anbieten?
Nein, das ist ein anderer Markt, der ein anderes Geschäftsmodell erfordert. Zürich ist ein Umsteigeflughafen. Wir fliegen die Leute aus Europa ein und dann wieder hinaus in die ganze Welt. In Genf hingegen sind Direktverbindungen nach Europa zentral und nicht der Interkontinentalverkehr.

Das heißt, in Zürich ist ein Economy-Light-Tarif ausgeschlossen?
Ich schließe nie etwas vollkommen aus. Aber momentan ja. Vielleicht in zehn Jahren? Das kann man jetzt noch nicht genau sagen.

Und in Basel, wo Easyjet der Swiss ebenfalls stark Konkurrenz macht?
Basel könnten wir uns schon eher vorstellen. Aber auch das müssen wir uns erst anschauen. Immerhin sind damit nicht nur Chancen verbunden, sondern auch Risiken. Wir müssen erst sehen, wie dir Kunden das Produkt annehmen, wie sie damit umgehen. Wenn alles klappt, dann kommen ähnliche Angebote vielleicht auch nach Basel

Sie haben neue Europa-Strecken vorgestellt – prüft Swiss auch neue Langstrecken?
Für Genf derzeit sicher nicht und auch in Zürich kommt in nächster Zeit eher nichts Neues. Man muss ja bedenken, dass man für eine neue Langstrecke die Flugzeuge und auch die Besatzungen braucht. Für die nächsten Jahre planen wir erst einmal keine neuen Interkontinental-Verbindungen.

Obwohl Sie mit den neu bestellten Boeing B777 mehr Kapazität haben werden? Immerhin hat sie Platz für deutlich mehr Passagiere.
Und den brauchen wir auch. Wenn wir die Strecken nach Asien, nach São Paulo oder Nordamerika ansehen – da wächst der Markt. Unsere Auslastungsgrade auf Strecken wie Bangkok oder São Paulo sind enorm.

In der Swiss-Flotte befinden sich derzeit noch 15 A340. Bisher sind nur sechs Triple-Seven als Ersatz bestellt – stehen weitere Order an?
Wir planen natürlich immer und schauen uns den Markt genau an. Wir haben nun sechs B777 bestellt. Die sind für die wichtigsten Destinationen, die wir auf die B777 umstellen wollen. Was danach kommt? Das schauen wir uns jetzt an. Wir entschieden noch nicht. Aber ich sage nicht «Nein» zu weiteren Triple-Seven.

Kommt als A340-Ersatz auch noch der A350 in Frage?
Nein, er kommt nicht in Frage. Wir haben uns für Boeing entschieden, wir werden nicht mehr auf einen neuen Zug aufspringen.

Warum nicht?
Die Triple-Seven ist ein gutes Flugzeug und dabei bleibt es. Und sie hat sich auch schon bewährt.

Bisher setzten Sie auf Airbus – ist der Wechsel in Zeiten des hohen Kostendrucks nicht kontraproduktiv?
Natürlich gehen damit einige operative Nachteile einher, indem man Synergien verliert, die eine Einheitsflotte bietet. Doch diese werden von den wirtschaftlichen Vorteilen der B777 weit übertroffen.

Rainer Hiltebrand (59) ist seit Mai 2010 Chief Operating Officer der Swiss. Er begann seine Karriere als Pilot bei der Swissair.