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Gefährliche Toilettenpause

Jeder muss mal auf die Toilette - auch Piloten. Aber das kann unter Umständen ein Sicherheitsrisiko bedeuten.

Seit dem 11. September 2001 ist das Cockpit eine Hochsicherheitszone. Wer nicht zur Crew gehört oder sich einem besonderen Sicherheitscheck unterzogen hat, darf keinen Fuß hinein setzen – so soll die Gefahr einer Flugzeugentführung gebannt werden. Doch es gibt immer noch eine Sicherheitslücke, die zu beheben sich die Airlines schwer tun: Hin und wieder muss jeder Mensch auf die Toilette – eben auch Piloten. Und dafür müssen sie das Cockpit verlassen. In Fällen von normalen Menschlichen Bedürfnissen, wie eben dem Toilettengang, oder um etwas zu essen oder zu trinken, ist es laut den Regeln der amerikanischen Luftfahrtbehörde FAA der Crew erlaubt, die Tür des Cockpits zu öffnen.

«Es ist wie im Mittelalter: Das Schloss ist sicher, solange die Zugbrücke nicht heruntergelassen wird», erklärt der Pilot Rob Powers dem Internetmagazin «The Atlantic». Der ehemalige Vorsitzende des Sicherheitskommitees der amerikanischen Pilotenvereinigung setzt sich daher wie viele seiner Kollegen für die Einführung zweiter Barrieren ein, die es möglichen Eindringlingen erschweren sollen, ins Cockpit zu stürmen. Eine Zeitverzögerung von fünf Sekunden würde schon reichen – so lange dauert es in der Regel, die Tür zu öffnen und wieder zu schließen.

Die Barrieren sehen ein bisschen aus wie ein Gatter: Gittertüren, die ein potentieller Entführer erst überwinden müsste. Und die fünf Sekunden, die das dauern würde, könnten, so zeigt es ein Szenario der US-Pilotenvereinigung, Hunderte Leben retten. Die Piloten haben getestet, wie lange es dauern würde, wenn ein möglicher Terrorist, der in einer der ersten Reihen des Fliegers sitzt, an Flugbegleitern und Piloten vorbei ins Cockpit stürmt. Das Ergebnis: Nur drei Sekunden.

Keine Vorschriften für Zweit-Barrieren

Trotzdem erachten es Luftfahrtbehörden wie die FAA aber auch der Internationale Luftfahrtverband IATA nicht für nötig, die Barrieren zur Pflichtausstattung für Flugzeuge zu zu erklären. «Momentan sehen wir dazu keinen Anlass», so eine FAA-Sprecherin gegenüber The Atlantic. Einige Fluggesellschaften wie United Airlines haben die Zweit-Türen in einigen Fliegern aber schon freiwillig eingebaut. Aber das Feedback der Crew ist nicht immer positiv. Northwest Airlines (inzwischen Delta) hat sich nach einer einjährigen Testphase 2007 gegen die Barrieren entschieden. Sie würden es etwa den Flugbegleitern schwierig machen, den Piloten Essen oder Kaffee zu bringen, weil sie mit vollen Händen die Tür schließen und öffnen müssten, so ein Northwestpilot gemäß dem Internetportal. Trotzdem hält er die Einrichtung generell für wichtig. Man müsse nur die Konstruktion überarbeiten.

Für viele Fluggesellschaften ist die Installation solcher Hürden aber auch aus Kostengründen noch keine Option. Sie kosten um die 10’000 bis 20’000 Dollar. Auf die Lebensdauer eines Fliegers gerechnet, wären es sogar etwa 100’000 Dollar. Das ist allerdings nur ein Bruchteil dessen, was zum Beispiel ein neues In-Flight-Entertainmentsystem kostet. Diese installieren viele Airlines momentan in ihren Fliegern – Kostenpunkt: etwa eine Million Dollar.