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Lot droht Boeing mit Klage

Die polnische Nationalairline setzte voll auf den Dreamliner. Das Grounding traf sie deshalb hart. Nun will sie Geld von Boeing – und auch nochmals vom Staat.

Für Boeing war offenbar alles geregelt. Bei der Präsentation der Halbjahresergebnisse am 24. Juli erklärte Vorstandsvorsitzender James McNerney, man habe sämtliche Fluggesellschaften für die Probleme mit den Dreamlinern entschädigt. «Es gab einige Kunden, bei denen wir Verpflichtungen zu erfüllen hatten. Das haben wir getan.» Nun sei alles geregelt und er sei überzeugt, dass alle Kunden Boeing nach Beendigung der Krise den Rücken stärken, so der Manager weiter.

Zumindest ein Kunde tut das nicht. Die polnische Lot ist empört über Boeings Aussagen. Man sei noch nicht für die Verluste entschädigt worden, die durch das monatelange Grounding der B787 entstanden, erklärte Vorstandsvorsitzender Sebastian Mikosz gegenüber dem Warsaw Business Journal. «Wir verlangen eine ganz bestimmte Summe von Boeing, die wir auch berechnen konnten», so der Lot-Chef weiter. «Leider ist es uns unmöglich, den kompletten Schaden einzuschätzen, den das Grounding verursachte.»

Auf Dreamliner gesetzt

Denn Lot setzte bei ihrer Neuausrichtung ganz auf den neuen Jet. Man wollte sich mehr auf die profitablen Langstrecken konzentrieren, um Polens Nationalairline aus den roten Zahlen zu bringen. Dafür kaufte Lot die B787. Sie sollte nach Peking, New York, Chicago und Toronto fliegen. Doch statt Geld zu sparen, verlor Lot durch das Grounding 55’000 Dollar pro Tag. Mikosz erklärt, dass man bei vielen Kunden zusätzlich an Glaubwürdigkeit verloren habe.

Die Airline hofft weiter, das ganze bilateral zu lösen. Doch Mikosz schließt auch den Gang vor ein Gericht nicht aus. Grundsätzlich sei er aber für eine «nicht aggressive» Lösung, so der Airline-Chef. Wie viel an Kompensation Lot genau verlangt, ist offiziell nicht bekannt. Verschiedene polnische Medien schätzen aber den Betrag auf zwischen 20 und 30 Millionen Euro. Für Boeing, so ein Sprecher der Airline vor einigen Wochen, möge das kaum etwas sein. Doch Lot habe das Geld bitter nötig.

Zwei Finanzspritzen

Denn Polens Staatsairline kämpft mit massiven finanziellen Problemen. Im ersten Halbjahr 2012 verbuchte sie einen Verlust von rund 38 Millionen Euro. Erst im Juni beantragte die Fluggesellschaft Staatshilfe. Und wie der Radiosender Polskieradio berichtet, will Chef Mikosz bereits im September um die nächste Finanzspritze bitten. Wie hoch diese sein wird, ist noch nicht bekannt. Man wolle sie so gering wie möglich halten, heißt es.