Letzte Aktualisierung: um 18:29 Uhr

Stau in Heathrow kostet Milliarden

Das Nein zum Ausbau des Londoner Flughafens sei teuer, behauptet eine Studie: 120 Milliarden Euro bis 2028.

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In Großbritannien tobt ein Streit über die Zukunft der Luftfahrt. Im Fokus: der Londoner Flughafen Heathrow – mit jährlich 70 Millionen Passagieren der größte in Europa. Vertreter der Branche werfen der Regierung vor, im Blindflug in die Katastrophe zu steuern, da sie den Bau einer weiteren Piste ablehnt, obwohl Heathrow aus allen Nähten platzt. Mit dem negativen Entscheid zum Ausbau in Heathrow würde die Insel im globalen Wettbewerb massiv benachteiligt, heißt es aus der Branche. Eine neue Studie von Oxford Economics beziffert die wirtschaftliche Einbuße auf 10 Milliarden Euro pro Jahr. Weil Heathrow bereits jetzt seine Kapazität zu 99 Prozent erreichte, befürchten die Verfasser der Studie, dass Grossbritannien von Teilen der Welt ganz abgeschnitten werden könnte. Besonders schmerzlich sei, dass keine neuen Verbindungen in die aufstrebenden Märkte in China und Südamerika, insbesondere Brasilien, angeboten werden könnten. Airlines, welche neue Verbindungen aus diesen Regionen anbieten wollen, müssten aufgrund der Kapazitätsprobleme nach Paris, Madrid oder anderswo ausweichen.

Erste Firmen sollen bereits gehandelt haben. Wie die Tageszeitung London Evening Standard berichtet, siedelt der chinesische Flugzeugbauer Comac seine Europa-Zentrale nicht in London, sondern Paris an, weil das französische Drehkreuz Charles de Gaulle die besseren Verbindungen nach China anbietet. «Das ist eine schockierende Staatsangelegenheit. Und niemand kümmert sich ernsthaft darum», sagte Oliver Hogan vom Centre for Economics and Business Research der Zeitung und fügte an: «Das wird extrem teuer für Londons Wirtschaft, weil wir keine Anbindung an die aufstrebenden Märkte haben. Firmen werden sich woanders in Europa niederlassen.»

Bei Stillstand droht Milliarden-Verlust

Bis 2028 soll der Schaden für die Wirtschaft Großbritanniens ganze 120 Milliarden Euro betragen. Das wäre etwa das Doppelte dessen, was für einen neuen Airport an der Themsemündung investiert werden müsste und das zehnfache dessen, was ein Ausbau in Heathrow kosten würde. Andere Airports wie Luton oder Stansted im Norden der Themsemetropole hätten noch Kapazität, sind aber schlecht angebunden und bieten kaum Umsteigeverbindungen. Darum werden diese nicht als ernsthafte Alternative gesehen.

Ein bisschen Hoffnung, dass die Regierung vom strikten Nein zum Ausbau Heathrows abgekommen sein könnte, besteht aber offenbar. Ein Indiz dafür ist für viele eine kürzliche Äußerung des britischen Schatzkanzlers, der die Notwendigkeit einer Kapazitätserhöhung in der Region anerkannte. Ursprünglich wollte die Regierung ihre neue Aviatik-Strategie noch im Frühling vorstellen. Doch die offenen Fragen verzögern das und sorgen immer wieder für Streit in der Koalition. Nun heißt es, erst im Sommer könne man Ergebnisse präsentieren.