Letzte Aktualisierung: um 13:30 Uhr

Entspannt an Bord gehen

Flugangst macht das Reisen für viele zum Alptraum. Flugbegleiter und Vielflieger wissen, wie man das verhindert.

Die Passagiere sind angeschnallt, die Maschinen laufen, das Flugzeug rollt in Richtung Piste: Für mindestens jeden zehnten Reisenden beginnt jetzt der Horror. Schätzungen, wie viele Passagiere unter Flugangst leiden, reichen von 10 bis 25 Prozent aller Reisenden, je nach Definition und Stärke der Angst. Ist diese richtig ausgeprägt, spricht man von Avia- oder Aerophobie. Aber auch wenn nicht jeder gleich in helle Panik verfällt, für die meisten Passagiere ist Fliegen nicht die angenehmste Erfahrung – eingeschlossen in einer Röhre, die kilometerweit über dem sicheren Boden fliegt.

Da hilft es oft wenig, sich einzureden dass das Fliegen eine der sichersten Fortbewegungsmethoden ist. Trotzdem ein paar Beispiele: Erst kürzlich hat die WHO herausgefunden, dass es ausgerechnet im Krankenhaus weit gefährlicher ist als im Flugzeug: Eine Studie belegt laut der Nachrichtenagentur Reuters, dass die Chancen, dort aufgrund eines Behandlungsfehlers umzukommen, etwa 1 zu 300 stehen. Zum Vergleich: Die Wahrscheinlichkeit, beim einem Unfall mit dem Flugzeug umzukommen sind etwa eins zu einer Million. Da ist auch schon die Autofahrt zum Flughafen weit gefährlicher.

Rationale Erklärungen helfen selten

Trotzdem – solche rationalen Erklärungen helfen eben selten, wenn es in zehn Kilometern Höhe plötzlich anfängt zu wackeln. Das Ruckeln, die Turbulenzen also, sind nämlich die häufigste Ursache, warum Passagiere Angst vor dem Fliegen haben. «Um ehrlich zu sein, war das für mich eine Riesenüberraschung», schreibt der Flugbegleiter Kevin auf seiner Homepage, die er für Passagiere mir Flugangst eingerichtet hat. Turbulenzen seien für ihn höchstens manchmal «etwas nervig», weil sie ihn von einer seiner seltenen Kaffeepausen oder von zu erledigendem Papierkram abhalten.

«Dass etwas, was für mich so normal ist, für manche so schrecklich sein kann, war eine interessante Erkenntnis». Der Flugbegleiter widmet sich daher in einem ausführlichen Artikel dem Thema Turbulenzen und erklärt seinen Lesern ganz genau, warum das Geruckele eben keinen Anlass zur Sorge geben sollte. «Versprochen, Turbulenzen sind NICHT gefährlich», schreibt er. So wie er, haben auch andere ehemalige oder aktive Flugbegleiter, Piloten oder andere Menschen, die in der Luftfahrtbranche arbeiten, zur Aufgabe gemacht, den von der Flugangst Geplagten zu helfen. Das tun sie im Internet sogar grösstenteils gratis.

Die Angst nicht verstecken

Auch der Reisekolumnist James Wysong. Der ehemalige Flugbegleiter hat zehn Tipps zusammengestellt, wie man seine Angst in den Griff bekommt. «Versuchen Sie nicht, Ihre Angst zu verstecken.» Wenn man offen damit umgehe und dem Personal davon erzähle, könnte die Crew viel besser darauf eingehen und dabei helfen, die Angespanntheit zu reduzieren.

Im Fall von Turbulenzen soll es helfen, sich vorzustellen, es sei einfach eine ruckelige Auto- Bus- oder Schifffahrt. Anstatt sich anzuspannen, solle man locker bleiben und sich den Bewegungen des Flugzeugs anpassen. So werde die Erfahrung viel natürlicher. Ausserdem solle man versuchen, möglichst weit vorne im Flugzeug zu sitzen, da man hier das Wackeln weniger stark spüre.

Ablenken, durchatmen, unterhalten

Um sich generell zu beruhigen helfen, so Wysong und viele seiner Kollegen, ruhige Musik, tiefes Atmen und Ablenkung: «Schauen Sie einen Film, lösen Sie Kreuzworträtsel, unterhalten Sie sich mit den Passagieren neben sich» – so könne man die morbiden Gedanken vergessen. Und, ganz wichtig: Kaffee vermeiden, Koffein und andere aufputschende Mittel vershclimmern die Anspannung nur.

Ein Tipp, den auch viele Psychologen empfehlen: Die Gummibandtechnik. Ein Gumminband, das man um das Handgelenk trägt, soll man wenn die Panik aufkommt, gegen den Arm fletschen lassen. Das ist eine Art Realitätscheck und hilft, die Anspannung zu überwinden.

Von einem Ritual der Angstbekämpfung raten jedoch die meisten Experten ab: Beruhigungsmittel oder Alkohol – im schlimmsten Fall beides – zu sich zu nehmen. Das ist auch eines der Ergebnisse, die das Wall Street Journal in einer Grafik zum Thema erläutert.

Mit der Technik vertraut werden

Ist die Flugangst wirklich ernst, gibt es auch zahlreiche Therapieangebote, die dagegen helfen sollen. Viele Fluggesellschaften bieten spezielle Trainings, die oft mehrere Tage dauern und mit einem Flug beendet werden. Während der Seminare lernen die Teilnehmer alles kennen, was mit dem Fliegen zusammenhängt – Führungen durchs Cockpit, Ein Besuch im Tower, ausführliche Erklärungen zu Technik und Abläufen an Bord. Denn ein großer Teil der Angst beruht eben auch auf Unwissenheit. Wenn man versteht, woher die vielen unterschiedlichen Geräusche während des Fluges kommen, wieso Flügel nicht einfach abbrechen können, warum schlechtes Wetter eben kein Absturzgrund ist, kann man sich schon viel entspannter im Sitz zurücklehnen.

Haben Sie auch Flugangst? Oder haben Sie Rituale und Tipps, wie man diese in den Griff bekommt? Berichten Sie uns in den Kommentaren unten davon.