Letzte Aktualisierung: um 20:58 Uhr

«Nicht für alle Langstrecken»

Luftfahrtexperte Cord Schellenberg erklärt, warum die Swiss die B777 wählen musste und welche Flieger sie und ihre Mutter Lufthansa noch kaufen könnten.

strong>Die Swiss kauft sechs Boeing B777-300ER. Überrascht Sie dieser Entscheid?
Cord Schellenberg: Nein. Die Swiss will wachsen. Und dafür braucht sie größere Flugzeuge. Und Airbus hat solche derzeit einfach noch nicht im Angebot.

Die B777 bietet aber gleich rund 50 Prozent mehr Kapazität. Ist sie nicht etwas zu groß?
Schellenberg: Die Swiss will ja aber ihre stärksten Märkte noch besser bedienen. Dazu braucht sie einfach deutlich größere Flugzeuge. Zudem hat die Lufthansa genug Erfahrung, um zusätzliche Passagiere über Zürich zu lenken, wenn die Flieger nicht voll ausgelastet sein sollten. Die B777 ist aber sicherlich nicht für alle Langstrecken geeignet. Deshalb bestellte die Swiss auch nur sechs Stück. Weniger würde keinen Sinn machen. Mehr aber wohl auch nicht. Die Fluggesellschaft könnte für den Ersatz der restlichen A340-300 auch weitere A330 kaufen. Die hat sie ja bereits jetzt in der Flotte.

Kann die Swiss dieses Wachstum verwirklichen?
Schellenberg: Die Swiss zeigte in den letzten Jahren, dass sie stetig aber bedächtig wachsen kann. Sie hat eine starke Marke. Und sie hat diverse Märkte, in denen sie sehr gut aufgestellt sind. Wenn sie da immer wieder Passagiere abweisen muss, weil die Flieger voll sind, ist das gefährlich. Diese Reisenden riskiert man für immer zu verlieren. Die wechseln dann zur Konkurrenz und sehen, dass deren Angebot auch okay ist.

Ist das auch ein Abwehrschritt gegen die Golfairlines?
Schellenberg: Ja. Die Swiss muss Emirates und Qatar etwas entgegenstellen. Die bedienen ja Zürich immer stärker und mit großen Flugzeugen. Mit altem Fluggerät würde es zunehmend schwierig, da zu bestehen.

Bislang setzt Swiss nur auf Airbus. Bringt der Verlust der Einheitsflotte nicht einen Nachteil?
Schellenberg: Die Lufthansa hat die B777 ja schon im Konzern, als Frachter und auch bei Austrian Airlines. Daher kann man nicht sagen, das sei die Abkehr von der Einheitsflotte. Zudem muss man einfach sehen: Airbus hat derzeit nichts anzubieten.

Fiel der Entscheid in Zürich oder in Frankfurt?
Schellenberg: Harry Hohmeister ist als Swiss-Chef clever und hat innerhalb des Lufthansa-Verbundes sicher eine starke Stimme. Aber am Ende fällt die Zentrale Entscheide von solcher Tragweite. Es war auch das Lufthansa-Flottenmanagement, das federführend mit Boeing verhandelte. Aber das ist in einem Konzern auch ganz normal.

Auch die Lufthansa selbst kauft ja bald neue Langstreckenflugzeuge. Was schafft sich die Mutter für Flieger an?
Schellenberg: Für mich wird die Wahl zwischen A350 von Airbus und B787 oder B777 fallen. Entscheidend wird nun sein, wie Boeing die Probleme mit dem Dreamliner löst. Wenn sich das noch hinzieht, hat Airbus die besseren Karten.